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Intensivpädagogische Betreuung Jugendlicher in Einrichtung: Pflegegelder keine steuerfreien Beihilfen

22.02.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/15423

Pflegegelder, die für die intensivpädagogische Betreuung mehrerer Jugendlicher in einer Einrichtung im Sinne des § 34 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) gezahlt werden, sind keine steuerfreien Beihilfen zur unmittelbaren Förderung der Erziehung. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Die Klägerin ist staatlich anerkannte Jugend- und Heimerzieherin. Sie betreute besonders traumatisierte Jugendliche im Rahmen einer intensivpädagogischen Betreuung im Sinne des § 35 SGB VIII. Die Jugendlichen wurden von der Klägerin unter Nutzung von Unterlagen einer Fernschule beschult. Zwischen der Klägerin und dem Jugendwerk bestand ein Kooperationsvertrag. Dessen Gegenstand war die Durchführung von Hilfemaßnahmen im Rahmen der Jugendhilfe "gemäß § 27 in Verbindung mit §§ 34, 35, 35a, 41 SGB VIII" durch die Klägerin als Betreuungsperson. Der Betreuung der einzelnen Jugendlichen lag zusätzlich jeweils ein Leistungs- und Honorarvertrag zwischen dem Jugendwerk und der Klägerin zugrunde. Betreuung und Unterbringung der Jugendlichen fanden auf einem Grundstück der Klägerin statt. In den Streitjahren handelte es sich um jeweils vier beziehungsweise fünf Jugendliche.

Die Klägerin machte geltend, die Einnahmen aus ihrer erzieherischen Tätigkeit seien steuerfreie Beihilfen zur unmittelbaren Förderung der Erziehung gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 Einkommensteuergesetz. Finanzamt und Finanzgericht (FG) sahen dies anders. Der BFH schloss sich dieser Ansicht an.

Er führt aus, eine steuerfreie Beihilfe könne vorliegen, wenn ein einzelner Jugendlicher in den Haushalt der Betreuungsperson zeitlich unbefristet aufgenommen und dort intensivpädagogisch betreut wird. In diesem Fall entspreche das Pflegeverhältnis seinem Inhalt und der Durchführung nach ‑‑unabhängig von der sozialrechtlichen Qualifikation des Betreuungsverhältnisses als intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung – der Betreuung des Jugendlichen im Rahmen einer nicht erwerbsmäßigen Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII.

Dass das FG hier indes zu dem Ergebnis gekommen ist, es überwögen die Umstände, die für eine Unterbringung der Jugendlichen in einer Einrichtung der Klägerin im Sinne des § 34 SGB VIII sprechen, sei nicht zu beanstanden. Die vom FG für seine Würdigung herangezogenen und gewichteten Umstände, die Jugendlichen und die Klägerin hätten innerhalb des Gebäudes in abgetrennten Wohnungen mit eigenen Bädern gewohnt, für die Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten sowie die Freizeitaktivitäten seien die Gemeinschaftsküche und -räume im Erdgeschoss genutzt worden und die Jugendlichen seien maßgeblich durch das von der Klägerin angestellte Personal mitbetreut worden, trügen den Schluss des FG, dass der für die Betreuung der Jugendlichen in einer Einrichtung im Sinne des § 34 SGB VIII erforderliche sachliche und institutionelle Rahmen gegeben war.

Die weitere Würdigung des FG, trotz der persönlichen Zuweisung der Jugendlichen zur Betreuung durch die Klägerin, des unbestritten hohen persönlichen Engagements der Klägerin und ihrer täglichen Ansprechbarkeit für die Jugendlichen rund um die Uhr könne angesichts der räumlichen Gegebenheiten der Unterbringung und des Zusammenlebens sowie des Personaleinsatzes nicht mehr von der Aufnahme und Betreuung der Jugendlichen im Haushalt der Klägerin ausgegangen werden, ist laut BFH möglich und nachvollziehbar.

Schon die Betreuung und Unterbringung der Jugendlichen in einer Einrichtung spreche nach der typisierenden Betrachtung der Rechtsprechung unabhängig von der Betreuungsintensität für den Entgeltcharakter der gezahlten Pflegegelder. Zudem seien aufgrund der Anzahl der betreuten Jugendlichen und der weiteren Rahmenbedingungen der Betreuung im Streitfall Umstände vorhanden, die selbst bei Annahme einer intensivpädagogischen Betreuung unter Aufnahme der Jugendlichen in den Haushalt der Klägerin auf eine erwerbsmäßige Betreuung schließen ließen.

Es sei auch überzeugend, dass das FG den Vergütungscharakter des Pflegegelds aus den in beiden Streitjahren (unter Außerachtlassung der Betriebsausgaben für einen Investitionsabzugsbetrag) erzielten Gewinnen in Höhe von jeweils rund 70.000 Euro ableitet. Da die Sach- und Personalkosten der Klägerin nicht durch den tageweisen Sachkostenersatz gedeckt wurden, habe die Klägerin diese Aufwendungen durch die für die Erziehung gezahlten Tagessätze mitfinanzieren müssen. Dass sie in beiden Streitjahren gleichwohl die genannten Gewinne erzielt hat, spreche dafür, dass die für die Erziehungsleistungen gezahlten Tagessätze Vergütungscharakter hatten.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.11.2022, VIII R 13/19

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