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Die öffentliche Verschwendung 2019/2020

Presseinformation 29.10.2019

Fünf Schwarzbuch-Fälle aus Rheinland-Pfalz

Das neue Schwarzbuch ist da. Mit 100 gravierenden Fällen aus ganz Deutschland wird beispielhaft der verschwenderische Umgang mit Steuergeld dokumentiert. Kostenexplosionen bei Staatsbauten, chaotisches  Controlling, teure Annehmlichkeiten, sinnlose Skurrilitäten – es gibt viele Arten, wie der Staat unser aller Geld verbrennt. Rheinland-Pfalz ist dieses Jahr mit fünf Fällen dabei – das Land mit zwei Fällen, die Kommunen mit drei Fällen.

 

1) Kulturberater zur Geldvermittlung (Land)

Rheinland-Pfalz will Kulturschaffende gerne von schnöder Verwaltungsarbeit entlasten, besser vernetzen und vor allem dabei helfen, leichter an Fördermittel zu kommen. Deswegen wurde im Norden und Süden des Landes jeweils eine regionale Servicestelle geschaffen. Diese lässt sich das Kulturministerium insgesamt 100.000 Euro pro Jahr kosten.

Rheinland-Pfalz. Kulturförderung ist längst auf allen politischen Ebenen angekommen. Allerdings beschränkt sich diese keineswegs auf eigene Angebote wie staatliche Theater, Opern und Museen. Auch wenn es um freie Künstler geht, spielen EU, Bund, Länder und teils auch die Kommunen gern den huldvollen Mäzen mit einem vielfältigen Förderangebot.

Wer in Rheinland-Pfalz von „brotloser Kunst“ spricht, hat vermutlich nur noch nicht den passenden Förderantrag gefunden. Im Mai 2019 hat nun aber das Kulturministerium im Norden und Süden des Landes jeweils eine „regionale Servicestelle für Kulturschaffende“ eingerichtet. Die „Kulturberater“ geben Orientierung bei den Fördermöglichkeiten und helfen sogar beim Ausfüllen der Anträge, denn die Kulturschaffenden sollen von der Verwaltungsarbeit entlastet werden. Zudem sollen die Berater bei der Vernetzung und Koordinierung der freien Künstlerszene helfen.

Aber die beiden Kulturberater leben nicht von Luft und Liebe allein. Deshalb hilft das Land Rheinland-Pfalz mit 100.000 Euro pro Jahr weiter. Und wer weiß, vielleicht wird es in Zukunft noch mehr Kulturberater geben? Denn abhängig vom Erfolg des für Rheinland-Pfalz bislang beispiellosen Projekts könnte ein Ausbau anstehen. Aber wie wird der Erfolg definiert? Etwa vom Grad der finanziellen Abschöpfung der Förderprogramme?

Der BdSt meint:

Steuergeld bereitzustellen, um Kunst zu fördern, ist sicher nicht verkehrt. Aber Steuergeld bereitzustellen, damit Künstler leichter anderes Steuergeld erhalten können? Das deutsche Steuerrecht ist gewiss unübersichtlicher als der staatliche Förderdschungel für Kulturschaffende. Aber gibt es deswegen eine vom Land finanzierte Steuerberatung? In diesem Sinne ist es sicher nicht zu viel verlangt, auch von Kunstschaffenden zu erwarten, dass sie sich selbst um ihre Förderanliegen kümmern. Und wenn es dazu Fragen geben sollte, beantworten die zuständigen Stellen bei EU, Bund, Ländern und Kommunen diese sicher gern – auch ohne Kulturberater.   

 

2) Steuergeld abgeluchst (Land)

Der Luchs soll im Pfälzerwald wieder heimisch werden. Um das zu erreichen, sollen dort insgesamt 20 Tiere ausgesetzt werden, die im Ausland gefangen wurden. Das finanzielle Gesamtvolumen des Projekts beträgt rund 2,75 Mio. Euro – der Großteil davon ist Steuergeld. Aber nicht die Luchse an sich sind so teuer, sondern das umfangreiche „Begleitprogramm“.

Rheinland-Pfalz. Einst waren Luchse in ganz Europa verbreitet. Doch in Mitteleuropa wurden die katzenartigen Tiere durch den Menschen weitgehend ausgerottet. Rheinland-Pfalz versucht hierbei, die Uhr zurückzudrehen und den Luchs im Pfälzerwald anzusiedeln. In 2015 startete das auf sechs Jahre angelegte Projekt. Um eine überlebensfähige Population zu begründen, sollen insgesamt 20 Luchse im Ausland gefangen und anschließend im Pfälzerwald ausgewildert werden.

