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Die öffentliche Verschwendung 2022/2023

Presseinformation 19.10.2022

Vier Schwarzbuch-Fälle aus Rheinland-Pfalz

Der Bund der Steuerzahler stellt sein 50. Schwarzbuch vor: Mit 100 gravierenden Fällen aus ganz Deutschland wird wieder beispielhaft der verschwenderische Umgang mit Steuergeld dokumentiert. Kostenexplosionen bei Staatsbauten, ausufernde Subventionen, öffentliche Wirtschaftsflops, teure Fehler und sinnlose Skurrilitäten – es gibt viele Arten, wie der Staat unser aller Geld verbrennt. Rheinland-Pfalz ist in diesem Jahr mit vier Fällen dabei.

 

1) Staatssekretäre im Dauer-Sonderurlaub (Rubrik: Teure Diener)

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz genehmigte drei Staatssekretären sehr lange Sonderurlaube – teils bis zu zehn Jahren! Amtsbezüge erhalten die Dauerurlauber in dieser Zeit zwar nicht, aber die Sonderurlaubszeit wird auf die späteren Versorgungsbezüge angerechnet. Im Ruhestand bedeutet das eine dickere Pension. Dabei hätten die Langzeit-Sonderurlaube wohl gar nicht gewährt werden dürfen.

Staatssekretäre sind hohe politische Beamte, die, anders als Beamte auf Lebenszeit, unter Beachtung des Willkürverbots jederzeit aus ihrem Amt entlassen werden können. Insofern wären jahrelange Sonderurlaube unnötig – erst recht, wenn ein Staatssekretär diesen für sich selbst beantragt!

Das Land Rheinland-Pfalz sieht das jedoch anders. So wurde drei Staatssekretären ein langer Sonderurlaub eingeräumt, damit sie woanders arbeiten können. Diese Sonderurlaube dauerten personenabhängig von 13 Monaten bis zu 10 Jahren! Amtsbezüge erhalten die Dauerurlauber zwar nicht – aber die Zeit des Sonderurlaubs soll als ruhegehaltsfähige Amtszeit anerkannt werden, sodass sich die späteren Pensionen dadurch erhöhen.

Dabei gibt es juristische Probleme, denn eine solch lange Urlaubsdauer scheint weder von der Gesetzeslage noch von der Rechtsprechung gedeckt. Darauf weist neben dem Bund der Steuerzahler auch der Landesrechnungshof hin. Nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts sind längerfristige Beurlaubungen selbst aus wichtigem Grund nur ausnahmsweise anzuerkennen. Bereits Beurlaubungen von sechs Monaten gelten als besonders lang. Das sieht die Landesregierung natürlich anders – und wo kein Kläger, da kein Richter.

In einem Fall wurde der Sonderurlaub zwischenzeitlich beendet, die beiden anderen laufen noch weiter. Doch was wird die Steuerzahler der Sonderurlaubs-Spaß kosten, wenn die Staatssekretäre in das Pensionsalter kommen? Dazu wollte die Staatskanzlei dem BdSt nicht einmal grobe Schätzungen nennen. Lieber wurde darauf verwiesen, dass die Rückkehr der Beurlaubten jederzeit möglich sei – selbst bei dem Dauerurlauber, der schon seit rund 10 Jahren nicht mehr aktiv als Staatssekretär arbeitet.

Demgegenüber geht der Landesrechnungshof im Einzelfall von einer um bis zu 49.000 Euro im Jahr erhöhten Pension aus. Je nachdem, wie alt die Ruheständler werden, geht es also um sechs- bis siebenstellige Mehrausgaben, die aus den Sonderurlauben resultieren.

Der BdSt kritisiert:

Bis zu 10 Jahre unbezahlten Sonderurlaub nehmen und dafür später im Ruhestand auch noch eine weit höhere Pension kassieren? Was im Staatsdienst von Rheinland-Pfalz für verdiente Parteigenossen möglich ist, ist weder fair noch gerecht – vielmehr ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler.

 

2) Rote Karte für grüne Facebook-Werbung (Rubrik: Teure Imagepflege)

Für rund 10.000 Euro hatte das rheinland-pfälzische Umweltministerium diverse Facebook-Werbung geschaltet, die sich gezielt an Interessenten der Partei Bündnis 90/Die Grünen richtete. Allerdings muss staatliche Öffentlichkeitsarbeit neutral sein. Dieser Grundsatz ist zwar bekannt, aber dennoch beauftragte das Grünen-geführte Landesministerium ein unnötiges Gutachten. Die Kosten: 45.000 Euro.

