Grundsteuer-Ärger: Schon 350.000 Einsprüche
Ideen zur Rettung der Stadtteilzentren, Teil 2
Ideen zur Rettung der Stadtteilzentren, Teil 5
In Remscheid steht das alte SinnLeffers-Gebäude leer.
Eigentlich wollte die Stadt Remscheid von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und ein altes SinnLeffers-Gebäude kaufen. Doch der Kaufwunsch platzte, ein anderer Interessent kam zum Zuge. Nach über einem Jahr mühen sich Käufer und Stadt um eine einvernehmliche Lösung. Eine dringend notwendige Attraktivitätssteigerung der Alleestraße ist damit nicht in Sicht. Schon seit 2009 steht das alte SinnLeffers-Gebäude auf der Remscheider Alleestraße leer und verfällt. Das senkt zweifellos erheblich die Attraktivität dieses Teils der Shoppingmeile. Und es gibt weitere Probleme: „Die Innenstadt Remscheids ist in weiten Teilen funktionslos geworden und weist städtebauliche Missstände auf. Daher plant die Stadt Remscheid die Etablierung eines Sanierungsgebietes. Baustein ist darin der Erwerb einzelner Grundstücke, um in Eigenregie städtebauliche Impulse zu setzen, um die Funktionsfähigkeit der Innenstadt wieder zu erlangen“, so die Stadt.
2020 machte Remscheid dem Eigentümer des SinnLeffers-Gebäudes erfolglos ein Kaufangebot. 2021 wollte ein Projektentwickler das Gebäude für ein Seniorenheim kaufen. Für die Stadt bot sich eine Chance, denn sie hatte ein Vorkaufsrecht für das Gebäude. Von einem Notariat wurde die Stadt Remscheid zur Unterzeichnung einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung aufgefordert. Allerdings nicht formgerecht, es fehlte die Abschrift des Kaufvertrages des potenziellen Käufers. Die kam einen knappen Monat später. Ab diesem Tag tickte die Uhr für die Stadt, um ihr Vorkaufsrecht geltend zu machen. Wie gut, dass zwischen dem ersten und dem zweiten Schreiben des Notariats die gesetzliche Frist dafür von zwei auf drei Monate verlängert wurde. Fristende war also der 5. Oktober 2021. Nun musste die Stadt klären, wie die Verfahrenswege zur Ausübung des Vorkaufsrecht sind und prüfen, ob das Vorkaufsrecht überhaupt ausgeübt werden soll. Es bedurfte einer gutachterlichen Stellungnahme zur Angemessenheit des Kaufpreises, einer Begründung zur Ausübung des Vorkaufsrechts, einer Entwicklung eines planerischen Szenarios zur Umsetzung des Planungsziels inklusive einer Zwischenlösung, der Ermittlung der Abbruchkosten und der öffentlichen finan-ziellen Förderung, einer rechtlichen Würdigung der Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts, eines Anhörungsverfahrens für Käufer und Verkäufer, eines Ratsbeschlusses und eines rechtssicheren Bescheids zur Ausübung des Vorkaufsrechts. Dann musste geprüft werden, wie die Bescheide zum Projektentwickler und Verkäufer kommen sollten. Der Verkäufer saß in Luxemburg, der potenzielle Käufer in Deutschland. Da das Verwaltungszustellungsgesetz NRW keine Botenüberbringung ins Ausland vorsehe, entschied man sich für ein Einschreiben mit Rückschein, das am 30. September 2021 in die Post ging. Der Projektentwickler erhielt dass Schreiben fristgerecht. Leider war der Verkäufer am 4. Oktober 2021, dem Tag der Zustellung, nicht da. Seine Post holte er erst am 6. Oktober 2021 ab – und damit war die Frist verstrichen.
Sanierungsziel festgelegt.
Für die Stadt Remscheid war das eine peinliche und ärgerliche Pleite, schließlich wollte sie durch den Kauf mit Hilfe von Landesmitteln einen so genannten „Dritten Ort“ schaffen. Dritte Orte sind Plätze des Zusammentreffens und bieten Menschen die Möglichkeit der Begegnung mit Kunst und Kultur in ländlichen Räumen. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft fördert solche Orte der Begegnung. Die Stadt Remscheid hält auch heute noch an der städtebaulichen Zielsetzung „Dritter Ort“ für das Grundstück fest. Diese wurde nun auch als Sanierungsziel in einer Sanierungssatzung beschlossen. Die zwischenzeitliche Idee, das Grundstück für die Zentralbibliothek zu nutzen, ist damit aus dem Rennen, ebenso dürfte es für den Erwerber schwer werden, ein Seniorenheim oder etwas anderes dort umzusetzen.
Mit dem Käufer ist die Stadt sofort nach der Zustellungspanne in Verhandlungen getreten. Und auch nach über einem Jahr mühen sich beide um eine einvernehmliche Lösung. Die in den Medien kolportierten Preise will die Stadt nicht kommentieren, ebenso werden Informationen zu den Verhandlungen seitens der Stadt Remscheid grundsätzlich nicht öffentlich gemacht. Im Ergebnis steht das alte SinnLeffers-Gebäude weiter leer, und mit dem Beharren auf dem Projekt „Dritter Ort“ ist niemandem geholfen. Aus Sicht des BdSt NRW wäre es sinnvoller, wenn sich die Stadt gemeinsam mit dem Investor um eine „Dritte Lösung“ bemühen würde, um Investoren- und Stadtinteressen unter einen Hut zu bringen. Der Erwerb einzelner Grundstücke, um in Eigenregie städtebauliche Impulse zu setzen, ist nicht nur mit dem Einsatz vieler Millionen steuer- und schuldenfinanzierter Euro für Investitionen verbunden. Es hängen auch ein hohes Risiko und nicht zu unterschätzende Folgekosten damit zusammen. Remscheid muss zwar handeln, um die Innenstadt zu beleben. Aber eine Kooperation mit privaten Investoren würde deren Know-how einbeziehen und das Risiko vom Steuerzahler abwenden.
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