Das finanzielle Gesamtvolumen dieses Projekts umfasst satte 2,75 Mio. Euro. Gut die Hälfte davon stammt aus EU-Mitteln, weitere 400.000 Euro gibt das Land Rheinland-Pfalz. Insofern stemmen die Steuerzahler den Großteil der Finanzierung. Projektträger ist die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, eine Stiftung des öffentlichen Rechts, dessen Vorsitzende die rheinland-pfälzische Umweltministerin ist. Daneben gibt es z. B. auch private Partner und Mitfinanziers.

Warum kosten 20 Luchse nun Millionenbeträge? Schuld sind nicht etwa extrem verwöhnte Tiere, sondern das umfangreiche „Begleitprogramm“ durch den Menschen. Das umfasst nicht nur Tierschutzmaßnahmen und ein Monitoring, sondern z. B. auch eine umfangreiche Koordination mit verschiedenen Akteuren, diverse Veranstaltungen und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Zur Steigerung der Akzeptanz wurde sogar ein deutsch-französisches „Luchsparlament“ gegründet. Denn ohne eine aktive Unterstützung und gesellschaftliche Akzeptanz durch den Menschen – so die Erklärung – könnten sich die Luchse nicht dauerhaft etablieren.

Zudem hat das Land Rheinland-Pfalz einen ausführlichen wie komplizierten Luchsmanagementplan aufgestellt, u. a. mit detaillierten Anweisungen zur „Konfliktbewältigung“ oder dazu, welche Meldekette zwingend zu befolgen ist, um Entschädigungen für gerissene Nutztiere zu erhalten. Und wer einen Luchs verscheuchen bzw. „vergrämen“ will, sollte sich lieber vorher erkundigen, welchen Antrag er dafür ausfüllen muss und welche behördliche Ausnahmegenehmigung er braucht. Denn mit Luchsen in der Nachbarschaft kann es ganz schön bürokratisch werden.

Trotz des massiven Aufwands bleibt Rheinland-Pfalz für die Tiere eher ein raues Pflaster. Autoverkehr und Wilderei stellen schließlich Gefahren dar. Mindestens drei Luchse sollen schon getötet worden sein. Andererseits gibt es Nachwuchs unter den Tierchen. Insofern ist es ein makabres Rennen: Können sich die importierten Luchse schneller vermehren, als sie sterben?

Ein Blick über die Grenze stimmt da eher pessimistisch: In den nahen französischen Vogesen gab es auch ein großes Luchs-Ansiedlungsprojekt. Zeitweilig sollen dort sogar mehr als 50 Tiere gelebt haben – doch nun sind sie wieder selten.

Der BdSt meint:

Artenschutz ist vom Prinzip her ein nobles Ziel − aber wie nachhaltig und sinnvoll ist die Ansiedlung bedrohter Tierarten in Regionen, in denen sie bereits ausgerottet wurden und wo ohne millionenschweren Aufwand keine lebensfähigen Populationen entstehen könnten? Rechnerisch schlägt jeder der 20 Luchse im Schnitt mit rund 140.000 Euro zu Buche. Diese Summe würde sogar für ein schmuckes Eigenheim im Pfälzerwald ausreichen. Doch was passiert, wenn die Finanzierung des Luchsprojekts ausläuft? Dann wird sich zeigen, ob die Tiere auch ohne die millionenschwere Koordinations-, Werbe- und Bürokratiemaschinerie unbeschwert im Wald herumtollen können – oder ein weiteres Mal verschwinden werden.

 

3) Trierer Straße ruiniert, Trierer Bürger abkassiert (Kommunal)

Seit gut 15 Jahren wird um die Erneuerung der Eltzstraße in Trier gestritten. Zuerst wollte die Stadt die damalige Kreisstraße nicht sanieren. Doch kaum wurde sie zur Gemeindestraße abgestuft, beschloss der Stadtrat ihren Ausbau. Dabei sollten die Kosten zu einem großen Teil auf die Anlieger abgewälzt werden. Tatsächlich rollten die Bagger erst in 2019 an – mit verdoppelten Kosten und Ausbaubeiträgen in bis zu sechsstelliger Höhe.

Trier. Pfalzel, ein Stadtteil von Trier, wird nur über zwei Straßen erschlossen. Eine davon ist die Eltzstraße, die aktuell auf einer Länge von 450 m umfassend erneuert und ausbaut wird. Es handelt sich um die erste nennenswerte Erneuerung seit fast 60 Jahren. Insofern wurde der übliche „Lebenszyklus“ einer Straße weit überschritten. Bereits im Jahr 2005 forderte daher der Ortsbeirat von Pfalzel eine Sanierung der Eltzstraße – damals noch eine Kreisstraße mit Trier als Straßenbaulastträger. Doch dazu kam es nicht.

