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Architekt: Haftet nicht für entgangene steuerliche Vergünstigungen

30.06.2022

Ein mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt hat seinen Auftraggeber über ein denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufzuklären. Zweck dieser Verpflichtung ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungschancen des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört es dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden Genehmigungserfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen, wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden hat.

Die Bauherren beabsichtigten die Sanierung einer Dachgeschosswohnung und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht (LG) ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung (§ 7h Einkommensteuergesetz) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der unrichtigen Ausklärung ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden.

Das LG hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen abgewiesen. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, so das OLG. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für die Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liege hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens. Insbesondere solle sie den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, die Vermögensinteressen des Bauherrn in jeder Hinsicht wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. Sie ziele – jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände – nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen, betont das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein "Reflex der Genehmigung".

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.04.2022, 29 U 185/20, unanfechtbar

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