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Abgasskandal: Bundesrepublik haftet Käufern nicht
Käufer von Kfz, die vom so genannten VW-Diesel-Abgasskandal betroffen sind, haben in diesem Zusammenhang keine Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen behaupteter Amtspflichtverletzung. Das Landgericht (LG) Stuttgart hat drei Schadenersatzklagen von Käufern abgewiesen. Diese seien sowohl unzulässig als auch unbegründet. Insgesamt sind bei dem Gericht über 20 gleich gelagerte Schadenersatzklagen gegen die Bundesrepublik anhängig.
Die Kläger sind beziehungsweise waren jeweils Inhaber eines mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs des VW-Konzerns. Sie begehren jeweils die Feststellung, dass ihnen die Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem VW-Diesel-Abgasskandal zu Schadenersatz verpflichtet ist. Das LG hat die Feststellungsklagen jeweils abgewiesen.
Die Klagen seien bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Den Klägern fehle es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Der von ihnen jeweils geltend gemachte europarechtliche Staatshaftungsanspruch sei nicht gegeben. So fehle es bereits an einer europarechtlichen Norm, die dem Schutz individueller Vermögensinteressen der Fahrzeugkäufer diene und bezwecke, diesen insoweit Rechte zu verleihen. Das Ziel der von den Klägern bemühten Richtlinie 2007/46/EG sei in erster Linie die Vollendung des europäischen Binnenmarktes. Darüber hinaus solle sie die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisieren und spezifizieren, wobei diese Rechtsakte vor allem auf hohe Verkehrssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Nutzung abzielten. Individualinteressen, vor allem das Vermögensinteresse von Kraftfahrzeugerwerbern, fänden keine Erwähnung.
Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik Artikel 46 der Richtlinie 2007/46/EG unzureichend in nationales Recht umgesetzt habe. Nach dieser Vorschrift hätten die Mitgliedstaaten bei Verstößen gegen die Richtlinie, insbesondere beim Anbieten, Verkaufen und Inbetriebnehmen von nicht genehmigten Teilen und Ausrüstungen nach Artikel 31 der Richtlinie, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festzulegen.
Auch einen die Haftung begründenden erforderlichen hinreichend qualifizierten Verstoß des Kraftfahrtbundesamts bei der Erteilung der Typengenehmigung für die streitgegenständlichen Fahrzeuge – in Gestalt der von den Klägern behaupteten fehlerhaften Überwachung der Automobilindustrie – konnte das LG Stuttgart nicht feststellen.
Etwaigen Ansprüchen der Kläger nach der deutschen Amtshaftungsnorm § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz stünde entgegen, dass nach dem vorgetragenen Sachverhalt eine Haftung der Herstellerin VW AG gemäß § 826 BGB in Betracht komme und ein etwaiger Amtshaftungsanspruch daher kraft Gesetzes zurücktrete.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig, nachdem die Berufung zum OLG möglich ist.
Landgericht Stuttgart, Urteile vom 27.08.2020, 7 O 425/19, 7 O 66/20, 7 O 67/20