Mitglied werden
Suche
Vor Ort
Presse
Menü

Veränderung pro Sekunde

Staatsverschuldung Deutschland

Login
Menü schließen

Menü schließen

Sie sind hier:  Startseite  Aktuelles  Was der Tarifabschluss im Öffentlichen D...
© ©Sergey Nivens - stock.adobe.com

Was der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst bedeutet

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 24.05.2023, Joscha Slowik

Nach langer Zeit des Streikens und der Verhandlungen ist es zu einer Einigung beim Tarifabschluss des Öffentlichen Dienstes gekommen. Für die Beschäftigten gut und erfreulich. Doch für die öŠffentliche Hand stehen enorme Belastungen an.

Der Bund, die Kommunen und die Gewerkschaften haben sich auf folgende Punkte geeinigt: 3.000 Euro werden als Inflationsprämie steuer- und abgabenfrei gezahlt. Ab März 2024 gibt es einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro plus eine 5,5-prozentige Tariferhöhung. Insgesamt treten damit Erhöhungen von bis zu 16,9 % und im Schnitt rund 11 % in Kraft. Die Laufzeit des geschlossenen Vertrages beträgt 24 Monate.

Beide Verhandlungsparteien sind nach eigenem Bekunden mit diesem Abschluss an die äußersten Schmerzgrenzen gegangen. Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst dürften sich über die Erhöhungen freuen, auch wenn sie unter den Forderungen der Gewerkschaften geblieben sind. Dennoch ist dieser Abschluss der höchste seit Jahrzehnten. Die letzte Einigung in dieser Größenordnung fand 1974 unter der Verhandlungsführung von Heinz Kluncker von der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) – eine Vorgängerorganisation von ver.di – statt. Damals folgten keine großen Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze wurden nur marginal erhöht. Die momentane Situation sieht jedoch anders aus.

17 Milliarden Euro Mehrkosten für die Kommunen

Der Tarifabschluss hat einen enormen Effekt auf die Haushalte der Kommunen. Insgesamt beläuft sich die Summe der Mehrkosten auf 17 Milliarden Euro. Angesichts der sowieso schon seit Jahren prekären Haushaltslage der Kommunen – ca. 30 Prozent der deutschen Kommunen sind bereits überschuldet –, ist das ein riesiger Brocken, der auf die Städte und Gemeinden zufliegt. Diese Zahlen werden auch alle Kommunen in NRW, vor allem aber die sowieso schon in einer schiefen Haushaltslage steckenden, die nächsten Monate und Jahre beschäftigen. Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin (und zugleich Präsidentin der kommunalen Arbeitgeberverbände) Karin Welge sprach von einer finanziellen Belastungsgrenze für die Kommunen.

Die Bedeutung der hohen Mehrkosten für Bürgerinnen und Bürger werden nicht auf sich warten lassen. Die NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) attestierte gegenüber der WAZ, dass die Bürger und Unternehmen die Zeche dafür zahlen müssten. Nicht nur wälzt sie damit die Verantwortung von den Kommunen auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ab, sondern zeichnet damit auch ein fragwürdiges Bild des Gegensatzes: Die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gegen die anderen Steuerzahler. So bereitete sie schon früh eine argumentative Grundlage für Städte und Gemeinden, Gebühren und Steuern zu erhöhen.

Was auf die kommunalen Haushalte durch den Tarifabschluss zukommt, erklärte auch der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds Nordrhein-Westfalens, Christof Sommer, in einem Statement: Der Abschluss stelle eine kaum tragbare Last dar und die Kommunen würden vor gewaltige Probleme gestellt. Als Folge prophezeit Sommer Abgabenerhöhungen und den Verzicht auf freiwillige Leistungen. Weiter sieht er die Verantwortung beim Land, das endlich die Kommunen ausreichend finanzieren solle. Bis dahin werden Einnahmen erhöht und Ausgaben reduziert werden.

