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Säumige Grundsteuer-Erklärungen: Jetzt schätzt das Finanzamt
Rund 770.000 Grundsteuererklärungen fehlen in NRW noch. Das heißt: Sie wurden auch nach Fristende nicht abgegeben. Nachdem die Behörden säumige Grundstückseigentümer angemahnt haben, beginnt nun das große Schätzen: Die Finanzämter schätzen bis Jahresende nach Aktenlage. Zudem kann ein Verspätungszuschlag fällig werden.
Ob das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen geschätzt hat, lässt sich regelmäßig den Erläuterungen am Ende des Steuerbescheides entnehmen, dort heißt es zum Beispiel: „Die Besteuerungsgrundlagen wurden gemäß § 162 der Abgabenordnung geschätzt, weil Sie trotz Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben haben.“
Was säumige Grundstückseigentümer jetzt tun sollten:
- Wer seine Grundsteuererklärung jetzt schnell abgibt, kann der amtlichen Festlegung entgehen – und kommt somit sehr wahrscheinlich besser weg, als würde nach reiner Aktenlage geschätzt. Die Finanzämter dürfen sich nämlich bei einer Schätzung bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen, bei steuermindernden Besteuerungsgrundlagen an der unteren Grenze des Schätzungsrahmens bewegen, damit die mit der Schätzung verbundene Unsicherheit nicht zu Lasten des Finanzamts geht. So oder so sollte man die Erklärung zügig erstellen, denn:
- Flattert der Grundsteuerwertbescheid auf Basis der behördlichen Schätzung ins Haus, sollte man fristgerecht innerhalb der Monatsfrist Einspruch einlegen und die eigene Erklärung zusammen mit dem Einspruch einreichen. „Nachdem bereits die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung überschritten ist, werden die Finanzämter keine weiteren Fristverlängerungen einräumen“, erklärt Michaela van Wersch, Steuerexpertin beim Bund der Steuerzahler NRW.
Grundsteuer-Reform
Die Grundsteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. Sie beträgt laut Finanzministerium rund 15 Mrd. Euro jährlich bundesweit. Die Berechnung der Grundsteuer basiert derzeit auf Grundstückswerten, die Jahrzehnte alt sind: Im Westen werden Grundstückswerte aus dem Jahr 1964 zugrunde gelegt, in Ostdeutschland sogar aus dem Jahr 1935. Das Bundesverfassungsgericht hat das bisherige System der Grundsteuerbewertung allerdings nicht wegen veralteter Zahlenwerte, sondern wegen des Verstoßes gegen das Gebot der Gleichbehandlung für verfassungswidrig erklärt. Das war im Jahr 2018. Als Übergangsfrist kann die Grundsteuer noch bis zum 31.12.2024 wie gehabt erhoben werden. Ab dem 1.1.2025 wird dann die auf Basis der neuen Werte berechnete Grundsteuer gezahlt.
Die Grundsteuer berechnet sich auch zukünftig in drei Schritten: Wert des Grundbesitzes x Steuermesszahl x Hebesatz.
Neu ist die Grundsteuer C: „Künftig können Gemeinden für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt. Diese sogenannte Grundsteuer C verteuert damit die Spekulation und schafft finanzielle Anreize, auf baureifen Grundstücken tatsächlich auch Wohnraum zu schaffen“, so das Bundesfinanzministerium.
Kritik des BdSt NRW:
1.) Der Zeitraum für die Abgabe der Grundsteuererklärung war zu gering. Auch die durch den BdSt bewirkte dreimonatige Fristverlängerung bis Ende Januar 2023 reichte nicht. Selbst die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die dem Bundesfinanzministerium untersteht, konnte Grundsteuererklärungen für über 10.000 Liegenschaften nicht rechtzeitig bei den Finanzämtern einreichen und hat eine Fristverlängerung bis Ende September dieses Jahres erhalten.
2.) Die Grundsteuerreform ist ein Digitalisierungsprozess zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Daten, die bereits an verschiedenen Stellen hinterlegt waren, wurden nicht via digitaler Schnittstellen zusammengeführt, sondern die Steuerzahler mussten die Werte sammeln, bündeln und – nicht ganz einfach – online eintragen.
3.) Die Grundsteuerwertbescheide hätten vorläufig ergehen sollen. Das hatte der BdSt NRW in einer Verbände-Allianz mit Deutscher Steuer-Gewerkschaft NRW, Haus&Grund NRW und dem Verband Wohneigentum NRW sowie den Steuerberaterverbänden Düsseldorf, Köln und Westfalen-Lippe bereits im Januar 2023 von Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk gefordert. Die Vorläufigkeit hätte den Eigentümern Rechtssicherheit gegeben und die Finanzbehörden vor der Einspruchswelle bewahrt. Derzeit ist es so, dass die Grundlagenbescheide nach vier Wochen rechtskräftig werden, wenn von dem betreffenden Eigentümer kein Einspruch eingelegt wird.
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