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Außerhalb der EU erwirktes Klageverbot: Eilantrag erfolgreich
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren das Verbot ausgesprochen, ein in Deutschland betriebenes Klageverfahren durch ein im Ausland außerhalb der EU erwirktes Klageverbot zu stoppen. Es verweist auf den Justizgewährungsanspruch und die Justizhoheit Deutschlands, die ansonsten verletzt würden.
Ein Schiedsgericht in den USA verurteilte das Königreich Spanien in einem Investitionsschutz-Streit auf Betreiben zweier Tochterunternehmen eines Essener Energieunternehmens auf Zahlung von Schadenersatz und Rechtsverfolgungskosten in Höhe von etwa 30 Millionen Euro. Eine Vollstreckung des Schiedsspruchs in Europa ist aufgrund EU-Rechts zu staatlichen Beihilfen derzeit nicht beabsichtigt. Die Parteien streiten jedoch über die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches in den USA. Vor diesem Hintergrund nimmt Spanien die Unternehmen vor dem Landgericht (LG) Essen auf Unterlassung der Vollstreckung außerhalb Europas in Anspruch (2 O 447/22). Dieses Verfahren haben die Unternehmen ihrerseits zum Anlass genommen, vor einem US-Gericht zu beantragen, dass das Essener Verfahren nicht weitergeführt werden darf.
Hiergegen hat das Königreich Spanien den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Den Unternehmen sei zu untersagen, im Ausland außerhalb der EU gerichtliche Maßnahmen gegen das Essener Verfahren zu erwirken. Nachdem das hierzu angerufene LG Essen den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung abgelehnt hatte, hat Spanien sein Ziel mit der sofortigen Beschwerde vor dem OLG mit Erfolg weiterverfolgt.
Dieses bejahte zunächst die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Der Verfügungsantrag sei auch statthaft. Der Umstand, dass vor dem LG Essen über die Unterlassung der Vollstreckung eines Schiedsspruches gestritten werde, stehe dem nicht entgegen. Denn der Schiedsspruch sei gerade nicht unmittelbarer Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Hier gehe es allein um die Frage, ob das LG Essen insoweit eine auf den Schiedsspruch bezogene Entscheidung treffen dürfe. Ob die Unterlassungsklage vor dem LG zulässig und begründet sei, sei allein in dem dortigen Verfahren zu klären.
Der die einstweilige Verfügung tragende Anspruch folge aus dem Justizgewährungsanspruch. Dieser könne möglicherweise als absolutes Recht im Sinne des § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angesehen werden. Jedenfalls aber habe er Schutzgesetzcharakter nach § 823 Absatz 2 BGB. Der zunächst unternommene Versuch, die Fortführung des Essener Verfahrens in den USA zu unterbinden, stelle einen Eingriff in diesen Justizgewährungsanspruch und darüber hinaus auch in die Justizhoheit Deutschlands dar. Es gehe nicht an, zu verhindern, dass ein angerufenes deutsches Gericht über die ihm vorgelegten Begehren entscheiden könne. Dieses allein müsse über die Zulässigkeit und Begründetheit und alle in diesem Zusammenhang zu erörternden inhaltlichen Fragen ungehindert entscheiden können.
Der Verfügungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit folge aus dem in den USA unternommenen Versuch, dem Königreich Spanien das Essener Verfahren zu verbieten. Auch wenn dieses Verfahren nicht mehr anhängig sein sollte, bestehe jedenfalls eine Wiederholungsgefahr.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 02.05.2023, 9 W 15/23