Bei Facebook ist es möglich, Werbung zielgruppengenau zu schalten. Das Portal kennt schließlich seine Nutzer und ihre Interessen sehr genau. So ist es möglich, Beiträge nur bei potenziell Interessierten zu bewerben. Für Werbetreibende ist das effizient und solange dies eine private Firma so handhabt, ist das kein Problem. Wenn aber der Staat Werbung nach Parteipräferenz schaltet, wird das Neutralitätsgebot verletzt. Dieses besagt, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung nicht „ihren“ Parteien zu Hilfe kommen oder Oppositionsparteien bekämpfen darf.

Doch das damalige rheinland-pfälzische Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, das von den Grünen geführt wurde, verstieß ganze 3 Jahre lang gegen dieses Neutralitätsgebot. Von September 2018 bis einschließlich September 2021 wurden rund 130 Werbeanzeigen u. a. mit der Zielgruppe „Bündnis 90/Die Grünen“ geschaltet. Nur im Zeitraum Weihnachten 2020 bis zum 14. März 2021 pausierte diese Praxis wegen der anstehenden Landtagswahl.

Das ZDF-Magazin „Royale“ hatte diese anrüchige Werbepraxis zuerst enttarnt. Kaum aufgeflogen räumte das Umweltministerium gegenüber dem Bund der Steuerzahler unumwunden ein, dass diese Werbepraxis „absolut falsch und inakzeptabel“ gewesen sei – jedoch sei dies ohne Wissen der Hausleitung geschehen. Sofort nach Bekanntwerden sei diese Praxis eingestellt worden.

Anschließend setzte das Ministerium auf Aktionismus, um die grünen Kohlen aus dem Feuer zu holen: Was könnte da besser sein als ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben, um die Vorwürfe zu klären und die Social-Media-Arbeit neu aufzustellen? Satte 45.000 Euro kostete das Gutachten, das im März 2022 veröffentlicht wurde. Die wenig überraschende Quintessenz: Aus Neutralitätsgründen war es falsch gewesen, das grüne Wählerklientel als Zielgruppe auszuwählen.

Der BdSt meint:

Dass es nicht rechtens ist, eine parteinahe Klientel per steuerfinanzierter Zielgruppenwerbung zu beglücken, war dem Ministerium so klar, dass es diese Praxis sofort beendete. Insofern hätte auch nicht die 4,5-fache Summe der beanstandeten Facebook-Werbung für ein überflüssiges Gutachten ausgegeben werden müssen.

 

3) Entrüstend eingerüstet (Rubrik: Richtig skurril!)

Seit 2013 stand an der Volkshochschule am Mainzer Karmeliterplatz ein provisorisches Gerüst, das die Landeshauptstadt angemietet hatte. Fast hätte dieses kostspielige Provisorium sein zehnjähriges Jubiläum erreicht. Doch durch die Coronapandemie schwamm Mainz in Geld und konnte die geplante Baumaßnahme endlich angehen. Im Jahr 2022 wurde das Gerüst endlich abgebaut.

In Arthur Millers berühmtem Drama „Tod eines Handlungsreisenden“ ist ein Eisschrank defekt, aber dessen Kreditraten und Reparatur sind für den Protagonisten Willy Loman so teuer, dass sich der arme Mann keinen neuen Kühlschrank leisten kann. Ähnlich wie Loman ging es wohl auch der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Die städtische Volkshochschule am Karmeliterplatz benötigte für den Brandfall dringend einen zweiten Rettungsweg. Ohne ihn hätte das 1960 errichtete Gebäude nicht weiterbetrieben werden dürfen.

Im Jahr 2013 wurde als Provisorium ein Fluchttreppengerüst aufgestellt. Das Gerüst sollte bis September 2015 aufgestellt bleiben, bis die grundlegende Ertüchtigung des Volkshochschulgebäudes beginnt. Bei dieser Sanierung sollte das Baugerüst durch ein modernes Treppenhaus aus Stahl und Glas als zweiten Rettungsweg ersetzt werden. Aus Kostengründen verschob das hochverschuldete Mainz jedoch diese Baumaßnahme wiederholt – und so wurde für das Fluchttreppengerüst aus rund 2 Jahren Standzeit satte 9 Jahre.

Das ging ins Geld: Monat für Monat zahlte Mainz für das angemietete Gerüst durchschnittlich rund 1.700 Euro brutto. Summa summarum wurde das ein teures Behelfstreppenhaus: Die Gesamtmietkosten betragen rund 168.000 Euro brutto. Für das neue Treppenhaus rechnet die Stadt mit Brutto-Baukosten von 268.000 Euro. Inzwischen kann sich die Stadt die Baumaßnahme problemlos leisten, da im Zuge der Coronakrise der ansässige Impfstoffhersteller Biontech kräftig Gewerbesteuer zahlte.