Zwischen Entlastung und Belastung

Das Dilemma ist dementsprechend greifbar. Auf der einen Seite in Zeiten einer außergewöhnlich hohen Inflation und extrem hoher Energiepreise die finanzielle Entlastung der Beschäftigten sowie finanzielle Argumente gegen den Fachkräftemangel, der auch den öffentlichen Sektor hart trifft. Auf der anderen Seite die eklatant hohe finanzielle Belastung bei den Kommunen. Wichtig ist nun, keine Debatte auf Kosten der Beschäftigten oder der Steuerzahler zu führen. Der Handlungsbedarf liegt bei der Politik. Alle staatlichen Ebenen sind angehalten, eine solide, wirtschaftliche Haushalts-
führung zu leisten. Nur dann kann gewährleistet werden, dass kommunale Handlungsfähigkeit nicht zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erreicht wird. Städte und Gemeinden sollten, wenn möglich, ihre Reserven heben. Außerdem müssen sie jede Konsolidierungsmöglichkeit ausschöpfen.

Höhere Gebühren und Steuern

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kann dennoch mit höheren Gebühren sowie mit Steuererhöhungen gerechnet werden. Außerdem bleibt abzuwarten, wie viele Städte und Gemeinden dadurch in eine schiefe bzw. noch schiefere Haushaltslage rutschen werden. Die Kommunen selbst müssen ihre Ausgaben genauestens auf den Prüfstand stellen, Investitionen priorisieren und Einsparpotenziale suchen und nutzen. Und dies deutlich intensiver als zuvor! Doch sie stehen auch in der Pflicht, die längst überfällige Reform der finanziellen kommunalen Ausstattung von Bund und Land stärker einzufordern, damit die Daseinsvorsorge nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden muss. Dazu gehört auch die bekannte Altschuldenproblematik. Die hohen Schulden der Kommunen sorgen vor allem mit Blick auf die aktuelle Zinswende für immer weiter wachsende Sorgenfalten. 82,5 Milliarden Schulden entfielen auf die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen laut dem Landesbetrieb Information und Technik NRW (IT.NRW) Ende 2021. Mit den stetig steigenden Zinsen werden dadurch eklatant hohe Zinszahlungen fällig, die dann an anderer Stelle für wichtige Investitionen fehlen.

Fazit

Der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst hat medial große Wellen geschlagen und wird immer noch kontrovers diskutiert. In der Summe zeigen sich beide Seiten der Medaille: Entlastung für alle tariflich Beschäftigten und Belastung für die kommunalen Haushalte. An dieser Stelle jedoch über die Höhe des Tarifabschlusses zu diskutieren, führt in die falsche Richtung. Vielmehr müssen die Kommunen stärker zusammenarbeiten und sich für eine Änderung des Finanzausgleichs einsetzen sowie einmal mehr auf ausgeglichene Haushalte hinarbeiten. Der Aussage des Esseners OBs Thomas Kufen in der NRZ, „Es wird in 2023 eine Kraftanstrengung sein, dies im laufenden Haushaltsjahr umzusetzen“, kann zugestimmt werden. Es darf aber nicht sein, dass der Tarifabschluss einfach und leicht durch höhere Steuereinnahmen finanziert wird. Dennoch müssen sich die Bürgerinnen und Bürger vor allem auf höhere Abgaben und Gebühren, aber vermutlich auch Steuersätze einstellen, die mit Sicherheit in nächster Zeit kommen werden. Vor allem bei personalintensiven Bereichen, beispielsweise bei der Müllentsorgung oder den Friedhofsgebühren, können in Zukunft deutlich höhere Gebührensätze prognostiziert werden. Am Ende bleibt die Devise des Bundes der Steuerzahler NRW unverändert: Klug und nachhaltig wirtschaften statt unüberlegter Ausgaben und unverhältnismäßiger Steuererhöhungen!

Lesen Sie auch:

Mit Freunden teilen
Die Schuldenuhr Deutschlands

Veränderung pro Sekunde

Staatsverschuldung Deutschland