Geisterfahrt auf der E-Autobahn stoppen!
Im Gespräch mit Finanzsenator Dr. Andreas Dressel (SPD)
Zweifelsfrage Sozialversicherungspflicht
Selbstständig und selbst verantwortlich für die Sozialversicherung? Das ist wichtig zu wissen.
Es gibt immer wieder Unsicherheiten bei Auftragsverhältnissen hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht. In einigen Branchen ist der Übergang zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung fließend, oft endet eine selbstständige Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung.
Das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV soll den Beteiligten Rechtssicherheit darüber verschaffen, ob sie selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sind. Denn der Schutzbereich der gesetzlichen Sozialversicherung umfasst grundsätzlich nur abhängig Beschäftigte. Diese sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Daraus ergbit sich die Pflicht des Arbeitgebers, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Davon sind sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge erfasst.
Im Unterschied dazu müssen Selbstständige grundsätzlich selbst für ihre soziale Absicherung sorgen. Seitens der Auftraggeber besteht keine Verpflichtung, für sie Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Daher ist die Statusabgrenzung sowohl für Betriebe als auch für Erwerbstätige wichtig. Für bestimmte Personengruppen ist das Statusfeststellungsverfahren mittlerweile zwingend durchzuführen. Handelt es sich bei angemeldeten Beschäftigten um den Ehegatten, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder um einen geschäftsführenden GmbH-Gesellschafter, muss die Einzugsstelle einen Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus stellen (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Das gilt seit 1. Januar 2005 und hat dementsprechend keinen Einfluss auf ältere Konstellationen.
Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Wird der Status falsch beurteilt, besteht für den Arbeitgeber das Risiko einer Nachforderung der nicht gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Dies gilt auch für die Arbeitnehmeranteile. In der Sozialversicherung gilt grundsätzlich eine Frist von vier Jahren, um Beitragsansprüche geltend zu machen. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren allerdings erst 30 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beitragsschuldner ist immer der Arbeitgeber. Zusätzlich drohen hohe Säumniszuschläge. Außerdem könnte der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung übernehmen müssen. Rückwirkend kann er nur für drei Monate die Arbeitnehmeranteile beim Arbeitnehmer selbst einbehalten und auch nur dann, wenn die Beschäftigung noch besteht. Die falsche Beurteilung kann zudem strafrechtliche Folgen wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) haben. Die Nichtdurchführung eines klärenden Statusfeststellungsverfahrens gilt dabei teilweise als vorwerfbar.
Allerdings birgt auch der umgekehrte Fall Risiken. Werden Sozialversicherungsbeiträge gezahlt, obwohl keine Sozialversicherungspflicht vorliegt, muss im Bedarfsfall mit einer Leistungsverweigerung gerechnet werden. Ein Leistungsanspruch folgt nicht allein aus den geleisteten Beitragszahlungen. Der besteht erst in Verbindung mit der Sozialversicherungspflicht.
Stellt sich heraus, dass eine Person Sozialversicherungsbeiträge gezahlt hat, ohne dass sie versicherungspflichtig war, kann der Betroffene zu Unrecht gezahlte Beiträge rückwirkend zurückfordern.
Problematischen Fallgruppen?
Aus der sozialversicherungsrechtlichen Rechtsprechung haben sich verschiedene Berufsfelder herauskristallisiert, bei denen die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit aufgrund der Natur der Tätigkeit außerordentlich schwierig ist. Unklarheiten beim Sozialversicherungsstatus treten regelmäßig auf bei:
- Geschäftsführern
- Gesellschafter-Geschäftsführern
- Gesellschaftern
- Mitarbeitenden Familienangehörigen sowie Ehe- und Lebenspartnern
- Bestimmten Gruppen von Selbstständigen (z. B. Einzelunternehmer, die vorrangig für einen einzelnen Auftraggeber arbeiten)
Rechtssicherheit schaffen?
Rechtssicherheit kann nur mit Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens erlangt werden. Im Rahmen der Betriebsprüfung gem. § 28p SGB IV durch den Rentenversicherungsträger und des Einzugsstellenverfahrens durch die Krankenkasse eines Erwerbstätigen gem. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der sozialversicherungsrechtliche Status von Verwaltungsseite überprüft werden. Das Statusfeststellungs-verfahren bietet eine gesonderte Möglichkeit für die Beteiligten, den Status feststellen zu lassen. Es steht trotz des künftig unterschiedlichen Regelungsumfangs hinsichtlich der Prüfung der Versicherungspflicht gleichberechtigt neben dem Betriebsprüfungsverfahren und dem Einzugsstellenverfahren. Das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens entfaltet Bindungswirkung für künftige Betriebsprüfungen sowie die Beitragsberechnung seitens der Einzugsstelle. Ebenso ist die Bundesagentur für Arbeit im Leistungsfall an die rechtskräftige Feststellung der Clearingstelle gebunden. Auf diese Weise kann aktiv Rechtssicherheit herbeigeführt werden.