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Kommandeure: Müssen bei privaten Internetauftritten Auswirkungen auf berufliches Ansehen beachten
Kommandeure der Bundeswehr müssen bei Äußerungen, die sie privat im Internet (hier: auf einem Datingportal) tätigen, auf deren Auswirkungen auf ihr berufliches Ansehen achten. Dies hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entschieden und die Rechtsbeschwerde einer Bataillonskommandeurin gegen eine disziplinarrechtliche Entscheidung des Truppendienstgerichts Süd zurückgewiesen. Soldaten in besonders repräsentativen Funktionen müssten auch bei privaten Internetauftritten bei der Form ihres Auftretens Zurückhaltung üben.
Die überdurchschnittlich bekannte Kommandeurin hatte in einem Dating-Portal ein Profilbild von sich in sitzender Pose mit erkennbaren Gesichtszügen und unter Verwendung ihres tatsächlichen Vornamens eingestellt. Sie warb mit dem Text: "Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome." Dafür erteilte ihr der Disziplinarvorgesetzte einen einfachen disziplinarrechtlichen Verweis.
Das Truppendienstgericht hat diese Disziplinarmaßnahme gebilligt. Nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Soldatengesetz dürfe eine Soldatin durch ihr außerdienstliches Verhalten das Ansehen der Bundeswehr und die Achtung und das Vertrauen, die ihre dienstliche Stellung erforderten, nicht ernsthaft beeinträchtigen. Die Kommandeurin dürfe zwar grundrechtlich geschützt privat ein promiskuitives Sexualleben führen. Durch die Formulierung in ihrem Profil habe sie aber Zweifel an ihrer moralischen Integrität begründet. Außenstehenden werde der Eindruck vermittelt, dass sie sich selbst und ihre Geschlechtspartner zu reinen Sexobjekten reduziere. Dies wirke sich in der Öffentlichkeit negativ auf die Bewertung ihrer moralischen Integrität und den guten Ruf der Bundeswehr aus.
Das BVerwG hat zwar festgestellt, dass diese Begründung rechtlichen Bedenken unterliegt. Das Truppendienstgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die privaten Äußerungen der Soldatin in einem Partnerschaftsportal von der Öffentlichkeit der Bundeswehr als Ganzes zugerechnet werden. Auch habe es die Bedeutung der Grundrechte im Bereich der privaten Lebensführung nicht ausreichend gewürdigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht enthalte ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Dazu gehöre, dass der Einzelne über seine geschlechtlichen Beziehungen frei bestimmen und sich für eine promiskuitives Sexualverhalten entscheiden kann. Der Schutz des Grundrechts erstrecke sich nicht nur auf die Intim- und Privatsphäre, sondern schließe das Recht ein, in der Sozialsphäre, das heißt im Internet, Kontakte mit Gleichgesinnten zu suchen.
Die Entscheidung des Truppendienstgerichts erweise sich jedoch im Ergebnis als richtig, so das BVerwG weiter. Denn die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verlange, dass eine Soldatin in der besonders hervorgehebenen dienstlichen Stellung einer Bataillonskommandeurin mit Personalverantwortung für circa 1.000 Personen bei der Wahl der verwendeten Worte und Bilder im Internet Rücksicht auf ihre berufliche Stellung nimmt. Sie müsse daher Formulierungen vermeiden, die den falschen Eindruck eines wahllosen Sexuallebens und eines erheblichen Mangels an charakterlicher Integrität erwecken. Die Worte "offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome" erweckten auch aus der Sicht eines verständigen Betrachters Zweifel an der erforderlichen charakterlichen Integrität, weswegen diese Formulierung durch einen Verweis als mildeste Disziplinarmaßahme beanstandet werden durfte.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.05.2022, BVerwG 2 WRB 2.21