Landesbeilage Berlin Juni 2024
Nr. 23 - Reparaturen und Aufwendungen von Mietern oder Eigentümer und Steuern
DSi Impuls Nr. 29: Legalisierung des Unrechts bei der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen
Die Regierungsfraktionen haben zusammen mit der CDU/CSU-Fraktion einen Entwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (AbgG) vorgelegt, der insbesondere die zulässige Öffentlichkeitsarbeit von Bundestagsfraktionen neu regeln soll. Zum einen zeigt dieser Fall einmal mehr, dass fundamentaloppositionelle Positionen schnell aufgegeben werden, wenn es um eigene Mittel geht. Zum anderen öffnet der Gesetzgeber hiermit Tür und Tor für verdeckte Parteienfinanzierung und politische Werbung seitens der Fraktionen auf Steuerzahlerkosten.
DSi-Diagnose
Konkret soll der bisherige § 55 Abs. 3 AbgG vollständig neu gefasst werden. Ziel ist es vor allem „Rechtssicherheit“ herzustellen und die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen an das digitale Zeitalter anzupassen.
Grund sind Sonderberichte des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2021 sowie vom März 2024, in denen er einerseits die Unzulässigkeit eines Großteils der Social-Media-Posts aller Bundestagsfraktionen anprangert, andererseits eben deshalb einen sicheren Rechtsrahmen fordert, der nun geschaffen werden soll.
Die einfache Lösung des Entwurfs: Das Neutralitätsgebot wird aufgehoben und den Fraktionen wird weitgehend freie Hand in ihrer Öffentlichkeitsarbeit gelassen. Sie müssen nur als Urheber gekennzeichnet sein. Nichtsdestotrotz sei dabei „hinzunehmen“, dass „eine Nähe zu den Parteien besteht, der die Fraktionsmitglieder angehören“. Mit anderen Worten: Wenn also künftig die Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen aus Versehen als Parteiwerbung missverstanden wird, dann ist das nicht Schuld der Fraktionen, sondern der Rezipienten.
Zudem fällt auf: Laut Entwurf haben die Fraktionen im „unmittelbaren Vorfeld der Bundestagswahlen“ besondere Zurückhaltung zu üben. Dann soll die Öffentlichkeitsarbeit lediglich „auf den Bereich der Unterrichtungstätigkeiten über die parlamentarische Arbeit“ beschränkt sein. Dies entspricht exakt der aktuell geltenden Rechtslage. Offenbar sind sich die Fraktionen also doch darin sicher, was es heißt, nur über ihre parlamentarischen Tätigkeiten zu berichten. Es ist nicht einsichtig, weshalb das nur im zeitlichen Umfeld von Bundestagswahlen möglich sein soll. Hier liegt der Verdacht nahe, dass es in Wahrheit nicht um die Beseitigung einer Rechtsunsicherheit geht, sondern vielmehr um die Legalisierung einer bisher rechtswidrigen Praxis.
DSi-Forderung
Der Gesetzentwurf kippt die rein auf Information über die parlamentarische Arbeit gegründete Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Dies erscheint nicht nur aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch, sondern ist vor allem eine Gefahr für die Steuerzahler, die mit ihrem Geld die Fraktionen vollständig finanzieren.
Der Gesetzentwurf sollte hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen fundamental angepasst werden, um das Geld der Steuerzahler nicht zur verdeckten Parteienfinanzierung für politische Werbung durch die Fraktionen zu missbrauchen.
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