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Orphan-Drug-Marktexklusivität: Beinhaltet zivilrechtlichen Verbotsanspruch

07.08.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/18829

Die für das Patentrecht zuständige 21. Zivilkammer des Landgerichts (LG) München I hat ihre bereits erlassene einstweilige Verfügung wegen Verletzung des Rechts auf Marktexklusivität für seltene Leiden überwiegend bestätigt. Das Gericht hebt hervor, dass das Marktexklusivitätsrecht der maßgebliche Anreiz für Investitionen im Bereich der Orphan Drugs sei. Es beinhalte auch einen zivilrechtlichen Verbotsanspruch.

Der Begriff "Orphan Drug" steht für Medikamente, die für die Behandlung seltener Krankheiten vorgesehen sind. Sie werden auch als "Arzneimittel für seltene Leiden" bezeichnet. Diese Medikamente sind wegen ihres teilweisen sehr kleinen Marktes, da sie nur bei seltenen Erkrankungen zum Einsatz kommen, und wegen ihres daher geringen Umsatzes für die pharmazeutische Industrie nach Einschätzung der EU-Kommission nicht interessant.

Die von einem Wettbewerber im Arzneimittelsektor verklagten Pharmaunternehmen wurden im einstweiligen Rechtsschutz zur Unterlassung des Vertriebs ihres Medikaments für seltene Leiden ohne bestimmte, im Einzelnen im Tenor benannte begleitende Maßnahmen zum Schutz des Orphan-Drug-Marktexklusivitätsrechts der Verfügungsklägerin verurteilt.

Die Unternehmensgruppe der Verfügungsklägerin vertreibt ein Medikament, das für vier seltene Krankheiten zugelassen ist: die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH), das atypische Hämolytisch-Urämische Syndrom (aHUS), die refraktäre generalisierte Myasthenia Gravis (gMG), und Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD). Für drei der Krankheiten, nämlich aHUS, gMG und NMOSD hält sie neben der Marktzulassung auch Exklusivitätsrechte für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) 141/2000. Für die Krankheit PNH ist das Marktexklusivitätsrecht bereits abgelaufen.

Die Unternehmensgruppe der Verfügungsbeklagten hat für ihr Medikament, ein so genanntes Biosimilar zu dem Referenzprodukt der Klägerin, die Zulassung für die Indikation PNH erlangt und es auf den deutschen Markt gebracht. Nach Erlass der Beschlussverfügung wurde das Medikament wieder vom Markt genommen.

Zur Überzeugung der Kammer liegen die Voraussetzung für die Gewährung einer Unterlassungsverfügung vor.

Die Beklagtenseite hatte angeführt, dass die Orphan-Drugs-Verordnung nur ein (öffentlich-rechtliches) Zulassungsverbot ausspreche, aus dem sich kein zivilrechtlicher Verbotsanspruch gegen Wettbewerber herleiten lasse.

Die Kammer bejahte gleichwohl einen zivilrechtlichen Verbotsanspruch. Das Marktexklusivitätsrecht der Verordnung 141/2000/EG für Orphan Drugs ist nach der Überzeugung der Kammer ein absolutes, subjektives Recht. Inhalt des vom Verordnungsgeber gewährten Marktexklusivitätsrechts sei es jedenfalls auch, gegenüber Wettbewerbern Schutz vor Beeinträchtigungen oder Verletzungen der gewährten Marktexklusivität für Orphan Drugs zu gewähren. Nach dem Verständnis der Kammer wollte der Verordnungsgeber mit dem Marktexklusivitätsrecht eine über die bloße Zulassungssituation hinausgehende Rechtsposition schaffen. Das Marktexklusivitätsrecht sei nach der Verordnung der maßgebliche Anreiz für Investitionen im Bereich der Orphan Drugs. Das könne nur gelingen, wenn (über die regulatorische Zulassungssituation hinaus) dem Inhaber die Möglichkeit gegeben werde, individuell gegen Umgehungen seines Rechts vorzugehen.

Das LG der Auffassung, dass die Verfügungsbeklagten als so genannte mittelbare Handlungsstörer durch Empfehlungsschreiben einen adäquat-kausalen Beitrag für eine indikationsübergreifende Verwendung ihres Medikaments auch in den drei für die Unternehmensgruppe der Klägerin geschützten Indikationen gesetzt haben. Die von der Verfügungsklägerin glaubhaft gemachte Begehungsgefahr hätten die Verfügungsbeklagten bis zum maßgeblichen Schluss der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt. Rechtsfolge sei die Anordnung, das angegriffene Medikament nicht ohne bestimmte, im Tenor benannte Schutzmaßnahmen zu vertreiben.

Landgericht München I, Urteil vom 04.08.2023, 21 O 6235/23, nicht rechtskräftig

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