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NPD-Kandidatur eines Beamten: Rechtfertigt Aberkennung des Ruhegehalts
Einem Beamten, der für die NPD kandidiert, ist wegen Verstoßes gegen die beamtenrechtliche Pflicht zur Verfassungstreue das Ruhegehalt abzuerkennen. Denn laut Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt macht eine solche Kandidatur das Engagement für eine verfassungsfeindliche Organisation nach außen sichtbar.
Der Beklagte war zunächst Berufssoldat und dann zunächst als Angestellter und später als Berufsbeamter bei der Bundeswehrverwaltung tätig. Seit April 2020 befindet er sich wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand. Im Rahmen eines gegen ihn 2016 eingeleiteten beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens wird ihm vorgeworfen, bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt für die NPD kandidiert und unter seinem Facebook-Profil öffentlich Beiträge gepostet zu haben, die Bezüge zum Rechtsextremismus enthielten. Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg hatte dem Beklagten deswegen das Ruhegehalt aberkannt – zu Recht, wie das OVG nun entschied. Denn durch die Kandidatur für die NPD habe der Ruheständler gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht zur Verfassungstreue verstoßen.
Beamte müssten sich zu der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und für sie einstehen. Dies sei beim Beklagten nicht der Fall. Die NPD strebe nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Das politische Konzept der NPD sei mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Mit der Kandidatur für die NPD bei der Landtagswahl 2016 habe der Beklagte sich danach für eine verfassungsfeindliche Organisation engagiert und seine Unterstützung dieser Organisation und deren Ziele für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht.
Darüber hinaus habe der Beklagte durch seine öffentlich einsehbaren Äußerungen auf seinem Facebook-Profil gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. Die öffentlichen Äußerungen des Beklagten seien gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet und dazu angetan, die Bundesrepublik Deutschland, ihre verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung zu diffamieren und lächerlich zu machen.
Im Rahmen der dem Gericht obliegenden Maßnahmenbemessung sei die Aberkennung des Ruhgehalts des Beklagten die gebotene Maßnahme, weil er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müsste. Durch sein schweres Dienstvergehen habe der Beklagte das Vertrauen seiner Dienstherrin – der Bundesrepublik Deutschland – und der Allgemeinheit endgültig verloren.
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.01.2023, 11 L 2/21, noch nicht rechtskräftig