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NRW-Landeshaushalt 2023: Fehlendes Schuldenbewusstsein, hohe Ausgabenfreude

Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 11.01.2023, Markus Berkenkopf

Nach der Steuerschätzung vom Herbst 2022 kann das Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2023 Steuereinnahmen von 74,4 Milliarden Euro erwarten. Gegenüber den bisherigen Prognosen entspricht dies einem Rückgang von fast 1 Milliarde Euro, ist aber nach wie vor ein Rekordwert. Der Bund der Steuerzahler NRW weist darauf hin, dass vergangene Haushaltsjahre häufig besser abschlossen, als es ursprünglich geplant war. Diese Überschüsse verringern die Notwendigkeit, Kredite aufzunehmen und sollten vorrangig für Sondertilgungen verwendet werden.

Corona-Sondervermögen und Krisenbewältigungsrücklage

Das Corona-Sondermögen soll zum Jahresende 2022 geschlossen und sein Bestand in eine „Krisenbewältigungsrücklage“ überführt werden. Die Mittel sollen dann „Krisenhilfen“, „Krisenresilienz“ und „Krisenvorsorge“ finanzieren. Der BdSt NRW hat bereits in früheren Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass an die kreditfinanzierten Maßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind: Sie müssen bestimmt, geeignet und erforderlich sein. Die Veranschlagung „Globaler Mehrausgaben“ im Umfang von 3,5 Milliarden Euro zur Finanzierung von „Krisenbewältigungsmaßnahmen“ ist aber das genaue Gegenteil davon. In der Vorlage 18/175 an den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags wird dargestellt, dass für Corona-Rettungsschirm mehr Mittel aufgenommen wurden als benötigt. Das Sondervermögen verfügt somit (noch) über liquide Mittel in Höhe von etwa 5 Milliarden Euro. In der Ergänzungsvorlage heißt es: „Infolge der Auflösung fließt der im Sondervermögen zum 31. Dezember 2022 vorhandene Bestand dem Landeshaushalt zwangsläufig als allgemeine Deckung zu.“ Diesen Automatismus sieht der BdSt NRW nicht. Kreditaufnahmen „auf Vorrat“ sieht das Haushaltsrecht nicht vor. Vielmehr sind Kreditaufnahmen – insbesondere im Geiste einer verfassungsrechtlichen Schuldenbreme – stets das letzte Mittel zur Finanzmittelbeschaffung. Leider mangelt es in Nordrhein-Westfalen an einer solchen Regelung mit Verfassungsrang.

Die Rückführung der „Corona-Schulden“ bleibt auf lange Zeit eine besondere Herausforderung. Die „Tilgung nach Kassenlage“, die im kommenden Jahr mit einer Sondertilgung (!) in Höhe von 200 Millionen Euro starten soll, zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Der zu lange Tilgungszeitraum von 50 Jahren ohne einen festen jährlichen Betrag verschiebt die Tilgung lediglich auf den Sankt-Nimmerleinstag. Überhaupt mangelt es an einem konkreten Schuldenabbaupfad.

Umgehung Schuldenbremse und Zinsausgaben

Der Entwurf des Haushaltsgesetzes enthält Kreditermächtigungen für die Universitätskliniken von insgesamt 4,1 Milliarden Euro sowie für den Bau- und Liegenschaftsbetrieb von maximal 350 Millionen Euro. Diese Regelungen sind eine Umgehung der Schuldenbremse. Die eingesetzte Zinswende bringt für den Landeshaushalt künftig steigende Zinsausgaben mit sich. Sie werden sich 2023 im Vergleich zu 2022 auf gut 2,8 Milliarden Euro nahezu verdoppeln. In seiner Stellungnahme zum Haushalt 2022 hat der BdSt NRW bereits darauf hingewiesen, dass die Chance verpasst wurde, die sich aus sinkenden Zinsausgaben ergebenden Spielräume konsequent zum Abbau der Altschulden zu verwenden. 

Personalausgaben

Mit einem Anteil von etwa 32,1 Milliarden Euro sind die Personalausgaben nach den laufenden Zuweisungen und Zuschüssen die größte Ausgabeposition im Haushalt für das Jahr 2023. Die Leistungen an Versorgungsempfänger betragen davon etwa ein Drittel. Kritisch sieht der BdSt NRW, dass die Zahl der Stellen seit dem Nachtragshaushalt um fast 6.300 gestiegen ist. Stellenzunahmen aber bringen dauerhafte und mit der Zeit steigende Personal- und Versorgungsausgaben mit sich. Diese dauerhaften Stellenmehrungen konterkarieren die drängenden Konsolidierungsbedarfe. Haushaltssanierung funktioniert nicht, ohne auch das Personal einzubeziehen.

Subventionen

Der Nachtragshaushalt 2022 enthielt bereits pauschale Ansätze ohne tiefergehende Erläuterungen. Der Haushaltsentwurf für 2023 bietet unter dem Stichwort „Krisenbewältigung“ neue Handlungsspielräume über alle Einzelpläne des Haushalts hinweg. Gerade bei den Subventionen ist es unerlässlich, die politischen Ziele konkret zu benennen, damit eine Bewertung über die Wirksamkeit der Ausgaben und damit die Nachhaltigkeit von Zuschüssen möglich wird. Der BdSt NRW fordert erneut, dass Subventionen zeitlich begrenzt und degressiv vergeben werden sollten. Ebenfalls ist eine Evaluierung der Förderziele unabdingbar für eine Fortführung oder Einstellung einer Förderung. Hier fehlt die Transparenz völlig. Es wird kein Subventionsbericht veröffentlicht, der die genannten Kriterien erfüllt und dem Transparenzanspruch der Öffentlichkeit Rechnung trägt. Da neue Förderschwerpunkte in der jetzigen Regierungskoalition zu erwarten sind, sollten Zielbeschreibungen bei neuen Projekten und Programmen selbstverständlich sein.

Fazit

Aus Steuerzahlersicht ist grundsätzlich zu begrüßen, dass das Corona-Sondervermögen beendet wird. Mit diesem Extrahaushalt war eine „Nebenrechnung“ zum Haushaltsplan gegeben, die die Transparenz der Landesfinanzen erschwerte. Ein Wahlkampfversprechen der regierungstragenden Parteien ist, auf eine nachhaltige Haushaltspolitik zu setzen. Das bedingt eine strenge Haushaltsdisziplin mit mittelfristigen Konsolidierungsstrategien. Die Haushaltsplanung geht mit dem kreditfinanzierten pauschalen Ansatz Globaler Mehrausgaben in die entgegengesetzte Richtung. Der Bund der Steuerzahler NRW ist nach wie vor überzeugt davon, dass eine nachhaltige Haushaltspolitik nur unter dem Regime der Schuldenbremse und dem damit verbundenen Verbot der Neuverschuldung in Nicht-Krisenzeiten der Garant für eine auch zukünftig gestaltende Politik ist.

 

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