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Bergrettung mittels Helikopter: Wanderin bleibt auf Kosten sitzen

26.10.2023, https://onlineservice.addison.de/1748528759/urlapi/xml/aktuell/show/id/20555

Eine Wanderin, die mit einem Bekannten, der über mehr Bergerfahrung verfügte, eine Wanderung vornahm, die mit einem Einsatz der Bergrettung endete, kann die Kosten für den Helikoptereinsatz nicht von ihrem Bekannten zurückverlangen. Dies hat das Landgericht (LG) München I entschieden.

Die Parteien hatten sich im November 2021 zu einer gemeinsamen Bergtour auf die Rappenklammspitze im Karwendel verabredet. Der Beklagte verfügte nach eigenen Angaben über Erfahrungen als Wanderer, Bergsteiger und Skitourengeher, hatte jedoch keine qualifizierte Alpinausbildung. Die Klägerin selbst bezeichnete sich als nicht sehr erfahrene Gelegenheitswanderin.

Als die Parteien unterhalb des Gipfels ankamen, stellte die Klägerin fest, dass ihr die Besteigung des Gipfels aufgrund von Fels und Eis zu schwierig sei. Der Beklagte schlug daraufhin vor, man könne statt der Gipfelbesteigung eine Rundtour machen und einen anderen Weg ins Tal zurücknehmen als entlang der Aufstiegsroute. Die Klägerin stimmte dem in dem Bewusstsein zu, dass der Beklagte die Navigation lediglich mithilfe seines Mobiltelefons bewerkstelligen würde.

Die Wegfindung gestaltete sich in der Folge jedoch schwierig, insbesondere aufgrund von Schnee und fehlenden Spuren anderer Wanderer. Die Klägerin bekam Bedenken, da sie sich ihrer Auffassung nach nicht mit hinreichender Geschwindigkeit in Richtung Tal bewegten, sondern immer in etwa auf derselben Höhe weitergingen, und die Nacht hereinzubrechen drohte. Dennoch setzte sie die Tour mit dem Beklagten weiter fort, ohne auf eine Umkehr zu drängen. Als die beiden Wanderer einen Punkt an einer Felswand erreichten, welche die Klägerin nicht hinabsteigen wollte, entschieden sich die Parteien gemeinsam, die Rettung zu alarmieren.

Im Nachgang zur Rettung stellte die Flugrettung der Klägerin rund 8.450 Euro in Rechnung. Diese zahlte, nahm jedoch mit der Klage den Beklagten auf Erstattung in Anspruch. Sie meint, der Beklagte hafte ihr aufgrund eines Gefälligkeitsvertrags, zumindest jedoch aus unerlaubter Handlung. Er habe als faktischer Bergführer dafür Sorge tragen müssen, dass sich die Klägerin nicht unterkühle.

Dem tritt das Gericht entgegen. Es verneint das Bestehen eines Gefälligkeitsvertrags oder die Haftung des Beklagten wegen rechtswidriger Herbeiführung einer Unterkühlung. Eine rein private gemeinsame Freizeitveranstaltung wie eine privat durchgeführte gemeinsame Bergtour sei für sich genommen nicht geeignet, eine vertragliche Haftung zu begründen. Im Vordergrund stehe vielmehr der soziale Kontakt und nicht etwa der Wille der Beteiligten, sich rechtlich zu binden.

Die Bereitschaft des Beklagten, die Tourenplanung zu übernehmen, sei in Ansehung des Umstands, dass es sich nicht um eine kommerziell geführte Tour handelte, sondern um einen Ausflug zweier freundschaftlich miteinander verbundener Personen als eine übliche Gefälligkeit des täglichen Lebens zu qualifizieren. Wie auch sonst im Leben sei hierbei zunächst von der Eigenverantwortung des Einzelnen auszugehen.

Auch wenn einem Teilnehmer aufgrund seiner Erfahrung und seiner Leistungsfähigkeit von Anfang an oder in einer Notsituation auf natürliche Weise das Gesetz des Handelns zuwachse, entstehe daraus nicht ohne weiteres eine Partie, die einer geführten Gruppe gleichstehe. Es bleibe vielmehr eine klassische Gefahrengemeinschaft, die eine Haftung des Beklagten wegen Pflichtverletzung ausschließe. Hierfür spreche auch, dass die Klägerin und der Beklagte die Entscheidungen am Berg gemeinsam getroffen hätten.

Dass der Beklagte sich in einem als Flirt gehaltenen Chat mit der Klägerin vorab als "Ihr persönlicher Bergführer" bezeichnet habe, ändere an der Bewertung nichts. Die Klägerin habe bereits unterhalb des Gipfels klargestellt, dass sie den Gipfel wegen der dort herrschenden Verhältnisse nicht erklimmen wollte, obwohl dies der ursprüngliche Plan der Parteien gewesen sei. Diese Entscheidung zeige, dass sie in der Lage war, ihre eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, dies gegenüber dem Beklagten zu artikulieren und eine gemeinsame Entscheidung hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Tour herbeizuführen. Hierfür spreche auch, dass die beiden gemeinsam entschieden hätten, die Bergrettung zu rufen.

Vor diesem Hintergrund verbleibe es bei der Eigenverantwortung der Klägerin für den Rettungseinsatz.

Landgericht München I, Urteil vom 24.10.2023, 27 O 3674/23, nicht rechtskräftig

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