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Große Unterschiede bei Friedhofsgebühren in Rheinland-Pfalz
Steuerzahlerbund und Aeternitas legen Studie vor
Kommunen in Rheinland-Pfalz zeichnen sich durch eklatante Unterschiede bei den Friedhofsgebühren aus. Das hat eine aktuelle Studie des Steuerzahlerbundes und der Verbraucherinitiative Aeternitas ergeben, bei der die Friedhofsgebühren der 50 größten Städte und Gemeinden untersucht wurden. Beide Organisationen mahnen eine wirtschaftliche Friedhofsführung, eine gerechte Gebührenkalkulation und mehr Transparenz an.
Städte und Gemeinden legen ihre Friedhofsgebühren selbst fest. Unterschiedlich hohe Gebührensätze ergeben sich daher bereits aufgrund verschiedener struktureller Gegebenheiten. Beispielsweise wegen der unterschiedlichen Verhältnisse zwischen Einwohnerzahl und Anzahl der Friedhöfe oder dem Vorhandensein von kirchlichen Friedhöfen. Die vom Steuerzahlerbund und Aeternitas für Rheinland-Pfalz erstellte Studie zeigt auf, dass die Gebühren für dieselbe Grabart von Kommune zu Kommune teils um das Vielfache voneinander abweichen. Solche Unterschiede sind viel zu hoch, als dass sie nur rein strukturell erklärt werden könnten. Betrachtet wurden die 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz.
Die Kommunen verfügen bei Bestattungen teils über unterschiedliche Leistungsangebote, welche Differenzen bei den Gesamtkosten mit erklären können und Kostenvergleiche im Ergebnis verzerren. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen, bietet es sich an, nur die Gebührensätze für das Grab, die Nutzung der Trauerhalle, die eigentliche Beisetzung sowie die Grabmalgenehmigungsgebühr zu berücksichtigen. Doch selbst unter diesen bereinigenden Annahmen ergeben sich extreme Gebührenunterschiede.
So muss z.B. ein Bürger in der Landeshauptstadt Mainz für ein Erdwahlgrab bei 30 Jahren Nutzungsdauer insgesamt 4.861 Euro zahlen, aber ein Bürger aus Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis) für dieselbe Nutzungsdauer nur 1.940 Euro. Im kreisfreien Zweibrücken fallen für ein Erdreihengrab mit 25 Jahren Nutzungsdauer 3.108 Euro an, wogegen es in Wörth am Rhein (Landkreis Germersheim) nur 912 Euro kostet. Beim Urnenreihengrab ist die kreisfreie Stadt Frankenthal (Pfalz) mit 2.143 Euro bei 20 Jahren Nutzungsdauer der kostenträchtige Spitzenreiter – dagegen kostet es bei gleicher Nutzungsdauer in Bad Dürkheim in der Pfalz nur 507 Euro. Bei der beliebter werdenden Baumbestattung ist Morbach (Landkreis Bernkastel-Wittlich) mit 2.970 Euro bei einer Nutzungsdauer von 25 Jahren am teuersten, wogegen es z.B. in Boppard (Rhein-Hunsrück-Kreis) mit 890 Euro weitaus günstiger ist.
Beim direkten Vergleich der Einzelleistungen ergeben sich sogar noch extremere Unterschiede. So kostet etwa das Beisetzen einer Urne (Öffnen und Schließen der Grabstelle) in Grünstadt (Landkreis Bad Dürkheim) satte 500 Euro, aber in Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis) nur 60 Euro. Für die Beisetzung eines Sarges im Erdreihengrab wird in Alzey (Landkreis Alzey-Worms) rund 1.690 Euro verlangt, wogegen es im nahegelegenen Worms nur 450 Euro kostet. Ferner erheben etwa rund 80 Prozent der untersuchten Städte und Gemeinden eine Verwaltungsgebühr für die Genehmigung zum Aufstellen eines Grabmals – hier variiert die Gebührenhöhe zwischen 11 Euro in Betzdorf (Landkreis Altenkirchen) und 173 Euro im kreisfreien Frankenthal (Pfalz).
Große Unterschiede bei den Friedhofsgebühren gibt es auch zwischen den einzelnen Grabarten. So verursacht etwa ein Erdwahlgrab in den untersuchten rheinland-pfälzischen Städten und Gemeinden im Durchschnitt 2.603 Euro an Gebühren. Wenig überraschend sind Urnengräber erheblich günstiger, z.B. ist ein Urnenreihengrab im Schnitt bereits für 1.046 Euro zu haben. Eine Baumbestattung bewegt sich mit durchschnittlich 1.504 Euro eher im Mittelfeld unter den Grabarten.
Im bundesweiten Gebührenvergleich schneiden die rheinland-pfälzischen Kommunen bei allen Grabarten günstiger ab. Beispielsweise fallen für ein Erdreihengrab in Rheinland-Pfalz durchschnittlich 1.841 Euro an, im Bundesschnitt sind es jedoch 2.110 Euro. Für ein Urnenwahlgrab werden im Bundesdurchschnitt 1.660 Euro fällig, wogegen es in Rheinland-Pfalz nur 1.475 Euro sind. Für Baumbestattungen fallen in Rheinland-Pfalz durchschnittlich 1.504 Euro an, im Bundesdurchschnitt kosten diese aber 1.804 Euro.
