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Bewohnerparkgebühren: Auch deutliche Erhöhung nicht zu beanstanden

29.06.2022

Ein Freiburger Bürger ist mit seinem Eilantrag gegen die Satzung der Stadt über die Erhebung von Bewohnerparkgebühren vom 14.12.2021 gescheitert. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hält die deutliche Anhebung der Gebühren für rechtens.

Die Stadt hat mit der Satzung die Gebühr für die Ausstellung von Bewohnerparkausweisen von vormals 30 Euro jährlich auf in der Regel 360 Euro im Jahr angehoben, wobei die Gebühr nach der Länge der Fahrzeuge gestaffelt ist. Die Satzung sieht darüber hinaus Gebührenermäßigungen und -befreiungen für Schwerbehinderte sowie für Personen vor, die Sozialleistungen beziehen.

Gegen diese Neuregelungen wandte sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag. Er ist Bewohner eines städtischen Viertels, das als Bewohnerparkgebiet ausgewiesen ist, und Halter eines Kraftfahrzeugs, das er in Ermangelung eines privaten Stellplatzes regelmäßig auf parkraumbewirtschafteten öffentlichen Verkehrsflächen im Quartier parkt.

Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin verfolge mit der Gebührenbemessung in rechtswidriger Weise umwelt- und sozialpolitische Ziele. Die Erhöhung der Gebühr um das Acht- bis Sechzehnfache sei geeignet, die Benutzung eines Kraftfahrzeugs kostspieliger und damit gegenüber der Nutzung des ÖPNV unattraktiv zu machen. Die Gebührenerhöhung verstoße gegen das gebührenrechtliche Übermaßverbot (Äquivalenzprinzip). Eine Begründung für die konkrete Festlegung der Fahrzeuglängen und der jeweiligen Gebührenhöhe sei nicht erkennbar. Die Gebührenermäßigung und -befreiung aus sozialen Gründen verstoße gegen den Grundsatz der Privilegienfeindlichkeit des Straßenverkehrsrechts. Dieser verbiete eine über die Regelungen der Straßenverkehrsordnung hinausgehende Bevorzugung bestimmter Personengruppen.

Der VGH hat den Eilantrag abgelehnt. Mit der Bewohnerparkgebühr werde neben der (teilweisen) Kostendeckung erkennbar der legitime Zweck verfolgt, den besonderen Vorteil auszugleichen, der den Bewohnern hierdurch geboten werde, nämlich den öffentlichen Parkraum unter Befreiung von der Pflicht zur Zahlung allgemeiner Parkgebühren und der Einhaltung von Parkzeitbegrenzungen zu nutzen. Daneben verfolge die Gebührenregelung mit Blick auf das staatliche Klimaschutzziel des Artikels 20a Grundgesetz (GG) und zum Schutz von Grundrechten vor den Gefahren des Klimawandels in zulässiger Weise und für den Gebührenschuldner ersichtlich den Lenkungszweck, den Kfz-Verkehr im innerstädtischen Bereich zu reduzieren und dadurch eine Reduktion von Treibhausgasen zu bewirken.

Die Gebührenbemessung gemäß § 4 Absätze 1 bis 3 der Bewohnerparkgebührensatzung verstoße aller Voraussicht nach nicht gegen das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, so der VGH weiter. Insoweit komme es nicht darauf an, ob und mit welcher Steigerungsrate eine Gebühr im Vergleich zur Vorgängerregelung erhöht worden sei. Unerheblich sei deshalb, dass die Bewohnerparkgebühren mit der streitgegenständlichen Satzung im Vergleich zu der vorher erhobenen Gebühr von 30 Euro im Jahr um das Acht- bis 16-fache erhöht worden seien. Maßgeblich sei vielmehr allein, dass die nach dem geltenden Recht festgesetzte Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu dem mit ihr abgegoltenen Vorteil stehe.

Dabei dürfte es hier am ehesten naheliegen, so der VGH, einen Vergleich der Bewohnerparkgebühren mit den monatlichen Mietkosten für private Dauerstellplätze – etwa in Parkhäusern – anzustellen. Zwar sei zu berücksichtigen, dass dem Kunden in Parkhäusern ein bestimmter, gegebenenfalls auch überdachter und überwachter Stellplatz zugewiesen sei, den ein Bewohnerparkausweis nicht vermittele. Auch befreie die Bewohnerparkgebühr lediglich von der Pflicht zur Entrichtung von Parkgebühren; sie schütze den Inhaber jedoch nicht vor notwendigen Abschleppmaßnahmen. Für die Beurteilung, ob ein Missverhältnis zwischen Gebühr und Leistung gegeben sei, böten die Mietkosten für einen Stellplatz im Parkhaus dennoch greifbare Anhaltspunkte. Diese Mietkosten beliefen sich in Freiburg – je nach Lage – auf bis zu 2.280 Euro im Jahr. Angesichts der Höhe dieser Kosten spreche jedenfalls viel dafür, dass ein Missverhältnis zwischen Gebühr und öffentlicher Leistung auch unter Berücksichtigung der besonderen Vorzüge eines Parkplatzes im Parkhaus ausgeschlossen werden könne.

Die Festlegung der Fahrzeuglängen zur Staffelung der Gebühren sei nicht willkürlich, sondern in methodisch-systematischer Weise auf der Grundlage von statistischen Daten über die Länge privater Kraftfahrzeuge in Freiburg erfolgt. Die Gebührenhöhe sei auf der Grundlage eines Modells festgelegt worden, das nach grober Ermittlung der monatlichen Bewirtschaftungs- und Personalkosten einen für alle Gruppen geltenden festen Sockelbetrag und darüber hinaus ausgehend von einem monatlichen Betrag von vier Euro eine Erhöhung der Gebühr auf jeder Stufe um je zehn Euro vorsah.

Die Regelung zu Ermäßigungen und Befreiungen für bestimmte Personenkreise aus sozialen Gründen sei – auch mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 1 GG) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Artikel 20 Absatz 3 GG) – vom Gestaltungsspielraum des Gebührengesetzgebers umfasst. Sie diene der Abmilderung der wirtschaftlichen Belastung finanziell weniger leistungsfähiger Personen und beruhe auf dem Gedanken, Schwerbehinderten, die bei typisierender Betrachtung auf ein Fahrzeug und eine Parkmöglichkeit in der Nähe ihrer Wohnung besonders angewiesen seien, einen Nachteilsausgleich zu gewähren. Die Regelung von Ermäßigungen und Befreiungen für bestimmte Personengruppen berühre nicht den Grundsatz der Privilegienfeindlichkeit, da hiermit nicht der Umfang der Berechtigung zur Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums, sondern – bei gleicher Nutzungsberechtigung – allein die Gebührenpflicht geregelt werde.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2022, 2 S 809/22, unanfechtbar

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