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Umsatzsteuer: Bundesrechnungshof mahnt Reform an
Der Bundesrechnungshof (BRH) hält eine Reform der Umsatzsteuer für dringend geboten. Für jede Dienstleistung oder verkaufte Ware im Inland falle Umsatzsteuer an. Diese Steuer trügen die Endverbraucher – also die Bürger. Verschiedene Steuersätze und Ausnahmeregelungen führten zu einer hohen Intransparenz, steigenden Subventionen und förderten Anreize zum Steuerbetrug.
Grundsätzlich gelte für die Umsatzsteuer ein allgemeiner Steuersatz von 19 Prozent, erläutert der BRH. Der Gesetzgeber habe allerdings für eine Reihe von Umsätzen einen ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent festgelegt. Ein gutes Beispiel sei der klassische "Coffee to go". Abhängig vom Milchanteil werde dieser unterschiedlich besteuert.
Die Liste der Ausnahmen zum ermäßigten Steuersatz wachse kontinuierlich, kritisiert der BRH. Schwimmbäder, Brennstoffe, Beherbergungen, Verkehrsmittel – für kaum eine Kategorie gelte ein einheitlicher Steuersatz. Die Regelungen seien kompliziert. Sie führten vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten und widersprüchlichen Ergebnissen und beschäftigten seit Jahren nationale und europäische Gerichte.
Im Jahr 2022 hätten vier der ermäßigt besteuerten Umsatzkategorien zu den zehn größten Steuervergünstigungen überhaupt gehört: Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme von Getränken) mit 3,1 Milliarden Euro, kulturelle Leistungen mit drei Milliarden Euro, Beförderungsleistungen im öffentlichen Personenverkehr mit 1,9 Milliarden Euro und Beherbergungsleistungen mit 1,4 Milliarden Euro. Die jährliche steuerliche Begünstigung durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz betrage fast 35 Milliarden Euro.
Jedes Unternehmen entscheide dabei für sich, ob es die Steuerersparnis an die Endverbraucher weitergibt. Ob die Endverbraucher von der Ermäßigung profitieren, sei daher ungewiss. Der Bund subventioniere so einzelne Wirtschaftszweige zulasten der Allgemeinheit, kritisiert der BRH. Er fordere daher bereits seit 2010 eine umfassende Reform der Umsatzsteuer. Bisher fehle allerdings der politische Wille, etwas zu verändern.
Die Europäische Union habe für alle Mitgliedstaaten eine Richtlinie zur Neuregelung der Umsatzsteuersätze verabschiedet. Der BRH fordere in diesem Zusammenhang eine grundsätzliche Überarbeitung der Ausnahmeregelungen mit dem Ziel einer einfachen und klaren Umsatzsteuersystematik. Intransparente Steuerermäßigungen und ungerechtfertigte Subventionen müssten abgeschafft werden. Steuerermäßigungen sollten auf den Bereich der Grundversorgung beschränkt und keine Klientelpolitik zulasten der Allgemeinheit betrieben werden.
Bundesrechnungshof, PM vom 31.01.2023