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Verwaistes beA Postfach: Rechtsanwalt bekommt Reisekosten nach verpasster Terminabladung nicht erstattet

23.11.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/21147

Ein Rechtsanwalt, der umsonst zu einem Gerichtstermin angereist ist, weil er von dessen Aufhebung nichts erfahren hat, bekommt die Reisekosten nicht erstattet, wenn er es unterlassen hat, die Nachrichten in seinem beA auch während der Anreise abzurufen. Dies hat das Landgericht (LG) München I in einem Fall entschieden, in dem das Gericht den Anwalt nur über das beA über die Terminsaufhebung informiert hatte.

Der Kläger hatte den Lübecker Rechtsanwalt für einen Gütetermin vor dem Arbeitsgericht München beauftragt. Der Termin war für den 12.01.2022 um 15.15 Uhr bestimmt worden. Er wurde am 11.01.2022 aufgehoben, weil die Klage nicht wirksam zugestellt war. Die Terminaufhebung wurde dem Rechtsanwalt des Klägers am 11.01.2022 um 10.39 Uhr in sein elektronisches Postfach (beA) zugestellt. Telefonisch informiert wurde der Rechtsanwalt über die Absetzung des Termins nicht.

Der Rechtsanwalt hatte behauptet, bereits am 11.01.2022 um 9.00 Uhr mit seinem Pkw von Lübeck aus losgefahren zu sein. Eine Kontrolle des elektronischen Postfachs sei während der Fahrt nicht möglich gewesen, da sich niemand in seiner Kanzlei befunden und nur er Zugriff auf das elektronische Postfach gehabt habe. Eine Anreise am Verhandlungstag sei ihm wegen der Entfernung nicht zumutbar gewesen.

Das LG München I verneinte eine Amtspflichtverletzung seitens der Mitarbeiter des Arbeitsgerichts München sowie einen kausalen Schaden des Klägers. Das beA sei auch mobil abrufbar. Die Beschäftigten des Arbeitsgerichts hätten den Rechtsanwalt deshalb nicht anrufen müssen. Sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass ihn die Abladung noch rechtzeitig erreicht, so das Gericht.

Auch wenn die Distanz Lübeck – München nahezu durch die gesamte Republik führt, liege es bereits fern, dass der Klägervertreter für einen Termin um 15.15 Uhr bereits am Vortag um 9.00 Uhr abreist, führt das LG München I aus. Naheliegend wäre gewesen, dass er eine Flugverbindung vom nahegelegenen Hamburg nach München am Termintag wählt. Alternativ wäre zu erwarten gewesen, dass er eine Zugverbindung von Lübeck nach München wählt, die für ihn eine Abfahrt gegen 7.00 Uhr am Termintag bedeutet hätte (hierauf hatte das Gericht hingewiesen). Selbst im Fall der Nutzung des eigenen Pkws wäre nicht zu erwarten gewesen, dass der Klägervertreter am Morgen des Vortages aufbricht. Ebenso wenig sei für die Geschäftsstelle absehbar gewesen, dass die Kanzlei des Klägervertreters in dieser Zeit gänzlich verwaist war und weder eine Kanzleikraft noch der Rechtsanwalt selbst (über einen mobilen Zugang) von eingehenden beA-Nachrichten Kenntnis erhält.

Daraus zieht das LG den Schluss, dass "der Klägervertreter in diesem Fall schon wegen seiner außergewöhnlich frühen Abreise, mit der niemand rechnen musste, durchaus gehalten [war], entweder seine Kanzlei so zu organisieren, dass dort eingehende Nachrichten alsbald zur Kenntnis genommen werden, oder er hätte technisch dafür sorgen müssen, dass er selbst von Eingängen per beA zeitnah Kenntnis erhält."

Grundsätzlich sei der Anwalt zwar nicht dazu verpflichtet, vor Anreise nachzufragen, ob der Termin stattfinde. Nach Überzeugung des Gerichts lagen im vorliegenden Fall jedoch besondere Umstände vor: "Denn ihm war spätestens seit Mitteilung durch das Arbeitsgericht am 05.01.2022 bekannt, dass an der wirksamen Zustellung der Klageschrift und der Terminladung erhebliche Zweifel bestanden und somit eine Aufhebung des Termins nahe lag. Sich hierüber zu informieren, hat der Klägervertreter versäumt."

Deshalb kam das LG zu dem Schluss, dass der Rechtsanwalt die Reisekosten selbst schuldhaft verursacht hat. Es habe keine Amtspflichtverletzung vorgelegen.

Landgericht München I, Urteil vom 10.10.2023, 15 O 7223/23, noch nicht rechtskräftig

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