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Ideen zur Rettung der Stadtteilzentren, Teil 6
Schon vor der Flutkatastrophe kursierte in Stolberg die Idee einer Innenstadtbelebung mit einem Outlet-Konzept. Man hatte eher Mode im Sinn, die Ansätze erschienen nicht vielversprechend. Nach der Flut ist die Idee eines Factory City Outlets entstanden. Eine gute Idee?
Döner. Entlang der Rathausstraße in der Stolberger Innenstadt fallen die zahlreichen Dönerläden auf. Aber nicht nur die. Auch die Leerstände und einige Baustellen. Etwas weiter, auf dem Steinweg, erkennt man zwar schöne alte Fassaden, vor allem hat auch hier die Flutkatastrophe mit voller Wucht Spuren hinterlassen. Viele Läden stehen leer oder Handwerker sind zugange.
Ein Wiederaufbau reicht nicht, für die Belebung der Innenstadt muss mehr passieren. Die Outlet-Idee keimte wieder auf, um „… klassischen Fabrikverkäufen eine neue Heimat zu bieten. Unser Ziel ist es, diese zu bündeln und Unternehmen von Bahlsen bis WMF einen zentral geführten Marktplatz zu bieten. Wir nutzen unsere historische Altstadt als Kulisse und binden das ganze Stadtgebiet ein. So entsteht ein deutschlandweit einzigartiges Projekt, das sich vom klassischen Outlet deutlich absetzt“, so die städtische Informationsbroschüre.
Die Entscheidung für das Factory City Outlet hat der Rat am 8. März 2022 getroffen. Alle Ratsparteien sollen sich einig sein. Dabei plant die Stadt für die Realisierung selbst keinen Kauf oder die Entwicklung von Immobilien. Sie sollen von den jeweiligen Eigentümern direkt an die Firmen vermietet werden. Die Stadt möchte die Rolle der Vermittlerin übernehmen. Dazu hat sie eine „Fabrikverkauf Stolberg Infrastruktur GmbH“ gegründet, zum vorläufigen Geschäftsführer wurde der Bürgermeister ernannt. Schnell wurde auch ein möglicher Nachfolger gefunden, der das Projekt vorantreiben sollte. Sein Name (und bisheriger Arbeitgeber) fiel regelmäßig in den örtlichen Medien. Der Grund, weshalb er schließlich abgesprungen ist, wird in Stolberg in unterschiedlichen Versionen erzählt. Nach Medienberichten soll es die Stadt monatelang nicht geschafft haben, ihm einen unterschriftsreifen Vertrag zu geben, außerdem habe es an Diskretion gemangelt. Der Name des Bürgermeisters fällt häufiger.
Umgedacht
Nachdem der erhoffte Geschäftsführer abgesagt hat, wurde die Reihenfolge geändert. Im Januar 2023 fing nach einstimmigem Ratsbeschluss ein spezialisiertes Beratungsunternehmen an und soll „das Projekt von allen Seiten unter die Lupe nehmen und einen Business-Plan für das geplante Outlet erstellen. (…) Auf dieser fundierten Grundlage entscheiden wir, wie und mit welchem passenden Geschäftsführer der für das Outlet gegründeten Gesellschaft es weitergeht. Die Ergebnisse erwarten wir im März“, so die Stadt.
Zwar hat sie nach eigenen Angabe bislang mehr als 80 Gespräche mit den Eigentümern der infrage kommenden Immobilien geführt und über das Projekt informiert. Ein Jahr nach dem Grundsatzbeschluss hatten viele allerdings mehr erwartet. Aus städtischer Sicht ist das jedoch eher unproblematisch, denn zumindest der Steinweg müsste bis zum Start saniert sein. Das ist noch nicht soweit, nach der Flut habe die Stadt die provisorische Reparatur der Straßen durchgeführt, um diese wieder befahrbar zu machen. „Die notwendigen Voraussetzungen für eine Sanierung der Haupteinkaufsstraße Steinweg (Planungsleistungen, Beteiligung von Bürgern und Politik, Ausschreibungen) benötigen notwendigerweise Zeit. Insofern ist der Beginn der Bautätigkeiten im Steinweg im Frühjahr dieses Jahres eine sehr zügige Umsetzung der Sanierung.“ Kritikern dauert das alles zu lange.
Die Kosten
Die Stadt trägt die Kosten der Geschäftsführung der gegründeten GmbH sowie deren Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro. 2022 standen zur Finanzierung der Gesellschaft 200.000 Euro im städtischen Haushalt bereit. In diesem und im nächsten Jahr sind es je 650.000 Euro, bis 2026 schmilzt der Betrag auf 200.000 Euro. Berücksichtigt seien Personal- und Marketingkosten sowie eine Gemeinkostenpauschale. Die veranschlagten Kosten seien absichtlich umfangreich angesetzt, um genügend „Puffer“ zu haben. Man nehme an, dass die Gesellschaft sich mit zunehmender Zeit immer mehr selbst trage. Ob das so kommt, bleibt abzuwarten.
Die Kosten für die Infrastruktur können der Idee nicht ohne weiteres zugerechnet werden. Auch nicht, wenn die Stadt den Wiederaufbau nutzt, um Verbesserungen gegenüber der Vergangenheit zu erzielen.
Factory City ist ein Element von mehreren zur Stolberger Innenstadtbelebung. Zum Beispiel sollen seit diesem Jahr das „Sofortprogramm Innenstadt“ des Landes NRW und ein eigens dafür eingestellter City Manager für mehr Belebung der Innenstadt sorgen. Die Stadt mietet darüber Ladenlokale von Eigentümern zu 70 Prozent der Altmiete, um sie für 20 Prozent an neue Nutzer unterzuvermieten. Das Land trägt im Wesentlichen die Differenz. Sofern das 2020 gestartete Programm nicht verlängert wird, endet es am 31. Dezember 2023. Darüber geförderte Umbaumaßnahmen kollidieren nicht mit den Wiederaufbauhilfen von Bund und Land, die Eigentümer auch bei Mietausfällen unterstützen. Mit der bereits fünften Auflage des eigenen „Förderprogramm Einzelhandel“ möchte die Stadt Anreize für die Neueröffnung, Neuansiedlung und Fortführung von Einzelhandelsbetrieben und sonstigen Gewerbebetrieben in der Innenstadt schaffen. Wer dafür einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hat oder wem eine Immobilie gehört, kann für drei Jahre einen Zuschuss erhalten.
Fazit
Aus Sicht der Bundes der Steuerzahler NRW ist der Ansatz „Factory City Outlet“ durchaus interessant und symphytisch, denn die Stadt Stolberg versucht nicht über gewaltige Steuermittel, sondern mit einer kreativen Idee ihr Zentrum zu beleben. Die Kosten dafür sind einigermaßen überschaubar und die Stadt zieht privates Unternehmertum einer eigenen größeren wirtschaftlichen Betätigung vor, indem sie sich auf eine vermittelnde Rolle beschränkt. Damit begrenzt sie das Risiko. Ein Erfolg wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Doch bei allem Verständnis für Pannen, Planungszeiten, Einbindung der Bürger und Wiederaufbau, jede Woche, die verloren geht, ist verloren und kostet nicht nur wegen der erheblichen Preissteigerungen unter dem Strich Steuergeld und wahrscheinlich Existenzen. Mit mehr Nachdruck könnte die Stadt weiter sein.
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