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Internetportal der Stadt Dortmund: Verstößt nicht gegen Gebot der «Staatsferne der Presse»

03.08.2022, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/11263

Das Internetangebot einer Kommune (hier: der Stadt Dortmund) in Form eines Stadtportals, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Geschehen in der Stadt abrufbar sind, verletzt das Gebot der "Staatsferne der Presse" nicht, wenn sein Gesamtcharakter nicht geeignet ist, die Institutsgarantie der freien Presse aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) zu gefährden.

Die Klägerin ist ein Verlag, der neben Tageszeitungen in Form von Printmedien auch digitale Medien anbietet, darunter ein Nachrichtenportal. Die beklagte Stadt Dortmund betreibt ein Internetportal, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch redaktionelle Inhalte veröffentlicht werden. Nach der über das Internetportal abrufbaren Eigenwerbung soll es umfassend und aktuell über das Geschehen in der Stadt informieren.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie meint, das Internetportal überschreite die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit und sei deshalb nach § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit dem aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse wettbewerbswidrig.

Das Landgericht (LG) hat der Klage stattgegeben. Nach einer Gesamtschau der Beiträge in dem Internetportal überschritten die vorgehaltenen Inhalte die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des LG aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil sich bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht feststellen lasse, dass der Gesamtcharakter des Portals geeignet sei, die Institutsgarantie der freien Presse aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG zu gefährden.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Internetportal der beklagten Stadt verstoße in der von der Klägerin beanstandeten Fassung nicht gegen das aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse.

Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse seien bei gemeindlichen Publikationen unter Berücksichtigung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG und der daraus folgenden gemeindlichen Kompetenzen einerseits sowie der Garantie des Instituts der freien Presse des Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG andererseits zu bestimmen.

Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden fänden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, insbesondere in der Selbstverwaltungsgarantie des Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG. Die darin liegende Ermächtigung zur Information der Bürger erlaube den Kommunen allerdings nicht jegliche pressemäßige Äußerung mit Bezug zur örtlichen Gemeinschaft. Kommunale Pressearbeit finde ihre Grenze in der institutionellen Garantie des Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiert. Diese sei unabhängig davon einschlägig, dass die Klägerin nicht ein Druckerzeugnis der Beklagten, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstandet. Das Gebot der Staatsferne der Presse schütze auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann.

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen seien deren Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Dabei sei entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG zu gefährden. Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, sei das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung könne deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägen.

Die vom Berufungsgericht nach diesen Maßstäben vorgenommene Beurteilung des Internetportals der beklagten Stadt hat der BGH nicht beanstandet.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.07.2022, I ZR 97/21

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