Mehr Transparenz im Parlament
Bund der Steuerzahler MV begrüßt Bekenntnis zur Schuldenbremse
„Flächen-Lage-Modell bietet sich an“
Ralf Witzel MdL im Interview zur Grundsteuerreform
Wir sind überrascht, dass die Landesregierung und die Koalition im Landtag von der Öffnungsklausel keinen Gebrauch machen möchten. Überzeugt Sie das „Scholz-Modell“ so sehr, dass aus Ihrer Sicht kein Bedarf für eine bessere NRW-spezifische Grundsteuerregelung besteht?
Nein, im Gegenteil. Ziel der FDP-Fraktion war und ist ein flächenbasiertes Modell. Darum treten wir für die Nutzung der Länderöffnungsklausel ein. Wir haben nie etwas anderes beschlossen. Der Automatismus ist aber: Im Landtag ist eine Mehrheit für ein eigenes Gesetz notwendig, sonst greift ab dem Jahr 2025 zwangsläufig das Scholz-Modell.
Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler ist das Bundesmodell abzulehnen, weil es mit zu viel Bürokratie verbunden ist und bei steigenden Immobilienwerten automatisch zu Steuererhöhungen führt. Teilen Sie diese Kritik? Sehen Sie weitere kritische Aspekte des „Scholz-Modells“?
Selbstverständlich. Wir erleben, dass sich Immobilienwerte von der allgemeinen Preisentwicklung entkoppeln. Im Scholz-Modell führt das ohne aktive Hebesatzsenkungen der Kommunen bei den fortlaufenden Neubewertungen zu immer weiteren Steuererhöhungen. Der Erlass zur Immobilienbewertung umfasst beim Scholz-Modell mehr als 50 Seiten. Es liegt nahe, dass dieses bürokratische Verfahren auch anderen Zielen dienen soll: Scholz legt hier die Blaupause für eine detaillierte Immobilienbewertung vor, um bei entsprechenden Mehrheiten im Bund die Vermögensteuer wieder zu aktivieren. Auch sonst ist sein Modell klar ideologisch geprägt: In einem Haus mit Genossenschaftswohnungen auf der einen und privatem Wohnungeigentum auf der anderen Seite kämen erstere trotz vollständig identischer Beschaffenheit in den Genuss eines 25%-igen Steuerrabatts.
Welche Bemessungsfaktoren sollten Ihres Erachtens für die Grundsteuer relevant sein?
Ein transparentes Modell ohne eingebaute Wertdynamik muss auf die konstanten Faktoren Grund- und Gebäudefläche abstellen. Diese Faktoren können um einfache innerkommunale Lagefaktoren ergänzt werden.
Viele Bundesländer halten das Bundesmodell für unzulänglich genug, um – anders als bisher NRW – eine abweichende Grundsteuerregelung auf den Weg zu bringen. Welche dieser Regelungen könnten Sie sich auch für NRW gut vorstellen?
Alle Modelle mit flächenbasiertem Ansatz sind besser als das Scholz-Modell. In der praktischen Handhabung bietet sich ein Flächen-Lage-Modell wie in Hessen und Niedersachsen an. Eine Kooperation von drei großen westdeutschen Flächenländern erhöht die politische Schlagkraft und hat viele Vorteile bei der Administration.
Im nächsten Frühjahr stehen bei uns Landtagswahlen an. Sehen Sie eine realistische Chance, dass danach die Karten in Sachen Grundsteuer noch mal neu gemischt werden?
Bis kurz nach der Wahl besteht das letzte realistische Zeitfenster, um ein eigenes Modell auf den Weg zu bringen. Bis dahin sollte jede Chance genutzt werden, zu einem einfachen flächenbasierten Grundsteuermodell zu kommen.
Realpolitisch ist eine Abschaffung der Grundsteuer aktuell keine Option. Aber mal in die Zukunft gedacht: Sollte sie in einem modernen Steuersystem überhaupt noch erhoben werden?
Im Kern ist es nicht verkehrt, all jene, die in einer Kommune leben oder wirtschaften, über die Grundsteuer an der Finanzierung kommunaler Aufgaben zu beteiligen. Akzeptanzprobleme entstehen, wenn hochverschuldete Kommunen anstelle von Konsolidierungsbemühungen immer weiter die Hebesätze nach oben drehen – ohne realistische Ausweichmöglichkeiten ihrer Bürger. Hier sollte man über eine Deckelung nachdenken.