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Die Kammer der Pandora

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Arbeitnehmer-News / Newsticker Nordrhein-Westfalen 17.08.2021, Sabina Zickel

Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen kommt trotz abschreckender Beispiele aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein 

In Nordrhein-Westfalen hat der Landtag am 24. Juni 2020 dem Gesetz zur Errichtung der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen zugestimmt. Daraufhin hat der Errichtungsausschuss seine Arbeit im September 2020 aufgenommen. Die Landesregierung stellt nun fünf Millionen Euro als Anschubfinanzierung zur Verfügung. Langfristig soll sich die Kammer dann aus Gebühren und Beiträgen ihrer Mitglieder finanzieren.  
Die Errichtung einer Pflegekammer in NRW ist bereits seit vielen Jahren ein Thema. 2009 wurde von der damaligen Landesregierung noch ein Gutachten zum „Für und Wider“ der Errichtung einer Pflegekammer vorgelegt. Damals kam man zu dem Ergebnis, dass die Vorteile, die dem einzelnen Mitglied und der Allgemeinheit aus der Pflegekammer mit Pflichtmitgliedschaft erwachsen können, in keinem Verhältnis zu dem Eingriff in die individuelle Freiheit der Angehörigen der Pflegeberufe stehen. Davon ist nun keine Rede mehr. Die 2020 beschlossene Errichtung der Pflegekammer wurde allein an der Notwendigkeit festgemacht, dass viele Pflegefachkräfte sich von bestehenden Verbandsstrukturen nicht ausreichend repräsentiert fühlten und sich eine eigenverantwortliche Interessenvertretung wünschten. Das oberste Ziel einer Pflegekammer ist es, eine fachgerechte und professionelle Pflege der Bevölkerung sicherzustellen. Pflegekammern sind daher keine Interessenvertretung im klassischen Sinne, Kammern sind vielmehr dem Allgemeinwohl verpflichtet. 

Kammern dienen dem Gemeinwohl
Kammern mit gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht deshalb gegründet werden, um die Durchsetzung der Interessen eines Berufsstandes zu verbessern. Es müssen legitime Gemeinwohlbelange verfolgt werden, für die eine gesetzliche Pflichtmitgliedschaft erforderlich ist. Das betrifft bei Berufskammern vor allem die Sicherung der Qualität der Berufsausübung, die wiederum immer dem Interesse der Klienten / Kunden / Patienten dient. Vorliegend wird daran deutlich, dass es ganz maßgeblich auch um die zu pflegenden Personen gehen muss. 
Ob also eine Pflegekammer in NRW die Bedürfnisse der Pflegefachkräfte nach einer besseren Vertretung ihrer Interessen stillen kann, ist mehr als fraglich. Fest steht allerdings, dass in Zukunft 200.000 Pflegefachkräfte Mitglied in dieser Kammer sein müssen und entsprechende Beiträge zahlen werden.
Ende des Jahres 2018 wurde eine Befragung von 1.500 Pflegefachkräften durchgeführt, die eine breite Zustimmung zur Pflegekammer ergeben hat. Ob den Befragten tatsächlich die Tragweite der Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer bewusst war, bleibt offen. In dieser Umfrage wurden mögliche Beiträge von fünf Euro monatlich genannt. Das erscheint unrealistisch, wenn man die finanzielle Situation der Pflegekammern in der Vergangenheit in Schleswig-Holstein und Niedersachsen betrachtet. Die dort erhobenen Beiträge lagen deutlich höher. Beide Pflegekammern wurden nun per Gesetz wieder abgeschafft. 

Niedersachsen 
In Niedersachsen bestand die Pflegekammer seit 1. Januar 2017. Nachdem ein Streit um die Zwangsmitgliedschaft und die Pflichtbeiträge entbrannt war, sagte die niedersächsische Landespolitik im Herbst 2019 zu, die Finanzierung der Kammer dauerhaft zu übernehmen, wenn diese im Gegenzug auf eine Beitragserhebung verzichtet. In einem ersten Schritt sollten sechs Millionen Euro für die Beitragsjahre 2018, 2019 und 2020 fließen. Mit der finanziellen Abhängigkeit fürchteten Teile der Kammer die damit verbundene Abhängigkeit von der Politik, weshalb es zur Urabstimmung kam. 70,6 Prozent der befragten Mitglieder sprachen sich gegen den Fortbestand der Kammer aus. Daraufhin verkündete die niedersächsische Landesregierung im September 2020 die Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen. Dieses kurze Intermezzo kostet die Steuerzahler Millionen.

Schleswig-Holstein
Ein ähnliches Bild bietet sich in Schleswig-Holstein. Dort wurde im Juli 2015 per Gesetz die Errichtung der Pflegekammer Schleswig-Holstein beschlossen. Grundlage dafür war ebenfalls eine Befragung der Pflegekräfte, die ergab, dass sie sich eine bessere Vertretung ihrer Interessen wünschten. Insgesamt flossen bislang 3,6 Millionen Euro an Steuergeldern als Anschubfinanzierung in die Pflegekammer. Mit dem Ergebnis, dass die Zwangsmitglieder mit 92 Prozent Zustimmung Anfang 2021 die Auflösung der Pflegekammer beschlossen haben. Am 21. Mai 2021 wurde bereits das Gesetz zur Auflösung der Pflegekammer Schleswig-Holstein verabschiedet. Was bleibt, sind erhebliche Kreditverpflichtungen, die wohl auch vom Steuerzahler übernommen werden müssen, so ist es zu befürchten. „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten“, so erkannte es schon Albert Einstein.

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