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Bewerbung über Chat-Funktion eines Internetportals: Begründet Status als Bewerber

21.07.2022

Wer sich auf eine Stellenanzeige im Internetportal "Ebay-Kleinanzeigen" über die dortige Chat-Funktion bewirbt, genießt den Status eines Bewerbers. Das Einreichen weiterer Unterlagen ist nicht erforderlich. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden und einem solchen Bewerber eine Entschädigung wegen Diskriminierung nach § 15 Absatz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zugesprochen. Aus dem Anzeigentext und der Antwort der Arbeitgeberin im Chat habe sich ergeben, dass der Kläger aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden war.

Der Kläger hatte sich auf die in Ebay-Kleinanzeigen veröffentliche Stellenanzeige eines Unternehmens beworben. In der Anzeige heißt es wörtlich:

"Sekretärin gesucht!

Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort.

Vollzeit/Teilzeit

Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen."

Der Kläger antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion unter anderem mit folgenden Worten: "Hallo, ich habe gerade auf Ebay-Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern. Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle."

Das Unternehmen antwortete mit folgenden Worten: "…vielen Dank für Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute. Vielen Dank."

Der Kläger machte gegenüber dem Unternehmen eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern geltend. Das Arbeitsgericht Elmshorn lehnte dies mit Urteil vom 16.12.2021 ab, weil der Kläger keinen Bewerberstatus habe (4 Ca 592 a/21).

Dagegen hält das LAG den für die Geltendmachung von Entschädigung nach § 15 Absatz 2 AGG erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentlicht, müsse damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers müsse identifizierbar sein.

Die Bewerbung des Klägers sei nicht rechtsmissbräuchlich, so das LAG weiter. An eine solche Annahme würden hohe Anforderungen gestellt: Es müssten im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Das von der Beklagten Vorgetragene habe dafür nicht ausgereicht.

Im Hamburger Umland ist unter Beachtung der laufenden Stellenangebote für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 Euro zu zahlen, sodass die Klage in Höhe von 7.800 Euro (drei Gehälter à 2.600 Euro nicht überzogen gewesen sei.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2022, 2 Sa 21/22, nicht rechtskräftig

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