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BdSt-Serie Sorgenkinder Innenstädte - Teil 12
BdSt-Serie Sorgenkinder Innenstädte - Teil 12
© Katrin Ernst/SoraAI

Sorgenkinder Innenstädte Teil 12: Aachen

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen 08.09.2025, Jens Ammann

Das „Haus der Neugier“ in Aachen: Verschwendung oder Vernunft? Die Meinungen gehen auseinander. Den Bund der Steuerzahler NRW erreichen kritische Zuschriften aus Aachen über das 100 Millionen Euro Projekt „Haus der Neugier“. Es gibt aber auch gute Argumente für die größte Investition der letzten Jahrzehnte.

Das 1962 gebaute Hortengebäude war lange ein Warenhaus. Aus Horten wurde „Lust for Life“, das 2017 die Pforten schloss. Seitdem steht es leer. Die Stadt Aachen liebäugelte schon länger mit dem Gebäude und ließ 2022/2023 eine Machbarkeitsstudie für das „Haus der Neugier“ anfertigen, in die auch Alternativszenarien eingeschlossen wurden. Das Hortengebäude überzeugte – auch in Hinblick auf die Kosten. Hinzu kommt: „Da das Gebäude von seinem Voreigentümer in den Rohbauzustand zurückgesetzt worden ist, kann das Projekt zeitnah umgesetzt werden. Kostenrisiken aufgrund zeitlicher Verzögerungen können minimiert werden“, so die Stadt. Als Wärmequelle dient im Übrigen die im Kellergeschoss liegende warme Rosenquelle.

Gebäude und Grundstücke

Der Kauf erfolgte 2025. Eigentümerin von Grundstück und Gebäude ist eine Gesellschaft der Stadt Aachen. Der Preis betrug 21,5 Millionen Euro und beinhaltet neben dem Gebäude mit Grundstück „die weitgehend ausgearbeiteten Planungsleistungen für das Haus der Neugier“, so die Stadt. Sehr weit scheint die Planungsleistung aber nicht gediehen, denn die Entwurfsplanung ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb gibt es auch keine aktualisierte Kostenberechnung. Erste Schätzungen gehen von rund 80 Millionen Euro aus. Die Stadt sieht „… auch keine Indikatoren, dass die Kosten von den ersten Schätzungen wesentlich abweichen werden.“

"Haus der Neugier"

Das Haus der Neugier soll ein konsumfreier sogenannter „Dritter Ort“ werden. Zum einen werden die Volkshochschule (VHS) und die Stadtbibliothek dorthin verlegt. Zum anderen möchte die Stadt eine Fläche fremdvermieten, es soll Arbeitsbereiche für mehr als 100 Mitarbeitende geben, einen Veranstaltungsraum für bis zu 400 Personen, ein Café und offene Bereiche als Lern- oder Treffpunkt.

Die VHS ist laut Stadt zurzeit im stark sanierungsbedürftigen „Bushof“ untergebracht. Während einer Sanierung hätte für sie eine Interimslösung errichtet bzw. angemietet werden müssen. Das ist nachvollziehbar, doch die Rechnung der Stadt ist zum Teil unklar: Wenn sie schreibt, dass durch den dauerhaften Umzug „… die Kosten der Sanierung des bisherigen Gebäudes sowie Investitionen in eine Interimslösung vermieden werden“, kann die Rechnung nur bei einem Verkauf der Eigentumsanteile an dem Gebäude aufgehen. Denn entweder ist der Bushof sanierungsbedürftig oder nicht. Im ersten Fall wäre Nichtstun keine gute Lösung.

Nutzung der alten Gebäude 

Während das VHS-Gebäude auch einen privaten Miteigentümer hat, gehört der Stadt das Gebäude der Stadtbibliothek komplett. Die künftige Nutzung dieser Gebäude ist noch offen. Im „Haus der Neugier“ sieht die Stadt einen weiteren Vorteil: Die Altstadt und die östliche Innenstadt sollen profitieren, weil man hofft, dass neue Besucherfrequenzen und Besucherwege den Handel unterstützen. Schon jetzt während der Planungsphase sei dieser Effekt bemerkbar und habe im direkten Umfeld zu einem Rückgang der Leerstände geführt.

Der BdSt NRW meint:

100 Millionen Euro sind angesichts des Aachener Haushalts eine gewaltige Summe. Ende 2023 betrug die Verschuldung inklusive die der städtischen Unternehmen über 1,6 Milliarden Euro. Allein der Kassenkreditstand, quasi der Dispo, wird Ende 2025 voraussichtlich bei 455 Millionen Euro liegen. Die Investition verschärft die Lage.

Andererseits ziehen dauerhaft leerstehende Großimmobilien oft weitere Leerstände und damit weniger Steuereinnahmen nach sich. So manche Innenstadt ist bereits trostlos. Ein solches Szenario wäre für eine Stadt wie Aachen, deren Zentrum nicht zuletzt durch historische und damit touristisch attraktive Gebäude punktet, vermutlich übertriebene Schwarzmalerei. Dennoch muss die Stadt über eine Weiterentwicklung der Innenstadt nachdenken.

Auch ist die Zusammenlegung von VHS und Stadtbücherei nachvollziehbar. Eine pauschale Kritik wäre also nicht gerechtfertigt. Wir appellieren aber an die Stadt Aachen, alles daran zu setzen, dass die 80 Millionen Euro Investitionskosten gedeckelt bleiben. Die Erfahrungen mit anderen Großprojekten zeigen, dass solche Ansätze schnell überholt sind, vor allem wenn nachträglich Begehrlichkeiten aufkommen. Deshalb ist Ausgabendisziplin gefragt. Nachträgliche Planänderungen oder -erweiterungen müssen tabu sein, wenn nicht an anderer Stelle derselbe Betrag eingespart wird. Darüber hinaus kann die Stadt einen Teil der Investitionen durch den Verkauf der Gebäudeanteile an der VHS und des Gebäudes der Stadtbibliothek wieder hereinbekommen. Auch wenn es keinen Mangel an Ideen für deren Verwendung geben wird: Der Mangel im Stadtsäckel braucht auch eine Lösung.

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