Im Jahr 2010 wurde dann die marode Kreisstraße zur Gemeindestraße abgestuft. Ob Zufall oder nicht – schon wenige Monate später, im April 2011, beschloss der Stadtrat, die Eltzstraße komplett zu erneuern und auszubauen. Die Gesamtkosten wurden auf rund 1,2 Mio. Euro geschätzt, davon sollten die Anwohner die Hälfte tragen.

Allerdings wurde der Stadtratsbeschluss fast ein Jahrzehnt lang nicht umgesetzt. Aufgrund „anderer Prioritäten“ stellte die Trierer Bauverwaltung das Eltzstraßen-Projekt immer wieder zurück. Lediglich kleinere Reparaturen zur Verkehrssicherung wurden vorgenommen. Doch die Flickschusterei war eben keine nachhaltige Lösung. Im Dezember 2018 entschied der Stadtrat erneut, die Eltzstraße auszubauen. Allerdings sind die Kosten zwischenzeitlich auf rund 2,5 Mio. Euro explodiert. Trier begründet die Mehrkosten vor allem mit gestiegenen Baupreisen und neuen Richtlinien.

Besonders dramatisch ist die Kostenexplosion für die 48 Anlieger der Eltzstraße, denn mit den Baukosten sind auch deren Ausbaubeiträge extrem gestiegen. Insgesamt geht es um rund 1 Mio. Euro an Straßenausbaubeiträgen. Die meisten Anlieger müssen mit fünfstelligen Summen rechnen, teilweise wird es wohl auch sechsstellig.

Das Land Rheinland-Pfalz ist beim Straßenbauprojekt gleichfalls mit an Bord. So erwartet Trier eine Landeszuwendung von rund 700.000 Euro. Ärgerlich für die Anwohner: Obgleich die Eltzstraße mehrheitlich von Durchgangsverkehr befahren wird, dient das Landesgeld aufgrund rechtlicher Vorschriften ausschließlich dazu, den städtischen Kostenanteil zu senken.

Der BdSt kritisiert:

Rheinland-Pfalz gehört zu den wenigen Bundesländern, die ihre Kommunen zum Erheben von Straßenausbaubeiträgen zwingen. Allerdings sind diese Beiträge nicht nur ungerecht gegenüber  Anliegern und oft unwirtschaftlich in der Erhebung, sondern schaffen auch fatale Fehlanreize bei den Kommunen. Da die regulären Instandhaltungskosten nicht auf die Anlieger abwälzt werden können, muss eine Gemeindestraße erst derart verlottern, dass ein Ausbau oder eine Erneuerung notwendig wird.

Der Trierer Fall zeigt exemplarisch, wie sehr die Anlieger bei Ausbaubeiträgen den teils wankelmütigen Entscheidungen auf kommunaler Ebene und den hohen finanziellen Folgen ausgeliefert sind. Dass die 48 Anlieger für die Folgen des langjährigen Verschleißes finanziell haften müssen, ist bereits unverständlich und weder mit dem Nutzer- noch mit dem Verursacherprinzip zu vereinbaren. Dass die Anlieger zudem die Kostenexplosion mitbezahlen sollen, weil Trier die Umsetzung an sich beschlossener Ausbaumaßnahmen jahrelang hinauszögerte, ist schlichtweg eine Farce. Die Ausbaubeiträge in Rheinland-Pfalz gehören abgeschafft!

 

4) Für Aexandra oder Freidrich stimmen? (Kommunal)

Im Mai 2019 fanden in Rheinland-Pfalz die Kommunalwahlen statt. Im Vorfeld hatten es die Landeshauptstadt Mainz und drei Landkreise jedoch mit der Rechtschreibung nicht allzu genau genommen. Deswegen mussten im großen Stil die Stimmzettel neu gedruckt werden. Allein in Mainz lagen dafür die vermeidbaren Kosten bei rund 41.000 Euro.

Rheinland-Pfalz. Wahlen gehören zum elementaren Kernstück der Demokratie in Deutschland. Wenn es staatliche Stellen jedoch auf den Stimmzetteln mit der korrekten Schreibweise z. B. der Namen von Kandidaten und Parteien, nicht allzu genau nehmen, machen sie damit schlimmstenfalls das Wahlergebnis angreifbar – und eine Neuwahl erforderlich. Um das zu verhindern, kann ein kostspieliger Neudruck von Stimmzetteln in korrigierter Fassung erforderlich werden.

