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"Schnelles Handeln ist gefragt!"
BdSt-Präsident Reiner Holznagel betont im Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung die Bedeutung finanzieller Hilfen für Bürger und Betriebe in Corona-Zeiten. Zur Bewältigung der Krise brauche es jedoch keine Euro-Bonds.
Herr Holznagel, der Bund nimmt wieder Schulden in Rekordhöhe von 156 Milliarden Euro auf. In der Corona-Krise führt am Abschied von der Schwarzen Null kein Weg vorbei, oder?
Holznagel: Keine Frage, die Schwarze Null ist das haushaltspolitische Maß, wenn die Konjunktur läuft. Klar ist aber auch, dass wir uns jetzt in einer Krise befinden, in der dieses Maß hintansteht. Jetzt ist die Zeit der grundgesetzlichen Schuldenbremse, die derzeit erfolgreich zeigt, dass sie gut funktioniert und dem Staat weitreichende Handlungsmöglichkeiten einräumt, um gegen die Folgen der Corona-Krisen anzugehen. Die Verschuldungs-Optionen der Schuldenbremse – verbunden mit verbindlichen Tilgungsplänen – sollten alle Kritiker verstummen lassen, die diese Schuldenbremse am liebsten komplett abschaffen wollen.
Die Schuldenuhr dreht sich nun wieder in die andere Richtung. Sind die Zeiten der Konsolidierung nun auf Dauer vorbei?
Holznagel: Die enorme Neuverschuldung von Bund und Ländern wird uns noch lange begleiten, die öffentlichen Haushalte werden dies über viele Jahre hinweg spüren. Die Krise wird aber ein Ende haben – deshalb muss auch der aktuellen Schulden-Politik einmal ein Ende gesetzt werden. Das heißt: Wenn sich die konjunkturelle Lage wieder stabilisiert, müssen die krisenbedingten Schulden abgebaut und dann auch die Schwarze Null erneut in Angriff genommen werden. Eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gehört dazu – und Prioritäten in der Ausgabenpolitik sind dann noch mehr gefragt als heute!
Bund und Länder helfen der Wirtschaft mit Milliarden-Paketen. Drohen da nicht Mitnahme-Effekte und Missbrauch?
Holznagel: Das wird sich vermutlich nicht bei jedem Fall vermeiden lassen. Doch derzeit ist schnelles Handeln gefragt – Betriebe, Kleinstunternehmer und viele Familien brauchen die finanziellen Hilfen jetzt! Wenn die Bewilligungswelle der Soforthilfen abebbt, sollte jedoch eingehend geprüft werden, ob die gewährte Unterstützung berechtigt war. Generelle Blankoschecks im Nachhinein darf es nicht geben – dafür ist das Ausmaß der aktuellen Neuverschuldung zu hoch, für deren Rückführung künftig ja alle Steuerzahler aufkommen.
Die EU-Partner streiten über die Einführung von Euro-Bonds. Braucht es jetzt nicht solche Solidarität zur Bewältigung der Krise?
Holznagel: Europäische Solidarität ist derzeit wichtig. Europäische Solidarität muss auch sichergestellt werden – aber bitte mit den Instrumenten, die schon zahlreich vorhanden sind und notfalls verstärkt werden können. Ich verweise auf die Europäische Zentralbank, die 750 Milliarden Euro an Liquidität für Staaten, Unternehmen und Banken zur Verfügung stellt. Der Euro-Rettungsschirm hat mehr als 400 Milliarden Euro verfügbare Mittel, und die Europäische Investitionsbank mobilisiert gerade 40 Milliarden Euro im Kampf gegen die Corona-Krise.
Wer jetzt die Einführung von zusätzlichen Euro-Bonds fordert, hat anderes im Sinn – und zwar die dauerhafte Verlagerung von Schuldenrisiken über die Zeit der akuten Corona-Krise hinaus auf die finanzstarken Länder in Europa und vor allem Deutschland. Wir fordern weiterhin, dass jeder Euro-Staat weiterhin für seine Fiskal- und Wirtschaftspolitik eigenverantwortlich bleibt. Durch die Hintertür eingeführte Eurobonds oder jede andere Form der Vergemeinschaftung von Schulden laufen diesem Grundsatz zuwider, der von Anfang an eine tragende Säule der Wirtschafts- und Währungsunion ist. Auch in der Corona-Krise brauchen wir unser bewährtes Ordnungssystem, Grundsätze dürfen nicht wahllos über Bord geworfen werden!
Die Fragen stellte Andreas Herholz.