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Bund der Steuerzahler stellt 50. Schwarzbuch vor
Statement von Dr. Aloys Altmann zur Vorstellung des Schwarzbuches am 19. Oktober 2022 in Kiel
Es gilt das gesprochene Wort!
Statement von Dr. Aloys Altmann zur Vorstellung des Schwarzbuches am 19. Oktober 2022 in Kiel
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zu unserem Pressegespräch über das Schwarzbuch 2022/2023. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns über dieses Dauerthema zu sprechen.
Das heute vorgestellte Schwarzbuch erscheint bereits im 50. Jahr in Folge, ohne dass das Thema an Aktualität verloren hat. Wir haben das Jubiläum zum Anlass genommen, in einem redaktionellen Kapitel auf 50 Jahre Einsatz gegen die Steuergeldverschwendung zurück zu blicken. Sie finden darin Daten zur Entwicklung, Presse- und Politikerstimmen sowie Hintergrundberichte, wie wir die Fälle recherchieren und auswählen. Seit einigen Jahren betreiben wir zusätzlich zu der jährlichen Print-Ausgabe unserer Online-Plattform www.schwarzbuch.de. Diese ermöglicht uns, auch unterjährig neue Fälle einzustellen oder Aktualisierungen vorzunehmen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, mit den Autoren der Fälle in direkten Kontakt zu treten oder Kommentare abzugeben.
In Ihren Unterlagen finden Sie das aktuelle Schwarzbuch in der gedruckten Form mit einem Auszug aller Fälle aus Schleswig-Holstein. Insgesamt hat unsere Redaktion wieder 100 exemplarische Verschwendungsfälle aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengetragen. Acht davon sind in Schleswig-Holstein verortet. Ein zusätzliches Beispiel, das Sie ebenfalls in der schriftlichen Aufstellung finden, erscheint nur in der Online-Ausgabe.
Ich möchte deshalb darauf verzichten, Ihnen alle Verschwendungsfälle noch einmal vorzutragen. Tiefer eingehen will ich nur auf die Kooperation der deutschen Marine mit Norwegen bei dem künftigen Bau und Betrieb der U-Boote. Wir haben diesen Fall als Erfolg unserer Arbeit gewertet, weil wir in unserem Schwarzbuch 2018 sehr kritisch dargestellt haben, dass von den sechs hochmodernen deutschen Brennstoffzellenbooten über Monate nicht ein einziges für Einsatzoperationen zur Verfügung stand. Die Gründe lagen damals in nicht vollständig ausgebildeten Besatzungen, fehlenden Ersatzteilen und langen Reparaturzeiten. Möglicherweise erinnern Sie sich daran, dass uns damals vom Pressezentrum der Marine eine mangelhafte Recherche und die Verbreitung falscher Zahlen vorgeworfen worden war, obwohl wir nur Daten verwendet haben, die den offiziellen Berichten und Presseveröffentlichungen der Bundeswehr zu entnehmen waren. Umso mehr freuen wir uns heute, dass es offenbar gelungen ist, gemeinsam mit Norwegen einen Weg zu finden, wie die Einsatzbereitschaft der deutschen U-Boote verbessert werden kann. Mit einem Stückpreis von über 1 Milliarde Euro gehören die Boote zu den teuersten Rüstungsgütern der Bundeswehr. Gleichzeitig sind sie in der aktuellen Krisensituation extrem wertvolle Einsatzmittel, die über eine hohe Verfügbarkeit verfügen müssen.
Vor einem guten Monat haben wir uns anlässlich unserer Delegiertenversammlung sehr intensiv mit dem 100-Milliarden-Euro schweren Rüstungspaket für die Bundeswehr beschäftigt. Ohne Frage müssen die Ausstattungsdefizite der Bundeswehr dringend ausgeglichen werden. Und der Umfang des jetzt beschlossenen Sondervermögens reicht noch lange nicht aus, die Zusage gegenüber der NATO zu erfüllen, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Bündnis- und Landesverteidigung aufzuwenden. Wir kritisieren allerdings die Finanzierung über ein Sondervermögen, dessen Begriff verschleiert, dass es sich tatsächlich um neue Schulden handelt. Die Rüstungsausgaben müssen durch Umschichtungen im Bundeshaushalt finanziert werden. Und es muss, das haben wir im letzten Monat auch festgestellt, grundlegende Reformen bei der Beschaffung und Verwaltung der Bundeswehr geben. Das Negativbeispiel und „Dauergast“ in den vergangenen Schwarzbüchern, die Sanierung der Gorch Fock, die von geplanten 10 Millionen Euro auf 135 Millionen Euro und eine sechsjährige Werftzeit explodiert ist, darf sich bei den anstehenden Rüstungsprojekten nicht wiederholen, sonst können wir die angestrebte Verbesserung der Wehrfähigkeit nicht erreichen!
