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Landesregierung will Abwasserurteil unterlaufen

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen 10.11.2022, Markus Berkenkopf, [email protected]

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW macht in seinem Abwasserurteil klar, wie die Kommunen die Kalkulation der Abwassergebühren vornehmen sollen. Die Verbraucher würden dadurch vielerorts entlastet. Die Landesregierung hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vor allem auf eines abzielt: Weiterhin mit dem Gebührenaufkommen Überschüsse zu erwirtschaften. Entlastung – Fehlanzeige.

Das OVG NRW hat mit seinem Urteil vom 17. Mai 2022 (Az: 9 A 1019/20) seine bisherige langjährige Rechtsprechung zur Kalkulation der Kapitalkosten in der Abwasser-entsorgung – grundlegend bisher OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 (Az: 9 A 1248/92) – teilweise aufgegeben und den 396 NRW-Kommunen neue Vorgaben gemacht, wenn sie Gebührensätze für Schmutzwasser und Regenwasser kalkulieren. Mit dem aktuellen Urteil bricht das Oberverwaltungsgericht mit seiner bisherigen Rechtsprechung zu den ansatzfähigen kalkulatorischen Kosten bei der Berechnung kommunaler Benutzungsgebühren. Diese ließ bei der Gebührenkalkulation die Berücksichtigung einer kalkulatorischen Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten und einer kalkulatorischen Verzinsung zu einem Nominalzinssatz zu, der sich am 50jährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten zuzüglich eines Zuschlags von 0,5 Prozentpunkten orientierte.

Kommunen haben weiterhin die Wahl
Mit seiner neuen Entscheidung lässt das Oberverwaltungsgericht den Kommunen bei der kalkulatorischen Abschreibung zwar weiterhin die Wahl zwischen den Anschaffungs- bzw. Herstellungswerten oder den Wiederbeschaffungszeitwerten als Abschreibungsbasis. Werden dafür die Wiederbeschaffungszeitwerte gewählt, darf bei der kalkulatorischen Verzinsung – zumindest bezogen auf das Eigenkapital – jedoch nur noch eine Realverzinsung (Nominalzinssatz abzüglich Inflation) angesetzt werden. Nur bei einer kalkulatorischen Abschreibung nach Anschaffungswerten ist weiterhin eine kalkulatorische Nominalverzinsung des Fremd- und Eigenkapitals zulässig. Weiterhin hat das Gericht entschieden, dass zur Ermittlung des Nominalzinssatzes nur noch auf den zehnjährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten ohne einen Zuschlag abzustellen ist. 

Unklarheiten geklärt
Im nordrhein-westfälischen Kommunalen Abgabengesetz sind bislang nur rudimentäre Regelungen zu Abschreibungen und kalkulatorischer Verzinsung enthalten. Es bedurfte daher seit jeher einer umfassenden Rechtsprechung, um zahlreiche Unklarheiten aus Sicht der Gebührenzahler, aber auch der Städte und Gemeinden zu klären. Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen vom 23. Juni 2022 hieß es überraschend: „Hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung zur Abwassergebühren- und entsprechenden Verzinsungsberechnung, und damit einhergehenden Auswirkungen werden wir den notwendigen Rechtsrahmen schaffen, um auch in Zukunft eine nachhaltige Abwasserwirtschaft finanzierbar zu gestalten.“ Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung vom 21. September 2022 (Landtagsdrucksache 18/997) wird deutlich, wie sich die Landesregierung dies konkret vorstellt.

Wesentliche Neuregelungen
Die angemessene Verzinsung des „betriebsnotwendigen Kapitals“ soll zukünftig zu den ansatzfähigen Kosten zählen. Bisher erfolgte die Verzinsung auf Basis des „aufgewandten Kapitals“. Das betriebsnotwendige Kapital errechnet sich aus dem Aktiva der Bilanzsumme abzüglich des zinslosen Fremdkapitals. Als Basis in der Gebührenkalkulation ist dieser Wert höher als das „aufgewandte Kapital“, weil er neben dem Anlagevermögen auch das Umlaufver-
mögen umfasst. Dabei soll zukünftig für den Anteil des in der Einrichtung gebundenen Fremdkapitals der durchschnittliche Fremdkapitalzinssatz angesetzt werden können. Für den Anteil des in der Einrichtung gebundenen Eigenkapitals könnte maximal der sich aus dem 30jährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten ergebende Nominalzinssatz verwendet werden.

Entlastung wird unterlaufen
Die Abschreibungen sollen nach der Neuregelung auf das „betriebsnotwendige Anlagevermögen“ erfolgen. Es bleibt bei einem Wahlrecht, nach Anschaffungs- bzw. Herstellungswerten oder Wiederbeschaffungszeitwerten abzuschreiben. Außerdem erfolgt eine Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten. Bei sich verkürzender Nutzungsdauer kann der Restbuchwert eines Anlagegutes auf die neu ermittelte Nutzungsdauer verteilt werden. Außerdem werden außerplanmäßige Abschreibungen für abgängige Anlagegüter ermöglicht. Beide Varianten führen zu einer Steigerung des Gebührensatzes. Würde dieser Gesetzentwurf beschlossen und in die Praxis umgesetzt, würden die Entlastungen, die das OVG NRW in seinem Urteil vom 17. Mai 2022 aufgezeigt hat, unterlaufen. Es wäre auch nicht sichergestellt, dass die Finanzmittel „im System“ bleiben. Damit wäre die Kapitalerhaltung zum dauerhaften Betrieb gesichert. Genau das betont das OVG NRW.
Eine gesetzliche Neuregelung muss sich an den Maßstäben des OVG NRW orientieren.


Die BdSt-Forderungen

Ein beschlussfähiger Gesetzentwurf sollte mindestens die folgenden Grundsätze beinhalten: 
Bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung wird wie bei der Abschreibung nur vom betriebsnotwendigen Anlagevermögen ausgegangen. Das Umlaufvermögen wird nicht verzinst. 
Bei der Feststellung eines angemessenen Mischzinssatzes wird von Realzinssätzen und nicht von Nominalzinssätzen ausgegangen. 
Verzinsung nur von Anschaffungsrestwerten. Das Verwenden von Wiederbeschaffungszeitwerten ist untersagt. 
Das Ansetzen von Abzugskapital bei der Verzinsungsbasis ist verboten. 
Abschreibungen nur auf das betriebsnotwendige Anlagevermögen. 
Bei der Abschreibung des betriebsnotwendigen Anlagevermögens bleibt das Abzugskapital unberücksichtigt. 
Ausgangspunkt bei der Abschreibung sind die Anschaffungswerte/Herstellungswerte. Das Verwenden von Wiederbeschaffungswerten ist verboten. 
 

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