Auf Steuerwehrtour in Eschweiler
Gespräch mit dem BdSt NRW macht deutlich, wie vielschichtig die finanziellen Probleme in Eschweiler sind
Die vielen Krisen und Herausforderungen der aktuellen Zeit haben auch in Eschweiler erheblichen Einfluss auf den Haushalt. Hinzu kommt die Starkregen- und Flutkatastrophe vom Juli 2021 mit all ihren Auswirkungen. Zwar geht die Stadt davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten oder beschädigten kommunalen Infrastruktur zu 100 Prozent von Bund und Land gefördert wird. Doch Bürgermeisterin Nadine Leonhardt kritisiert die aus ihrer Sicht übermäßige Bürokratie in diesem Zusammenhang. Außerdem binde der Wiederaufbau erheblich Personal, das an anderer Stelle in der Stadt fehle. Das habe Konsequenzen: "Eschweiler kann wie viele andere Kommunen nur noch den Mangel verwalten", stellt Leonhardt fest.
Das spiegelt sich im Haushaltsplan: Insgesamt werden die Haushalte bis 2028 voraussichtlich jedes Jahr negativ abschließen. Eschweiler kann die Defizite durch die Ausgleichsrücklage decken – diese wäre dann aber im Jahr 2028 fast aufgebraucht. Der seit 2016 geltende Hebesatz für die Grundsteuer B wurde in diesem Jahr um 375 Prozentpunkte erhöht und beträgt jetzt 895 Punkte. Um einen echten Haushaltsausgleich erreichen zu können, wäre jedoch ein Hebesatz von 1.350 Prozentpunkten erforderlich gewesen.
BdSt-Kommunalreferent Joscha Slowik betont: "Es sind weiter erhebliche Konsolidierungsanstrengungen auf kommunaler Ebene nötig, aber auch bei den Zwischenebenen – den Kreisen bzw. der Städteregion Aachen – und bei den Landschaftsverbänden." Durch deren Umlagen würden bereits viele finanzielle Mittel der Kommunen gebunden.
Zwischen 2010 und 2017 war Eschweiler in der Haushaltssicherung, konnte in den Folgejahren jedoch sogar Liquiditätskredite abbauen. Durch die aktuellen Krisen steigen diese aber wieder. "Insgesamt ist die Finanzierung der Kommunen nicht ausreichend", betont die Bürgermeisterin. Sie verweist beispielhaft auf die hohen Aufwandsposten für die Kinder- und Jugendhilfe.
Letztlich, so Nadine Leonhardt, gehe es auch um eine gesellschaftliche Frage: „Welche Standards wollen und können wir uns leisten? Höchste Standards ohne entsprechende Kosten funktionieren nicht", sagt die Bürgermeisterin. Ihr sei es wichtig, mehr Projekte in einer Gesamtschau zu betrachten und mehr gebündelt umzusetzen.
Der BdSt NRW hat die Standards schon lange im Blick. "Aufgabenkritik muss zum Standardrepertoire einer jeden Stadt gehören", fordert BdSt-Landesgeschäftsführer Hans-Ulrich Liebern. "Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung und interkommunalen Zusammenarbeit sollten stets mitgedacht und bestmöglich genutzt werden." Dabei muss festgehalten werden, dass Eschweiler schon seit mehreren Jahrzehnten in Sachen Grundstücksvermarktung und Schaffung von interkommunalen Gewerbegebieten an den jeweiligen Stadtgrenzen mit den Nachbarn zusammenarbeitet.
Auf seiner Steuerwehr-Tour, die der Bund der Steuerzahler NRW in diesem Jahr zu seinem 75-jährigen Bestehen unternimmt, besucht der Verband Städte und Gemeinden mit schwieriger Haushaltslage, um mit den Bürgermeistern und Kämmerern Gespräche über den aktuellen Haushalt und die Möglichkeit von Steuersenkungen zu führen.
Lesen Sie auch: