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Airlines: Müssen Rollstuhlfahrer auch beim Umsteigen vorrangig berücksichtigen

20.07.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/18434

Ein Luftfahrtunternehmen ist für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich, wenn es einem Fluggast die Möglichkeit genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und betont, dass auf einen Rollstuhl angewiesenen Fluggästen auch beim Umsteigen der Vorrang einzuräumen sei, damit sie den Anschlussflug rechtzeitig erreichen können.

Die beiden Kläger buchten Flüge mit der beklagten Airline von Frankfurt am Main nach Budapest und von Budapest nach St. Petersburg. Beide Flüge wurden planmäßig durchgeführt. Einer der Kläger ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Er durfte in Budapest erst nach allen anderen Passagieren aus dem Flugzeug aussteigen. Daher verpassten die beiden Kläger den zweiten Flug. Die Beklagte bot ihnen keine Ersatzbeförderung an. Die Kläger bemühten sich selbst um einen Ersatzflug und erreichten St. Petersburg knapp zehn Stunden später als mit dem von der Beklagten durchgeführten Flug. Sie verlangen nun von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die Ersatzflüge und eine Ausgleichszahlung.

In erster Instanz wurde die Klage vollständig abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach den Klägern die Kosten der Ersatzbeförderung zu, verneinte jedoch einen Ausgleichsanspruch. Die Beklagte habe zwar gegen Artikel 11 Absatz 1 Fluggastrechte-Verordnung (FluggastrechteVO) verstoßen, indem sie den gehbehinderten Kläger nicht hinreichend beim Umsteigen unterstützt habe. Dies führe dennoch nicht zu einem Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 7 FluggastrechteVO, da Artikel 11 nicht auf diese Vorschrift verweise.

Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg. Der BGH verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung könne mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hänge die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs davon ab, ob ein Zeitverlust von drei Stunden oder mehr am Endziel eingetreten ist.

Endziel sei der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein, bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges. Direkte Anschlussflüge lägen vor, wenn zwei oder mehr Flüge eine Gesamtheit darstellen. Eine solche Gesamtheit liege vor, wenn die Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren. Dies habe das Berufungsgericht offengelassen. Daher sei die Sache insofern nicht zur Entscheidung reif und zurückzuverweisen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sei die Beklagte jedenfalls für die Verspätung in St. Petersburg verantwortlich. Ein Ausgleichsanspruch komme nicht nur dann in Betracht, wenn ein Anschlussflug wegen einer Verspätung eines Zubringerflugs verpasst wurde. Maßgeblich sei vielmehr die verspätete Ankunft am Endziel.

Ungeachtet dessen bedürfe es jedoch eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des ausführenden Luftfahrtunternehmens und der eingetretenen Verspätung. Hieran fehle es insbesondere dann, wenn der Fluggast den Anschlussflug aus Gründen verpasst hat, die allein in seinem Verantwortungsbereich liegen – etwa deshalb, weil er sich trotz entsprechender Möglichkeiten nicht rechtzeitig zur Abfertigung des Anschlussflugs eingefunden hat.

Hier ergebe sich die Verantwortlichkeit der Beklagten aus einem Verstoß gegen Artikel 11 Absatz 1 FluggastrechteVO. Danach gäben die ausführenden Luftfahrtunternehmen Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen bei der Beförderung Vorrang. Diese Verpflichtung beziehe sich auf den gesamten Beförderungsvorgang einschließlich der Phase zwischen direkten Anschlussflügen, unterstreicht der BGH. Dazu gehöre es, mobilitätseingeschränkten Fluggästen und deren Begleitpersonen zu ermöglichen, vor den anderen Passagieren in das Flugzeug einzusteigen und es für das Erreichen eines Anschlussfluges vor diesen wieder zu verlassen.

Hieraus ergebe sich, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich ist, wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Artikel 11 Absatz 1 FluggastrechteVO die Möglichkeit genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.06.2023, X ZR 84/22

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