Erneute Stellungnahme zur Umsetzung der DAC-7 Richtlinie
Präsident Holznagel zu Gast in NRW
Wahlwiederholung in Berlin
Steuerzahlern drohen Kosten in Millionenhöhe
In einer vorläufigen Bewertung hat der Verfassungsgerichtshof von Berlin die Einschätzung vertreten, dass die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen in ganz Berlin wiederholt werden müssten. Damit hätten die Verantwortlichen nicht nur der Demokratie einen Bärendienst erwiesen, sondern auch einen riesigen finanziellen Schaden angerichtet.
Am 26. September 2021 fanden in Berlin die Wahlen zum Bundestag, zum Berliner Abgeordnetenhaus, den Bezirksverordnetenversammlungen und ein Volksentscheid statt. Schon am Wahltag verbreiteten sich Berichte über unhaltbare Zustände vor und in den Wahllokalen.
Gut ein Jahr später tagte der Verfassungsgerichtshof von Berlin in einem großen Hörsaal der Freien Universität. In öffentlicher Sitzung verhandelte er über die Einsprüche der Senatsverwaltung für Inneres sowie der Parteien AfD und Die PARTEI gegen die Gültigkeit der Berliner Wahlen.
Seine Präsidentin Ludgera Selting begründete die erste rechtliche Einschätzung des Verfassungsgerichtshofes damit, dass bereits die Vorbereitung der Wahl den rechtlichen Anforderungen voraussichtlich nicht genügt. Jeder wahlberechtigte Bürger müsse am Wahltag die Möglichkeit haben, eine vollständige und gültige Stimme unter zumutbaren Bedingungen in Präsenz abzugeben.
Am 26. September 2021 sei es aber zu unzumutbar langen Wartezeiten vor den Wahllokalen, zur zeitweisen Schließung von Wahllokalen und zur Austeilung von zu wenig oder falschen Stimmzetteln gekommen. Es hätten „teilweise chaotische“ Zustände geherrscht. Viele Wahllokale seien „völlig überlastet“ gewesen. Zudem habe ein Teil der Wählenden ihre Stimme abgegeben, während bereits erste Hochrechnungen in der Presse veröffentlicht wurden. Die aufgetretenen Wahlfehler seien nach dem jetzigen Stand der Beratungen auch mandatsrelevant. Zudem kritisierte die Präsidentin auch die lückenhafte Dokumentation der Vorgänge am Wahltag und bezeichnete diese als „die Spitze des Eisbergs“.
Laut Verfassungsgerichtshof spreche viel dafür, dass die Herstellung eines verfassungskonformen Wahlergebnisses nur durch eine vollständige Ungültigerklärung der Abgeordnetenhauswahl vom 26. September 2021 und der Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen erreicht werden könne. Die Integrität des Wahlergebnisses sei durch die Vielzahl und die Schwere der Wahlfehler insgesamt erheblich beschädigt. Tausende Wahlberechtigte seien betroffen.
Für den Bund der Steuerzahler stellt sich aber zusätzlich auch noch die Frage, welchen finanziellen Schaden die Verantwortlichen mit der verpatzten Wahl angerichtet haben. Im Doppelhaushalt waren für das Wahljahr 2021 immerhin 5,39 Millionen Euro für Wahlen eingeplant. In der Begründung wird auf die hohen Ausgaben für Porto und Wahlunterlagen für 2,5 Millionen Wahlberichtigte hingewiesen.
Auf der Einnahmenseite findet sich für das Jahr 2021 ein Ansatz von 3,865 Millionen Euro für die Wahlkostenerstattung des Bundes für die Durchführung der Bundestagswahl 2021. Sollte es also parallel aufgrund der Entscheidung der Wahlkommission des Deutschen Bundestages im nächsten Jahr zusätzlich auch noch zu einer ganzen oder teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl kommen, würde Berlin wohl bei einem zweiten Anlauf auf den Kosten sitzenbleiben.
Da der Berliner Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung am 16. November 2022 verkünden wird, ergibt sich als spätester Wahlsonntag der 12. Februar 2023 für die Wiederholung der Abgeordnetenhaus- und Bezirksverordnetenwahlen. Käme es auch noch zu einer Wahlwiederholung der Bundestagswahl, würde das voraussichtlich einen weiteren Wahltermin im nächsten Jahr erfordern.
Für die Steuerzahler bedeutet das, dass für zwei Wahltermine bis zu fünf Millionen Wahlbenachrichtigungen gedruckt, kuvertiert, frankiert und verschickt werden müssen. Für einen Teil der Wähler fallen Briefwahlunterlagen an, und in den Wahllokalen müssen ausreichend viele Wahlzettel vorrätig sein. Wahlhelfer müssen geschult werden und erhalten ein „Erfrischungsgeld“.
Wenn es vermutlich nach der Wahlwiederholung zu einer anderen Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses kommen wird, erhalten ausscheidende Abgeordnete ein Übergangsgeld und neue Abgeordnete wiederum Büroausstattungskosten ersetzt. Wählt das neue Abgeordnetenhaus dann einen neuen Regierenden Bürgermeister oder eine neue Regierende Bürgermeisterin, wird dieser oder diese voraussichtlich auch neue Senatoren ernennen, die erfahrungsgemäß wiederum die alten Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand versetzen, um ihre eigenen Gefolgsleute um sich zu scharren. Auch hier werden voraussichtlich erhebliche Übergangsgelder anfallen.
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, schätzt die unmittelbaren Gesamtkosten hierfür auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag, sieht aber noch weitere Kosten: „Die Reibungsverluste, die durch Wahlkampf und eine Regierungsneubildung in diesen Zeiten entstehen, dürften um einiges höher sein. Der Schaden für die Demokratie ist unermesslich.“
Update: Aus der Begründung zu dem am 14. November 2022 vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Nachtragshaushalt geht hervor, dass der Senat mit Kosten für die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus, den Bezirksverordnetenversammlungen sowie zur Bundestagswahl 2023 mit Kosten in Höhe von 39 Millionen Euro rechnet. Das übertrifft die Schätzungen des Bundes der Steuerzahler auf Basis der vorangegangenen Haushalte deutlich. Hier dürften insbesondere höhere Papierkosten, die Erhöhung der Wahlhelfer und der Erfrischungsgelder eine Rolle spielen. Am 16. November 2022 hat der Verfassungsgerichtshof von Berlin die Wahlen zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Berliner Bezirksverordnetenversammlungen vom 26. September 2021 insgesamt für ungültig erklärt.