Im Vergleich zum Jahr 2018, als der Steuerzahlerbund und Aeternitas zuletzt die Friedhofsgebühren in den rheinland-pfälzischen Kommunen untersuchten, fallen teils deutliche Gebührensteigerungen auf. Am deutlichsten sind die Gebühren bei den Erdwahlgräbern gestiegen – im Jahr 2018 lagen die durchschnittlichen Gebühren hier noch bei 2.224 Euro und 2024 waren es 2.603 Euro. Für Urnenwahlgräber fielen 2018 im Schnitt 1.287 Euro an und 2024 waren es 1.475 Euro. Auch die Gebühren für Baumbestattungen stiegen im Schnitt von 1.282 Euro auf 1.504 Euro.
Besonders deutlich fielen die Erhöhungen der Friedhofsgebühren von 2018 zu 2024 z.B. in Grünstadt, Wörth am Rhein, Mühlheim-Kärlich, Frankenthal und Trier aus. So stiegen die Gesamtgebühren für ein anonymes Urnengrab in Grünstadt von 406 Euro auf 2.600 Euro – ein astronomisches Plus von 540 Prozent. Für ein Erdreihengrab erhöhte Wörth am Rhein die Gesamtgebühren von 400 Euro auf etwa 912 Euro, d.h. 128 Prozent mehr. Die Gesamtgebühren für eine Baumbestattung wurden in Trier von 825 Euro auf satte 1.910 Euro erhöht, also 132 Prozent mehr. Allerdings haben auch einige Städte und Gemeinden die Gebühren teils wieder – jedoch nur in geringem Maße – gesenkt. Dazu gehören u.a. Speyer, Neustadt a.d. Weinstraße, Alzey, Nieder-Olm und Schifferstadt.
Als wichtige Ursache für hohe Gebührensteigerungen sehen Steuerzahlerbund und Aeternitas den eher langsamen Anpassungsrhythmus der Kommunen. So sind rund ein Drittel der Satzungen der untersuchten Städte und Gemeinden im betrachteten Zeitraum nicht oder nur geringfügig geändert worden. Beispielsweise stammt die Gebührensatzung von Bad Ems noch aus dem Jahr 2010, die von Grafschaft aus dem Jahr 2011 und die von Bingen aus dem Jahr 2014 – das erklärt auch, warum einige Kommunen im Vergleich so bemerkenswert günstig abschneiden. Denn allgemeine Preissteigerungen werden erst bei der nächsten Satzungsänderung einfließen. Bei der Anpassung alter Gebührensatzungen ist daher schon aus diesem Grund mit großen Sprüngen zu rechnen. Eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, wann Friedhofsgebühren neu zu kalkulieren sind, gibt es in Rheinland-Pfalz nicht. Die Studienverfasser sehen hier den Gesetzgeber in der Pflicht, die bestehende Lücke zu schließen und einen regelmäßigen Anpassungszeitraum von bspw. drei Jahren festzusetzen, damit Gebührenschocks vermieden werden können.
Nach Auffassung des Steuerzahlerbundes und Aeternitas könnten kommunale Friedhöfe aber auch sparsamer geführt werden. So sollten etwa die Pflegestandards bei den Grünflächen überprüft sowie Arbeiten bei der Grünflächen- und Grabpflege bevorzugt an günstige private Dienstleister abgegeben werden. Das Vorhalten eigener Friedhofsgärtnereien ist zumeist nicht erforderlich. Ferner sollte eine höhere Auslastung der Bestattungsflächen das Ziel der Kommunen sein. So könnten etwa ungenutzte Überhangflächen veräußert bzw. umgewidmet werden. Derartige Maßnahmen können helfen, die Pflege- und Unterhaltungskosten zu senken oder zumindest stabil zu halten. Außerdem empfehlen die Studienverfasser mögliche Sparpotentiale aus Kooperationen mit Nachbarkommunen und Kirchengemeinden unbefangen zu prüfen.
Mit der vorgelegten Studie wollen Steuerzahlerbund und Aeternitas die Kommunen zu mehr Übersichtlichkeit, Transparenz und Gerechtigkeit anspornen, an denen es vielen Friedhofsgebührensatzungen mangelt. Beispielsweise kennt das Gebührenverzeichnis der Stadt Kaiserslautern mehr als 80 unterschiedliche Gebührensätze, die teilweise noch mit einem Faktor aus der jährlichen Haushaltssatzung multipliziert werden müssen, wogegen die Stadt Konz (Landkreis Trier-Saarburg) mit 18 auskommt. Ungerechterweise kann auch der Wohnort des Verstorbenen eine Relevanz für die Gebührenhöhe haben. So erhebt etwa die Gemeinde Böhl-Iggelheim eine doppelte Grabnutzungsgebühr bei der Bestattung von Ortsfremden. Solche Regelungen verstoßen nach Ansicht der Studienverfasser gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und gehören daher schnellstmöglich abgeschafft.
Gleichzeitig stellt die Studie eine wertvolle Hilfestellung für interessierte Bürger dar. Anhand der umfassenden Daten kann sich jeder Bürger selbst ein Bild von den Gesamt- und Einzelgebühren der Friedhöfe machen. Bei vergleichsweise hohen Gebühren bietet die Schrift theoretisches Hintergrundwissen und praktische Hinweise, um dagegen vorzugehen.