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Angestellter im Polizeidienst: Durfte wegen Identifikation mit Reichsbürger-Ideologie gekündigt werden

26.04.2022

Identifiziert sich ein Angestellter im Polizeidienst mit der Reichsbürger-Ideologie, so darf ihm gekündigt werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg entschieden. Nicht entscheidend sei, in welchem Bereich er eingesetzt ist. Denn eine Tätigkeit im Polizeidienst erfordere ein Mindestmaß an Verfassungstreue, so das Gericht.

Der Kläger war seit Juli 2019 bei der Freien und Hansestadt beschäftigt und als Angestellter im Polizeidienst unter anderem im Objektschutz tätig und mit der Bewachung von Generalkonsulaten und jüdischen Einrichtungen betraut. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Auf seinem – inzwischen gelöschten – Linked-In-Profil gab der Kläger "Polizeidienst bei der Polizei Hamburg" an.

In einem auf seiner Homepage verlinkten Video fragte der Kläger: "#3 Talk About… Ist Deutschland besetzt oder frei? Einfach mal frei nach Schnauze!". In diesem Video führte der Kläger unter anderem aus, dass er das Grundgesetz als "Scheißdreck von Verfassung" verstehe und von der Logik her das Grundgesetz "von unseren Besatzern" und eine "nette Art Betriebsordnung" sei. Ferner führte der Kläger in dem Video aus, dass er mittlerweile immer mehr davon überzeugt sei, "dass wir ein besetztes Gebiet sind". Das Landesamt für Verfassungsschutz rechnet den Kläger dem Beobachtungsobjekt "Reichsbürger und Selbstverwalter" zu. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.11.2020 ordentlich zum 31.12.2020.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg gab der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage statt und führte aus, dem Kläger fehle zwar die persönliche Eignung für die Tätigkeit als Angestellter im Polizeidienst. Es lägen Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit und Verfassungstreue des Klägers vor, weil er sich jedenfalls entscheidende Fragestellungen der so genannten Reichsbürger-Ideologie zu eigen gemacht habe. Die Kündigung sei aber nicht sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, weil es der Beklagten zumutbar gewesen wäre, den Kläger auf einem weniger sicherheitsempfindlichen Arbeitsplatz zu beschäftigen.

Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das LAG das Urteil des ArbG abgeändert und die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Es bestünden begründete Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers. Damit fehle es diesem an der Eignung für die vertraglich geschuldete Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 TV-L seien die Beschäftigten der beklagten Stadt verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen. Das Maß der einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuverlangenden Loyalität gegenüber der Verfassung bestimme sich nach der Stellung und dem Aufgabenkreis. Er müsse aber ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als er nicht davon ausgehen dürfe, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen.

Die vom Kläger im Internet dargestellten Äußerungen und seine Nähe zur so genannten Reichbürger-Ideologie zeigten, dass der Kläger – zumal als Angestellter im Polizeidient – nicht das erforderliche Maß an Verfassungstreue aufweise. Der öffentliche Arbeitgeber müsse keine Arbeitnehmer beschäftigen, die das ihnen abzuverlangende Maß an Verfassungstreue nicht jederzeit aufbringen. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, den Kläger auf einem anderen – weniger sicherheitsempfindlichen – Arbeitsplatz einzusetzen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 22.04.2022, 7 Sa 49/21

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