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Verkauf von Hilfsmitteln für blinde und sehbehinderte Menschen: Kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb

03.02.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/15053

Der Verkauf von Waren ist grundsätzlich eine typische Handelstätigkeit, die nicht die Voraussetzungen eines steuerlich privilegierten Zweckbetriebs im Sinne des § 68 Nr. 4 Abgabenordnung (AO) erfüllt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Die Klägerin, die Waren für blinde und sehbehinderte Menschen verkauft, hatte sich mit einer Konkurrentenklage gegen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die durch den Beigeladenen erbrachten Leistungen gewandt. Der Beigeladene ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen blinder und stark sehbehinderter Menschen vertritt. In diesem Zusammenhang verkaufte der Beigeladene – ebenso wie die Klägerin – Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft, auf Messen und über das Internet.

Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht (FG) hatten die Umsätze des Beigeladenen gemäß § 12 Absatz 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) als Leistungen einer Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgt, mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Zu den steuerlich begünstigten Zweckbetrieben gehören gemäß § 68 AO unter anderem Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalten werden.

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben, weil es die Konkurrentenklage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen habe. Das FG habe die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und deshalb die Leistungen des Beigeladenen zu Unrecht als umsatzsteuerbegünstigt beurteilt. Der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln sei nicht begünstigt, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergeht.

Eine Blindenfürsorge im Sinne des § 68 Nr. 4 AO könne dagegen vorliegen, wenn zum Beispiel neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere – fürsorgeorientierte – Hilfestellungen gegeben werden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen. Ob das der Fall ist, müsse das FG nun im zweiten Rechtsgang klären.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2022, V R 12/20

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