Zweimal ausgeben geht nicht!
Erst in 215 Jahren wären die Altschulden weg
Wiesbaden muss bei Mobilitätsplänen einen Gang zurückschalten
Neues ÖPNV-Konzept hat gute Ansätze, doch Umsetzung ist teilweise überambitioniert / City-Bahn-Teilstrecke bis Bad Schwalbach gesondert untersuchen / Umstellung auf E-Busse bis 2022 zu vorschnell
Der BdSt Hessen hält die Pläne für ein neues ÖPNV-Konzept in Wiesbaden prinzipiell für nachvollziehbar, sieht dabei aber noch einige Unwägbarkeiten und offene Fragen. Angesichts der steigenden Einwohner- und Fahrgastzahlen in Mainz und Wiesbaden könne eine City-Bahn eine sinnvolle Ergänzung des ÖPNV in und zwischen den beiden Landeshauptstädten sein.
„Die geplante rheinübergreifende Kooperation sehen wir positiv, schließlich spart ein gemeinsamer Betriebshof Kosten. Auch eine generelle Umstellung auf elektrisch betriebene Verkehrsmittel ist angesichts der Umweltbelastung und drohender Fahrverbote mittelfristig sicher sinnvoll. Bei der Umsetzung eines neuen Mobilitätskonzepts darf Wiesbaden aber nicht überhastet vorgehen. Schließlich gibt es auf hessischer Seite noch etliche offene Fragen“, erklärt Joachim Papendick, Vorsitzender des BdSt Hessen. Diese beträfen sowohl die außerhalb der Stadt liegenden Teile der geplanten City-Bahn-Trasse als auch die vorgesehene Umstellung von Diesel- auf Elektro-Busse.
Bei den Planungen zur City-Bahn sieht der hessische Steuerzahlerbund Nachbesserungsbedarf. So fordert der Verband eine gesonderte Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Strecke Hochschule RheinMain bis Bad Schwalbach. „Unserer Ansicht nach ist dieser Abschnitt, der mehr als die Hälfte der Gesamtstrecke ausmacht, am unrentabelsten. Einen weiteren Risikofaktor sehen wir beim Denkmalschutz im Rahmen der Reaktivierung der Aartalbahn. Dort muss mit unvorhersehbaren Kosten und Komplikationen gerechnet werden. Diese Punkte müssen in einer Nutzen-Kosten-Berechnung gesondert betrachtet werden“, so Papendick. Die City-Bahn sei für Wiesbaden ein umwälzendes Projekt und bewege die Bürger. Deshalb befürworte der BdSt Hessen einen möglichen Bürgerentscheid. Allerdings sollte dieser erst stattfinden, wenn alle Fakten vorliegen. Nur so können sich die Bürger eine fundierte Meinung bilden.
Die darüber hinaus geplante Anschaffung von 221 E-Bussen innerhalb von vier Jahren betrachtet der hessische Steuerzahlerbund als übereilt. Eine derart schnelle, vollständige Umstellung von Diesel- auf Elektroantrieb sei mit hohen Kosten und Risiken verbunden. Schon die Anschaffung eines E-Busses sei deutlich teurer als die eines gleichwertigen dieselbetriebenen Fahrzeugs. Völlig unklar seien weiterhin die Kosten für Wartung und Umstellung des Betriebshofs sowie die Praxistauglichkeit der neuen Fahrzeuge. Erschwerend komme hinzu, dass auf dem Markt für E-Busse aktuell Engpässe herrschen, da sich nur wenige Hersteller auf die Produktion spezialisiert haben. Deshalb empfiehlt der BdSt Hessen der Landeshauptstadt, sinkende Produktionskosten abzuwarten, um die E-Busse kostengünstiger erwerben zu können. „Wiesbaden sollte nicht vorschnell in möglicherweise unausgereifte oder nicht erprobte Modelle investieren. Stattdessen sollten die bewährten Dieselbusse nach und nach durch Elektro-Fahrzeuge ersetzt werden“, so Papendick. Dabei dürfe man sich auch nicht von winkenden Fördergeldern zur Eile drängen lassen. Aus Steuerzahlersicht sei es unerheblich, aus welchem Topf die Gelder fließen. Auch mit Fördermitteln von Land, Bund oder der EU müsse wirtschaftlich umgegangen werden. Zudem sei es fragwürdig, ob die Fördergelder wirklich in dem Maße fließen, wie es sich Wiesbaden erhofft.