Und genau das ist im Vorfeld der Kommunalwahlen 2019 in Rheinland-Pfalz passiert. Aufgrund diverser Fehler sahen sich die Landeshauptstadt Mainz sowie die Landkreise Bad Dürkheim, Bad Kreuznach und Mayen-Koblenz zum Neudruck ihrer Stimmzettel veranlasst − denn wer möchte schon die Wahl z .B. zwischen „Aexandra“ und „Freidrich“ haben? Insgesamt mussten mehr als eine halbe Million Stimmzettel für rund 80.000 Euro neu gedruckt werden. Allein auf Mainz entfielen rund 160.000 Stimmzettel, deren Neudruck ca. 41.000 Euro gekostet hat.

Der BdSt kritisiert:

Irren ist zwar menschlich, aber gerade bei Stimmzetteln sind Exaktheit und Gründlichkeit geboten. Für das Steuergeld, das in Form der fehlerhaften Stimmzettel im Reißwolf landete, hätten sogar zwei Lektoren in Vollzeit ein Jahr lang beschäftigt werden können. Wenn Mainz und die betroffenen Landkreise Glück haben, können sie ihren Schaden vielleicht von der Versicherung teils oder komplett erstattet bekommen.

 

5) Teurer Rheinblick endlich freigegeben (Kommunal)

Im Schwarzbuch 2018/19 kritisierte der Bund der Steuerzahler den Bau einer Aussichtsplattform am Rheinufer des Städtchens St. Goar. Mit viereinhalb Jahren Verspätung und einer Verfünffachung der Kosten steht der Rheinbalkon endlich für die Öffentlichkeit zur Verfügung.

St. Goar. Nur wenige Schritte sind es, die man auf dem Rheinbalkon trockenen Fußes über dem längsten deutschen Strom spazieren gehen kann: Wie ein Schiffsbug ragt die Aussichtsplattform an der örtlichen Uferpromenade in den Rhein hinein.

Rückblick: Es ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen, bis die berühmt-berüchtigte Aussichtsplattform endlich fertig wurde. Bei der Ausschreibung des Bauprojekts hätte sie zum Ende des Jahres 2014 fertiggestellt werden sollen. Doch die − immer wieder nach hinten verlegten − Termine konnten nicht eingehalten werden. Zwischenzeitlich ging St. Goar von einer Einweihung des Rheinbalkons im Jahr 2017 aus, schließlich von Anfang 2018 und zuletzt hätten im Herbst 2018 die ersten Besucher die Plattform betreten dürfen. Tatsächlich konnte der Rheinbalkon erst im April 2019 für die Öffentlichkeit freigegeben werden.

Während der Bauzeit floss nicht nur mehr Wasser den Rhein hinunter, sondern auch weit mehr Steuergeld als zu Planungsbeginn gedacht. Anfang 2014 waren die Kosten mit 408.000 Euro angesetzt worden, bis Ende 2015 erhöhten sie sich auf rund 1,4 Mio. Euro. Unterm Strich betrugen die Gesamtkosten für den Rheinbalkon etwa 2,1 Mio. Euro – damit fast fünf Mal so viel wie ursprünglich geplant.

Gab es Fehler und Versäumnisse vonseiten der Stadt? Das kann sie nicht erkennen, teilte St. Goar dem Bund der Steuerzahler auf Anfrage mit. Auch die Hoffnung auf Schadenersatz gegen die ausführende Baufirma zerplatzte. Ein von St. Goar beauftragtes Rechtsanwaltsbüro sah keine Aussicht auf Erfolg. Ob die Stadt gegen den beauftragten Planer Schadenersatzforderungen erhebt, wird noch anwaltlich geprüft, Optimismus versprühte St. Goar dabei aber nicht.

Der BdSt kritisiert: 

Von Anfang an bestanden beim Rheinbalkon für die Steuerzahler schlechte Aussichten. Denn einen wirklich besseren Blick als vom Ufer aus bietet die Plattform nicht. Insofern war und ist sie unnötig. Als sinnvoll hätte sich ein früher Ausstieg aus dem Bauprojekt erweisen können, denn bereits 2015 war eine drohende Verdreifachung der Kosten erkennbar. Dennoch wurde der Rheinbalkon ohne jede Rücksicht auf die Kostenexplosionen weitergebaut.

Hinweis: Die Schwarzbuch-Fälle aus ganz Deutschland sind auf www.schwarzbuch.de einsehbar.

 

 

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