Eberhard Kanski beim Bürgerdialog der FDP Ennepe-Ruhr
Gerüst ohne Baustelle in Kleve
Desolater Munitionszerlegebetrieb in Hünxe
Beim Bau einer Anlage zur Beseitigung von Kampfstoffen in Hünxe lief vieles schief: Sie wurde viel teurer und später fertig als geplant, funktioniert bis heute nicht richtig und kostet weiterhin Steuergeld.
Seit 1957 betreibt das Land NRW einen Munitionszerlegebetrieb in Hünxe. Dort werden hauptsächlich Fundmunition und Bomben aus den beiden Weltkriegen vernichtet. Nach gutachterlichen Empfehlungen wurde in den Munitionszerlegebetrieb eine neuartige thermische Entsorgungsanlage (TEA) gebaut, die das Rauchgas reinigt, bevor es in die Außenluft gelangt. Im Jahr 2005 sollte die Anlage in Betrieb gehen und knapp 15 Millionen Euro kosten. Doch vieles lief schief. Die Anlage kostete schließlich fast 21 Millionen Euro, ging viel später an den Start – und funktioniert bis heute nur mäßig.
„Bei der Modernisierung des Munitionszerlegebetriebs handelt es sich um ein Pilotprojekt, bei dem Planung und Ablauf sehr komplex und zeitaufwändig waren“, erklärte das NRW-Innenministerium. Ansprüche gegen die ausführende Firma konnten nicht durchgesetzt werden, das Unternehmen ist mittlerweile insolvent. Der Landesrechnungshof (LRH) NRW rügte das Innenministerium denn auch in seinem Jahresbericht 2023. „Insgesamt ist dem Landeshaushalt durch den Bau der neuartigen Anlage erheblicher Schaden entstanden“, so sein Fazit. Im Jahr 2003, so der LHR weiter, hatte das Innenministerium NRW – als Eigentümer der Anlage – den Bau und Liegenschaftsbetrieb (BLB) beauftragt, die Anlage in Hünxe zu planen, den Auftrag zu vergeben, wirtschaftlich abzuwickeln und zu überwachen.
Im Jahr 2005 sollte sie dann in Betrieb gehen, doch erst 2010 sei die TEA fertiggestellt worden. Sofort seien gravierende Mängel aufgetreten, die eine Abnahme bis 2014 verzögerten. Gut zehn Jahre danach befinde sich die TEA zwar im laufenden Betrieb, erreiche aber nicht die vertraglich geforderten Betriebszeiten.
Eigentlich, so der LRH in seinem Jahresbericht 2023 weiter, wollte man auch anderen Bundesländern die Entsorgung ihrer Kampfstoffe in Hünxe anbieten, doch bis heute sei das nicht passiert. Stattdessen seien, so nun das NRW-Innenministerium, von 2015 bis 2023 beim Land insgesamt 1,15 Millionen Euro für Lagerung und Fremdentsorgung von Kampfmitteln angefallen. Zum Problem hieß es aus dem Ministerium: „Bei der Vernichtung der Kampfmittel in der Anlage entsteht eine hohe Staubbelastung. Diese schränkt die Funktionsfähigkeit der Anlage insofern ein, dass sie nicht die maximale Verfügbarkeit
erreichen kann.“
Darüber hinaus wurde im LRH-Jahresbericht 2023 festgestellt, dass die TEA in Hünxe um das Dreifache größer ausgelegt sei, als sie nach dem heutigen Fundaufkommen in NRW sein müsste. Zudem fehle eine hinreichende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach §7 Landeshaushaltsverordnung – ebenso eine detaillierte Kostenanalyse. Auch seien Alternativen zur TEA nicht geprüft und die Anlage durch das Land verfrüht abgenommen worden. Außerdem fehlten vertragliche Regelungen mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb – also dem Dienstleister – zur Kostenobergrenze für die Baumaßnahme oder zur Zuständigkeit des BLB bei der Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen. So seien dem Land in den Jahren 2016 bis 2020 insgesamt 95.000 Euro Kosten für die Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen entstanden. Eigentlich wäre das die Aufgabe des BLB gewesen.
Das NRW-Innenministerium erklärte auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler NRW, dass es keine Alternative zur Zerlegeanlage gegeben habe, die dem Stand der Vorgaben und der Technik entsprochen hätte. Um die Effizienz der Anlage zu steigern, seien verschiedene Maßnahmen zur Optimierung durchgeführt worden. Hierdurch konnte bereits eine Leistungssteigerung erreicht werden. Grundsätzlich könnten alle vorgesehenen Kampfmittel (mit Ausnahme von Kampfmitteln mit Nebel-, Brand- und sonstigem Wirkmittel) in der Anlage vernichtet werden. Bedingt durch die hohe Staubbelastung der Kampfmittel erreiche sie aber nicht die maximale Verfügbarkeit. Deshalb seien Teile des Kampfmittelspektrums in anderen Anlagen wirtschaftlicher zu vernichten und würden auch künftig fremdentsorgt.
Der Bund der Steuerzahler meint: Die Haushaltsgesetze des Landes geben vor, Steuergeld immer wirtschaftlich einzusetzen, auch wenn es sich um staatliche Aufgaben handelt. Bei einem Pilotprojekt wäre es nötig gewesen, besonders sorgfältig zu planen und für mögliche Risiken schon vorab Lösungen zu entwickeln.
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