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Inländische Apotheken dürfen ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel keine Vorteile in Form von Sachleistungen versprechen und gewähren. Dies hebt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hervor.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke im Bezirk der beklagten Apothekerkammer. Sie gab Werbeflyer mit Gutscheinen heraus, die bei Abgabe eines Rezeptes gegen eine Rolle Geschenkpapier beziehungsweise ein Paar Kuschelsocken eingelöst werden konnten. Die Beklagte untersagte ihr daraufhin durch Ordnungsverfügung, "gekoppelt mit dem Erwerb von verschreibungspflichtigen und/oder sonstigen preisgebundenen Arzneimitteln Vorteile wie zum Beispiel eine Rolle Geschenkpapier, ein Paar Kuschelsocken oder Gutscheine hierfür zu gewähren oder gewähren zu lassen sowie dafür zu werben oder werben zu lassen". Zur Begründung verwies sie auf ihre Berufsordnung, die es Apothekern verbiete, preisgebundene Arzneimittel unter Gewährung von Rabatten oder sonstigen geldwerten Vorteilen an ihre Kunden abzugeben. Die dagegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen habe im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass die Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist, so das BVerwG. Die Klägerin verstoße, indem sie ihren Kunden für den Erwerb eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine Sachzuwendung verspricht und gewährt, gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Gemäß § 78 des Arzneimittelgesetzes sei insbesondere für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten; die Einzelheiten der Preisberechnung seien in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften bestünden auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.10.2016 (C-148/15, Deutsche Parkinson Vereinigung gegen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs) keine durchgreifenden Bedenken. Der EuGH habe entschieden, dass die Festlegung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellt. Seit dieser Entscheidung sei aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht auf Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland anwendbar. Diese könnten daher im Fall des Versands an Kunden in Deutschland Rabatte und Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren.
Hierdurch würden die inländischen Apotheken, für die die Arzneimittelpreisbindungsvorschriften weiterhin gelten, nicht in ihrer durch Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz geschützten Berufsausübungsfreiheit verletzt. Die gesetzlichen Regelungen über die Preisbindung dienten vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Sie seien geeignet, einen Preiswettbewerb zwischen den inländischen Apotheken zu verhindern und so das Ziel des Gesetzgebers zu fördern, eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen.
Die Preisbindung erweise sich auch nicht wegen ihrer Nichtgeltung für ausländische EU-Versandapotheken als unverhältnismäßig, so das BVerwG weiter. Angesichts des bislang geringen Marktanteils der ausländischen Arzneimittelversender an der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland sei die Preisbindung für die inländischen Apotheken weiterhin zumutbar.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 09.07.2020, BVerwG 3 C 20.18 und 3 C 21.18