Der BdSt meint:

Beinahe hätte das Provisorium 10 Jahre am VHS-Gebäude gestanden. Letztlich wurde das Fluchttreppengerüst so teuer, dass seine Mietkosten absurderweise mehr als die Hälfte der Baukosten des regulären Treppenhauses betragen. Da kann man sich als Steuerzahler nur entrüsten.

Hinweis nach Redaktionsschluss: Das Gerüst an der VHS steht teilweise noch. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung der Landeshauptstadt Mainz wurde es noch nicht vollständig abgebaut. Bis dahin muss Mainz weiterhin die Monatsmiete von 1.400 € zahlen.  

 

4) Zum Draufsitzen zu schlau? (Rubrik: Verschwendung droht)

Mit „schlauen“ Sitzbänken, die mehr als eine gewöhnliche Bank können sollen, will der klamme Kreis Kusel seine Kommunen ausstatten. Schlau? Ja, die Bänke sind solarbetrieben, haben Internetanschluss und sie sind: förderfähig. Ohne Steuergeld von Bund und EU könnte sich der Landkreis die „schlauen“ Bänke nach eigenen Angaben gar nicht leisten.

In den 98 Gemeinden des Kreises Kusel leben rund 70.000 Menschen. Die malerische Landschaft des Nordpfälzer Berglands ist vom Grün der Wälder gezeichnet, doch tiefrot ist der Kreishaushalt. Freiwillige Leistungen, das gibt der Landkreis gegenüber dem Bund der Steuerzahler unumwunden zu, sind nicht ohne öffentliche Zuwendungen durchführbar.

Für die freiwillige Anschaffung von „schlauen“ Bänken kann aber sogar auf 2 Fördertöpfe zugegriffen werden. Eine Bank und ihr Aufbau kosten in der geplanten Ausstattung rund 6.700 Euro.

Diese Bänke, könnte man spöttisch sagen, sind zum bloßen Draufsitzen fast zu schlau: „Hinsichtlich Zielen und Funktionen“ seien sie „kaum mit ihrer konventionellen Variante zu vergleichen“, schreibt der Kreis Kusel dem BdSt: Über integrierte Solarmodule würde der Strom erzeugt, der dank USB-Anschlüsse und Induktionsflächen von Elektroniknutzern angezapft werden könne. Für die öffentliche Förderung relevant ist eine Funktion, durch die die schlaue Bank zum vermeintlichen Digitalisierungsprojekt wird: An das Mobilfunknetz angeschlossen verfügt sie über einen eigenen Internet-Hotspot – allerdings haben 3 Gemeinden des Kreises Kusel laut Angaben des rheinland-pfälzischen Digitalisierungsministeriums Mobilfunklücken.

Ein Fördertopf ist vom Bund und heißt „Smart City“; er soll Kommunen bei der Digitalisierung helfen. Über dieses Programm sollen 5 „schlaue“ Bänke angeschafft werden. Ein zweites Förderprogramm, das EU-LEADER-Programm, steht derzeit nur der Verbandsgemeinde Oberes Glantal zur Verfügung. Der Kreis hofft aber, dass ab 2024 auch seine beiden anderen Verbandsgemeinden über LEADER gefördert werden können. Im Oberen Glantal wollen 12 Gemeinden eine schlaue Sitzgelegenheit aufstellen. Wenn es nach dem Kreis Kusel geht, soll in jeder seiner 98 Gemeinden eine solche Bank stehen. Voraussichtlich würden dann Kosten von mehr als 600.000 Euro anfallen.

Durch die schlauen Bänke soll ein „kreisweites sichtbares Zeichen für den digitalen Aufbruch gesetzt werden“, erklärt der Kreis. Zudem soll mit den Sitzgelegenheiten in allen Gemeinden ein „Bewusstsein für Digitalisierung“ geschaffen werden. Die Bänke seien ein zentraler Baustein für die Akzeptanz des Smart-City-Projekts.

Der BdSt kritisiert:

An so manchen Orten im Kreis Kusel gibt es keinen Mobilfunkempfang. Da braucht es keine Symbolpolitik nach Art der „schlauen“ Bänke, sondern eine flächendeckende Anbindung an das Mobilfunknetz und Breitband-Internet. Dann wird auch ohne Zusatzkosten jede gewöhnliche Sitzbank „schlau“. 

 

Hinweis: Die Schwarzbuch-Fälle aus ganz Deutschland sind auf www.schwarzbuch.de einsehbar. Print-Exemplare des Schwarzbuches können kostenfrei beim BdSt Rheinland-Pfalz bezogen werden, solange der Vorrat reicht.

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