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Aus Bode-Museum entwendete Goldmünze: Versicherung muss mehr zahlen

28.05.2021

Der Eigentümer der im März 2017 aus dem Berliner Bode-Museum gestohlenen Goldmünze "Big Maple Leaf" hat in zweiter Instanz erreicht, dass die Versicherung ihm 1,26 Millionen Euro zahlen muss. Nach dem Diebstahl hatte diese ihm bereits 20 Prozent der Versicherungssumme ausgezahlt. Die erste Instanz hatte weitergehende Ansprüche des Münz-Eigentümers noch abgelehnt.

Dieser hatte in der Berufungsinstanz, unterstützt durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin des Bode-Museums und Streithelferin, auf Zahlung weiterer 3,36 Millionen Euro bestanden. Die Berufung hatte in Höhe von 1,26 Millionen Euro Erfolg, der darüber hinaus geforderte Betrag stehe dem Kläger hingegen nicht zu, so das Kammergericht (KG).

Das Bestehen eines Versicherungsvertrages zwischen dem Kläger und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie der Eintritt des Versicherungsfalls durch die Entwendung der versicherten Goldmünze im Jahr 2017 seien jeweils unstreitig, so das KG. Auch seien die Ermittlungen zum Sachverhalt abgeschlossen, sodass der Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung auch fällig sei.

Allerdings sei die beklagte Versicherungsgesellschaft gemäß § 26 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in Verbindung mit § 26 Absatz 1 Satz 2 VVG berechtigt, ihre Leistung um 50 Prozent zu kürzen. Der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Versicherungsnehmerin habe nämlich grob fahrlässig die Anzeige einer eingetretenen Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Absatz 3 VVG unterlassen.

So seien die Fensterflügel im Herrenumkleideraum im Museum defekt gewesen. Dies habe dazu geführt, dass die Öffnungssicherung der elektronischen Sicherungsüberwachung nicht mehr funktioniert, sondern stets einen Alarm wegen einer Öffnung des Fensters in diesem Raum angezeigt habe. Um die Alarmanlage mit der Öffnungssicherung wenigstens in den übrigen aufgeschalteten Räumen wieder in Betrieb nehmen zu können, sei das Fenster im Herrenumkleideraum aus der Öffnungssicherung herausgenommen worden. Dieser Umstand habe zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Einbruchs in das Museum mit dem Ziel eines Diebstahls der Münze geführt und sei auch nicht durch andere Umstände kompensiert worden. Das Fenster des Herrenumkleideraumes sei zudem prädestiniert gewesen für ein Eindringen von Tätern in das Gebäude, weil sich unter diesem Fenster ein Vorbau befinde, der über eine aufgestellte Leiter von der Bahntrasse aus für Täter zu erreichen gewesen sei.

Das KG ist daher davon überzeugt, dass die Beklagte die Einzelpolice nicht mit dem konkreten Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie von einer dauerhaften Deaktivierung der Öffnungssicherung am Fenster im Umkleideraum gewusst hätte. Im Ergebnis sei der Versicherungsvertag daher so auszulegen, dass zumindest alle bei Vertragsschluss vorhandenen Sicherungen voll gebrauchsfähig zu erhalten und zu betätigen seien.

Die besonders grobe Verletzung der Anzeigepflicht liege darin begründet, dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Eintritt der Gefahrerhöhung im Laufe des Jahres 2014 es dennoch über Jahre hinweg unterlassen habe, diese Anzeige zu erstatten. Die Frist zur Anzeige der Gefahrerhöhung sei damit bei Eintritt des Versicherungsfalls im März 2017 bereits lange abgelaufen gewesen. Der Beklagten sei dagegen diese Gefahrerhöhung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht bekannt gewesen, sondern erst bei der Bearbeitung des Versicherungsfalls nach dem März 2017 bekannt geworden. Bei der Berücksichtigung und Abwägung aller vorgetragenen Umstände hielt das KG eine Leistungskürzung durch die Beklagte um 50 Prozent für angemessen, aber auch ausreichend.

Bei einem Versicherungswert der entwendeten Goldmünze in Höhe von 4,2 Millionen Euro entspreche die Leistungskürzung um 50 Prozent einem Betrag von 2,1 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorprozessual bereits gezahlten 840.000 Euro verbleibe eine offene Forderung in Höhe von 1,26 Millionen Euro, die die Versicherung noch zahlen müsse.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zwar nicht zugelassen. Hiergegen kann aber Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Kammergericht, Urteil vom 30.04.2021, 6 U 1015/20, nicht rechtskräftig

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