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Unterrichtsausfall: Kein Anspruch auf lehrplanmäßigen Unterricht bei Lehrermangel

03.02.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/15041

Schüler haben keinen Anspruch auf lehrplanmäßigen Unterricht, wenn dieser wegen Lehrermangels nicht möglich ist. Das hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in einem wegen Unterrichtsausfalls angestrengten Eilrechtsstreit entschieden und die von neun Schülern und Schülerinnen erhobenen Beschwerden zurückgewiesen. Die Gestaltung des Schulunterrichts stehe immer unter dem Vorbehalt des Möglichen.

Die Antragsteller und Antragstellerinnen besuchen die 8. Klasse des französisch-bilingualen Zweiges eines staatlichen Gymnasiums. Durch den Ausfall von Schulstunden wegen Lehrermangels sehen sie sich in ihrem durch das Grundgesetz und die Thüringer Verfassung geschützten Recht auf Bildung verletzt. Insbesondere befürchten sie, wegen des Stundenausfalls in den bilingual unterrichteten Fächern die Anforderungen für den Erwerb des Europäischen Exzellenzlabels "CertiLingua" zu verfehlen, und wollen Nachteile für die besondere Leistungsfeststellung in der Klassenstufe 10 und die spätere Abiturprüfung abwenden. Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens begehrten sie deshalb, den Freistaat Thüringen zu verpflichten, den Unterricht nach dem ungekürzten Stundenplan abzusichern.

Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht Weimar hat den Eilantrag abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Thüringer OVG nun zurückgewiesen. Die Antragsteller und Antragstellerinnen hätten keinen Anspruch auf Unterricht entsprechend dem ungekürzten Stundenplan der 8. Klasse glaubhaft gemacht. Das Zertifikat "CertiLingua" gehöre nicht zum Bildungsgang des Gymnasiums im bilingualen Zweig und werde ausschließlich im außerschulischen Bereich vergeben. Der bilinguale Zweig stelle demgegenüber in Thüringen ein rechtlich anerkanntes Schulprofil mit dem Ziel der Begabtenförderung dar. Aber auch daraus folge kein Anspruch auf Erteilung unverkürzten Unterrichts. Der Staat komme seiner Verpflichtung aus dem verfassungsrechtlich abgesicherten Recht auf Bildung nach, wenn er das Schulwesen so plane und organisiere, dass allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten offenstehen.

Bei der Festlegung der Schulorganisation, der Erziehungsprinzipien und Unterrichtsgegenstände habe der Staat eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die auch im Hinblick auf die personelle und sächliche Ausstattung immer unter dem Vorbehalt des Möglichen stehe und der elterlichen Bestimmung grundsätzlich entzogen sei. Eltern und Schüler könnten deshalb grundsätzlich keine bestimmte, ihren Wünschen entsprechende Gestaltung des Schulunterrichts verlangen. Anlass zu gerichtlichem Einschreiten sei erst dann gegeben, wenn es die Schulverwaltung in Fällen von Unterrichtsausfall unterlasse, zeitnah die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen des Möglichen zu ergreifen, so das OVG.

Aufgrund des Vortrags des Antragsgegners habe das Gericht indes keinen Zweifel daran, dass die Schulverwaltung alle Anstrengungen unternehme, um den in den Rahmenstundentafeln vorgesehenen Unterricht so weit wie möglich abzudecken. Da eine Französischlehrerin an die Schule befristet abgeordnet sei, könne den Antragstellern und Antragstellerinnen zumindest für den Zeitraum der Abordnung der bilinguale Unterricht wieder erteilt werden. Es sei auch davon auszugehen, dass der in der Rahmenstundentafel vorgesehene Geographieunterricht im zweiten Schulhalbjahr 2022/23 abgedeckt werden könne. Der bemängelte Unterrichtsausfall sei im Wesentlichen auf einen in Thüringen (und auch bundesweit) bestehenden erheblichen Lehrermangel zurückzuführen, dem aber nur mittelfristig bis langfristig abgeholfen werden könne.

Soweit der bestehende Lehrermangel auf Versäumnisse in der Vergangenheit zurückzuführen sei, ändere dies nichts daran, dass der Antragsgegner glaubhaft gemacht habe, dass die für die Einhaltung der Rahmenstundentafeln benötigten personellen Kapazitäten aktuell nicht vorhanden seien, so das OVG. Das zeige allenfalls dringlichen Handlungsbedarf seitens des Antragsgegners auf.

Oberverwaltungsgericht Thüringen, Beschluss vom 30.01.2023, 4 EO 614/22, unanfechtbar

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