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Ausländische Betriebsstätten einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft: Keine Arbeitgeber im Sinne des OECD-Musterabkommens

20.01.2022

Ausländische Betriebsstätten einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft sind nicht als Arbeitgeber im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchst. b) OECD-Musterabkommens (OECD-MA) anzusehen. Dies hat das Finanzgericht (FG) Niedersachsen entschieden.

Die in Deutschland ansässige Klägerin wird in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betrieben und ist über Zweigniederlassungen weltweit tätig. Die in den Auslandsniederlassungen tätigen Arbeitnehmer hatten ihren Wohnsitz jeweils im Beschäftigungsstaat. In unregelmäßigen zeitlichen Abständen kamen sie für kurzfristige Dienstreisen zum Beispiel zu Schulungen oder Projektarbeiten zum Stammhaus nach Deutschland. Diese Inlandsdienstreisen nahmen sie im Interesse der jeweiligen Auslandszweigniederlassung vor, die neben der kompletten Tätigkeitsvergütung auch die anfallenden Reisekosten trug. Die gesamten mit der Tätigkeit dieser Mitarbeiter verbundenen Kosten erfasste die jeweilige Auslandsniederlassung in ihrer Buchführung. Das deutsche Stammhaus erstattete diese Kosten weder ganz noch teilweise.

Das beklagte Finanzamt nahm bei der Klägerin als inländischer Arbeitgeberin gemäß § 38 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz einen Lohnsteuerabzug von dem auf die Inlandsdienstreisen entfallenden Arbeitslohn der Arbeitnehmer ihrer ausländischen Betriebsstätten vor.

Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Laut FG steht das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn, der auf die Inlandstage der ausländischen Arbeitnehmer entfällt, dem Tätigkeitsstaat Deutschland zu. Zur Überzeugung des FG ist die Klägerin – und nicht die jeweilige Zweigniederlassung (Betriebsstätte) – als Arbeitgeberin im Sinne des Artikels 15 Absatz 2 Buchst. b) OECD-MA anzusehen. Der Wortlaut des Artikels 15 Absatz 2 Buchst. c) OECD-MA unterscheide ausdrücklich zwischen den Begriffen Betriebsstätte und Arbeitgeber. Der Regelungsbereich des Buchst. c) wäre ausgehöhlt, wenn die Betriebsstätte unter den Arbeitgeber-Begriff des Buchst. b) zu fassen wäre. Überdies verknüpfe der Wortlaut des Buchst. b) den Arbeitgeberbegriff und die Ansässigkeit miteinander. Daraus folge, dass ein Arbeitgeber ansässig sein könne. Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 29.01.1986 (I R 109/85) bereits zutreffend ausgeführt habe, könne eine Betriebsstätte nicht in einem Vertragsstaat ansässig sein.

Zudem handele es sich im Streitfall um unselbstständige Zweigniederlassungen, die zivilrechtlich nicht rechtsfähig seien. Auch vor diesem Hintergrund könnten sie zivilrechtlich nicht Vertragspartner und damit Arbeitgeber sein. Der von der Rechtsprechung entwickelte wirtschaftliche Arbeitgeber-Begriff stelle auf eine "rechtlich selbstständige Person" ab. Nach Artikel 5 OECD-MA bleibe die Betriebsstätte als solche aber unselbstständig und werde allein zum Zwecke der Gewinnzuordnung nach Artikel 7 OECD-MA fiktiv verselbstständigt.

Darüber hinaus konnte der erkennende FG im Streitfall keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, die Niederlassungsfreiheit oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit feststellen. Es hat die Revision zugelassen.

Finanzgericht Niedersachsen, Urteile vom 16.12.2021, 11 K 14196/20, 11 K 14197/20 und 11 K 14198/20, nicht rechtskräftig

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