Große Sorgen macht uns derzeit der Anstieg der Staatsverschuldung in Deutschland: Die gesamtstaatliche Verschuldung ist in den letzten zwei Jahren um rund 422 Milliarden Euro gewachsen - allein dieser Zuwachs beträgt mehr als 5000 Euro pro Bürger! Die Politiker versuchen, die Auswirkungen der aktuellen Krisen für die Bürger durch immer größere Ausgabeprogramme abzumildern. Dabei gelingt es schon lange nicht mehr, diese Hilfsmaßnahmen zielgerichtet denjenigen zukommen zu lassen, die tatsächlich Unterstützung benötigen. Zusätzliche Steuergeldverschwendung ist dadurch vorprogrammiert, wenn mit immer größeren Gießkannen ein Entlastungspaket nach dem nächsten über das Land ausgeschüttet wird. Das zeigen nicht nur die erschreckenden Beispiele von vielen Millionen Euro für Coronatests, die nie durchgeführt wurden und Liquiditätshilfen für Unternehmen, die nur gegründet wurden, um eben diese Fördermittel abzugreifen. Die gerade erst veröffentlichte Strukturanalyse des Instituts für Weltwirtschaft hier in Kiel hat ergeben, dass der Bund allein im Jahr 2021 87,2 Milliarden Euro für Finanzhilfen ausgegeben hat. Damit ist der Bundeshaushalt zu fast einem Fünftel ein Subventionshaushalt. Und dieses Geld kommt eben gerade nicht besonders notleidenden Unternehmen und Bevölkerungsgruppen zugute. So haben nach unseren Berechnungen neunzehn der zwanzig größten Dax-Unternehmen Finanzhilfen des Bundes in Höhe von 1,1 Milliarden Euro bewilligt bekommen. Gerade erst hat die EU-Kommission einen Bundeszuschuss in Höhe von 134 Millionen Euro an die BASF AG genehmigt. Diese Gesellschaft hat im zweiten Quartal 2022 einen operativen Unternehmensgewinn von 2,3 Milliarden Euro veröffentlicht.
Ein schlechtes Beispiel für eine völlig verantwortungslose Verschuldungspolitik bietet aber auch der Landtag von Schleswig-Holstein. Ende 2021 haben die Landtagsabgeordneten mit Verfassungsmehrheit eine Notkreditermächtigung über die Schuldengrenze hinaus in Höhe von 5,75 Milliarden Euro bewilligt. Kreditermächtigung bedeutet haushaltstechnisch, dass es der Landesregierung überlassen bleibt, bis zu dieser Höhe zusätzliche Kredite aufzunehmen. In einem von uns in Auftrag gegebenen Gutachten hat der Kieler Verfassungsrechtler Professor Dr. Florian Becker zweifelsfrei festgestellt, dass diese Kreditermächtigung verfassungswidrig war. Gründe sind die mangelnde Zweckbindung, die Verwendung für die Ansparung von Rücklagen sowie ein fehlender zeitlicher Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie. Wie recht wir mit dieser Einschätzung hatten, zeigt die Feststellung der Landesregierung vom August 2022, dass 2,1 Milliarden Euro diese Kreditermächtigung überhaupt nicht benötigt würden. Im April hatte man aber bereits 400 Millionen Euro schlichtweg umgewandelt in einen neuen Notkredit für die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Konfliktes. Jetzt will man mit dem dritten Nachtragshaushalt diese Summe für die Bewältigung der im Winter anstehenden Energiekrise verwenden.
Völlig vergessen wird dabei, dass ein Einsatz der Kreditermächtigung eben immer auch gleichbedeutend ist mit einer zusätzlichen Schuldenaufnahme. Die Förderung von Energie- und Schuldenberatung sowie eine Unterstützung von Sportvereinen mag sinnvoll und berechtigt sein, aber dann muss sie eben durch Einsparungen in anderen Bereichen finanziert werden. Eine Kreditaufnahme bedeutet immer, dass wir zu Lasten künftiger Generationen leben. Oder plakativ ausgedrückt: Damit wir es in diesem Winter warm haben, müssen unsere Kinder und Enkelkinder die Schulden zurückzahlen! Künftige Steuerzahler also, die sich weder wehren können noch wählen dürfen. Und wissen wir, ob unsere Kinder und Enkelkinder nicht eventuell neue, noch viel größere Krisen zu bewältigen haben, für die wir Ihnen keine Handlungsspielräume zurücklassen?
