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Fremdpersonalverbot in Fleischindustrie: Erfolglose Verfassungsbeschwerden
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerden eines Unternehmens der Wurstherstellung und mehrerer Zeitarbeitsunternehmen nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerden richteten sich gegen das Verbot, in der Fleischwirtschaft Personal als Werkvertragsbeschäftigte oder in Leiharbeit einzusetzen. Die Beschwerdeführenden sehen sich in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz (GG). verletzt. Die Begründung der Verfassungsbeschwerden genüge den gesetzlichen Anforderungen jedoch nicht, so das BVerfG. Sie seien daher unzulässig.
Mit der Vorschrift des § 6a Absatz 2 des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) verbietet der Gesetzgeber Betrieben der Fleischwirtschaft seit dem 01.01.2021, die Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung durch Selbstständige erledigen zu lassen, also mithilfe der bisher in weitem Umfang eingesetzten Werkvertragsunternehmen. Die Arbeiten dürfen aufgrund des "Fremdpersonalverbots" nur noch durch eigenes Personal ausgeführt werden. Seit dem 01.04.2021 wird mit § 6a Absatz 3 GSA Fleisch zudem die Leiharbeit in diesen Bereichen der Fleischwirtschaft eingeschränkt und ab dem 01.04.2024 gänzlich untersagt. Für den Fall des Verstoßes sind Bußgelder vorgesehen.
Dagegen wenden sich sowohl ein Unternehmen der Wurstherstellung als auch mehrere Zeitarbeitsunternehmen, die in unterschiedlichem Umfang Beschäftigte an Schlacht-, Zerlege- und Fleischverarbeitungsbetriebe überließen. Sie rügen, das Fremdpersonalverbot verletze sie in ihrer Berufsfeheit. Das Unternehmen der Wurstherstellung rügt zudem eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung mit anderen Branchen.
Die Verfassungsbeschwerden seien unzulässig, entschied das BVerfG. Sie genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Begründung. Eine zulässige Verfassungsbeschwerde setze voraus, dass die Möglichkeit der unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit in eigenen Rechten so konkret dargelegt wird. Daran fehle es hier. Die Beschwerdeführenden seien nur dann selbst von den angegriffenen Vorschriften betroffen, wenn diese auf sie und die von ihnen benannte Zusammenarbeit mit ihren Kunden auch tatsächlich Anwendung finden. Das sei jedoch nicht nur fachgerichtlich nicht geklärt, sondern nach dem Vorbringen auch nicht klar erkennbar. Dies lasse sich schon einfachrechtlich nur auf der Grundlage von konkreten Angaben zu durchgeführten Tätigkeiten, Arbeitszeitanteilen und Betriebsstruktur sowie zu Geschäftszwecken der jeweiligen Betriebe selbst oder als Kunden der Zeitarbeitsunternehmen beurteilen.
Dem genüge der Vortrag des beschwerdeführenden Unternehmens der Wurstherstellung zur Beschäftigtenzahl und zur Zahl der bei Auftrags- und Produktionsspitzen eingesetzten Leiharbeitskräfte nicht. Die Darlegung, dass sie die ganze Breite der Wurstproduktion abbilde, bleibe abstrakt. Auch die Aussage, "überwiegend (also mindestens 50,1 Prozent), faktisch sogar deutlich mehr Fleischverarbeitung im Sinne des Gesetzes" zu verrichten, wiederhole letztlich die gesetzliche Regelung, zeige aber nicht näher auf, wie der Betrieb konkret ausgestaltet ist. Konkreterer Vortrag sei hier auch nicht unmöglich, so das BVerfG.
Das gelte auch für Zeitarbeitsunternehmen. Diese verfügten zwar nicht ohne Weiteres über detaillierte Kenntnisse der Verhältnisse bei ihren Kunden als den Einsatzbetrieben des Fremdpersonals. Doch erschließe sich weder, ob und gegebenenfalls welche Kenntnisse im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zu den Kunden vorhanden sind, noch, warum relevante Daten nicht in Erfahrung gebracht werden könnten. Die Zeitarbeitsunternehmen beschränkten ihren Vortrag auf Schätzwerte zu Personalanteilen eigener Arbeitskräfte der Kunden in Bereichen, in denen auch Leiharbeitskräfte eingesetzt würden. Zur Klärung der Anwendbarkeit der angegriffenen Normen genüge die Angabe jedoch nicht, es werde "mindestens 50,1 Prozent, faktisch aber 100 Prozent" Fleisch verarbeitet. Das gilt laut BVerfG insbesondere, da geschildert wird, dass Arbeitskräfte auch zu Kommissionierung, Etikettierung, Palettierung, Versand und Verladung oder als Schlosser und Elektriker eingesetzt würden, die zumindest nicht ohne weiteres der Fleischverarbeitung zuzurechnen sind.
Die angegriffenen Regelungen für die Fleischwirtschaft seien auf die Beschwerdeführenden nach § 2 Absatz 2 GSA Fleisch zudem nur anwendbar, wenn das Fremdpersonal nicht in Handwerksbetrieben mit bis zu 49 Arbeitskräften eingesetzt wird. Inwieweit dies der Fall ist, sei nicht für alle beschwerdeführenden Zeitarbeitsunternehmen hinreichend klar erkennbar.
Auch die Rüge, in eigenen Rechten verletzt zu sein, weil eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliege, sei nicht den prozessrechtlichen Anforderungen entsprechend substantiiert. Dazu gehöre es, so das BVerfG, sich nicht nur mit maßgeblichen Vergleichssachverhalten, sondern auch mit naheliegenden Argumenten zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auseinanderzusetzen. Das beschwerdeführende Unternehmen der Wurstherstellung vergleiche sich zwar mit der Baubranche, Logistikzentren und der Landwirtschaft. Es befasse sich aber nicht damit, inwiefern die Arbeitsbedingungen sowie der Anteil und Einsatz von Fremdpersonal mit dem Kerngeschäft der Fleischindustrie vergleichbar seien, auf die der Gesetzgeber abgestellt hat.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.06.2022, 1 BvR 2888/20, 1 BvR 1156/21, 1 BvR 1155/21, 1 BvR 1154/21, 1 BvR 1153/21, 1 BvR 1152/21