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Fingerabdrücke: EU-weite Pflicht zu Aufnahme in Personalausweise bestätigt
Die in einer EU-Verordnung (VO 2019/11571) enthaltene Verpflichtung, ab dem 02.08.2021 in jeden von den Mitgliedstaaten neu ausgestellten Personalausweis Fingerabdrücke des Inhabers auf einem hochsicheren Speichermedium aufzunehmen, ist rechtens. Dies jedenfalls meint die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Laila Medina. Die Vereinheitlichung des Formats der Personalausweise und die Verbesserung ihrer Zuverlässigkeit durch Sicherheitsstandards erleichterten für EU-Bürger die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit. Denn dadurch würden die Ausweise vertrauenswürdiger und von den Behörden der Mitgliedstaaten und den Dienstleistern besser akzeptiert.
Ein deutscher Staatsbürger beantragte im November 2021 bei der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden einen neuen Personalausweis und bat dabei ausdrücklich darum, den Ausweis ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken auszustellen. Die Landeshauptstadt lehnte dies unter Verweis auf die VO 2019/1157 ab. Das angerufene Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden legte die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Generalanwältin Medina stellt zunächst klar, dass die VO 2019/1157 zu Recht auf Grundlage von Artikel 21 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) erlassen worden sei, um die Ausübung des Rechts der Unionbürger, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zu erleichtern. Denn nur ein zuverlässiger und authentischer Identitätsnachweis erleichtere die uneingeschränkte Inanspruchnahme der Freizügigkeit. Daher bedeute die verpflichtende Aufnahme von Fingerabdrücken in die Ausweise eine Verringerung der Unannehmlichkeiten, Kosten und administrativen Hindernisse für mobile Unionsbürger. Dagegen beziehe sich Artikel 77 Absatz 3 AEUV ausschließlich auf den Kontext der Grenzkontrollpolitik. Eine Unionsmaßnahme, die über diesen spezifischen Zusammenhang hinausgehe, wie dies bei der VO 2019/1157 der Fall sei, falle nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung.
Die Verpflichtung, ein Abbild von zwei Fingerabdrücken zu erfassen und in Personalausweisen zu speichern, schränke zwar das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten ein. Dies sei aber vor dem Hintergrund der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung gerechtfertigt. Die bisher fehlende Einheitlichkeit der Formate und Sicherheitsmerkmale der nationalen Personalausweise habe die Gefahr von Fälschungen und Dokumentenbetrug erhöht. Diese Gefahr werde durch die EU-weit vorgeschriebene Aufnahme der Fingerabdrücke minimiert. Dies sei auch verhältnismäßig, da keine im Vergleich zur Abnahme und Speicherung von Fingerabdrücken gleichermaßen geeignete, aber weniger in die Privatsphäre eingreifende Methode ersichtlich sei, um das Ziel der VO 2019/1157 auf ähnlich wirksame Weise zu erreichen.
Darüber hinaus biete die Verordnung 2019/1157 hinreichende und geeignete Maßnahmen, die sicherstellten, dass die Erfassung, Speicherung und Verwendung biometrischer Identifikatoren wirksam vor Missbrauch oder Fehlgebrauch geschützt seien. Diese Maßnahmen garantierten, dass in einem neu ausgestellten Ausweis gespeicherte biometrische Identifikatoren nach Ausstellung dieses Ausweises ausschließlich dem Ausweisinhaber zur Verfügung stünden und nicht öffentlich zugänglich seien.
Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof, Schlussanträge vom 29.06.2023, C-61/22