Für uns Steuerzahler ist es im Übrigen vollkommen egal, welche staatliche Ebene Aufgaben übernimmt und die Ausgaben trägt. Das ganze Gezerre zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bei der Finanzierung von Hilfsprogrammen geht also vollkommen am Thema vorbei. Es sind immer wir Steuerzahler, die am Ende die Zeche zahlen müssen. Derzeit ist es vor allem der Bund, der massiv zusätzliche Schulden aufnimmt. Das Land Schleswig-Holstein rechnet für das laufende Jahr mit den höchsten Steuereinnahmen seiner Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Und auch die Kommunen haben insgesamt im letzten Jahr Überschüsse von 3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dennoch ist es üblich geworden, mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, wenn man wieder einen Vorschlag hat, wofür noch zusätzlich Geld ausgegeben werden sollte.
Als kleines typisches Beispiel möchte ich Ihnen den Nahverkehr in Kiel nennen: Derzeit können nicht alle Verbindungen bedient werden, weil durch hohe Krankenstände und fehlende Nachwuchskräfte Personal fehlt. Sofort haben Kieler Stadtpolitiker gefordert, mehr Busfahrer einzustellen und dafür die Vergütung deutlich anzuheben, um den Job attraktiver zu machen. Bezahlen soll das der Bund. Die gleichen Kommunalpolitiker haben aber auch gefordert, als Nachfolger für das sogenannte 9-Euro-Ticket jetzt ein 30-Euro-Ticket zu schaffen. Die Differenz zum derzeitigen Preis einer Monatskarte in Kiel (rund 45 Euro) soll - Sie ahnen es schon - der Bund tragen. Und gerade erst vor zwei Wochen hat man sich dafür entschieden, in Kiel wieder eine Stadtbahn bauen zu wollen. Auch diese soll selbstverständlich vom Bund finanziert werden. Mit keinem Wort wird auch nur die Möglichkeit erwähnt, Eigenmittel beizusteuern, die man durch Umschichtungen im eigenen Haushalt gewinnen müsste. So werden sich die Probleme nicht lösen lassen, denn alle Wünsche gleichzeitig zu erfüllen, ist schlichtweg unmöglich. Und ich sagte bereits, bezahlen muss das ohnehin der gleiche Steuerzahler!
Dieses Verhalten, finanzielle Unterstützung von anderen zu fordern, haben unsere Politiker aber auch selbst befeuert. Wer in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, die aktuelle Krisensituation könnte ohne persönliche Einschränkungen bei allen Bürgern durch politische Entscheidungen bewältigt werden, handelt fahrlässig. Denn klar ist, ein eingeschränkter Welthandel führt immer auch zu Wohlstandsverlusten bei uns. Will man diese von den Endverbrauchern und Bürgern auf die Steuerzahler verlagern, heißt das nichts anderes, als dass man das Loch der linken Tasche aus dem der rechten Tasche füllen will. Das ist Illusionen! Geweckt werden durch solche illusionären Vorstellungen aber alle Lobbyisten und Interessenvertreter, die die Chance wittern, jetzt lang gehegte Wünsche öffentlich platzieren zu können. Man muss ihnen nur den Anstrich der Krisenbewältigung, der Bekämpfung des Klimawandels oder der Energieeinsparung geben. Und schon findet man Politiker, die diese Forderung zu ihren eigenen machen. Dieses Verhalten des Handaufhaltens muss abgestellt werden!
Auch wir verkennen nicht, dass es Gruppen in unserer Gesellschaft gibt, die von den aktuellen Krisen besonders betroffen sind. Ihnen muss zielgerichtet geholfen werden, aber nur dann, wenn sie sich nicht selber helfen können. Und längst nicht jeder Rentner und jeder Student ist damit auch gleich finanziell notleidend. Es gibt Rentner, die über weitere Einkünfte und Vermögen verfügen und es gibt Studenten, deren Eltern sehr wohl in der Lage sind, die Gas- und Stromrechnung ihrer Kinder zu begleichen. Ohne konsequente Bedürfnisprüfungen darf es keine öffentlichen Hilfszahlungen geben!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.