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Altersrenten: Keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung

15.07.2021, http://www.musterkanzlei.info/2002288/news/steuer/top/12720-doppelbesteuerung

Eine doppelte Besteuerung von Altersrenten liegt vor, wenn die einem Steuerpflichtigen voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer sind als die von ihm aus versteuertem Einkommen entrichteten Altersvorsorgeaufwendungen. Dies geht aus einem Gerichtsbescheid des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg hervor.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute, die seit 2014 jeweils eine Regelaltersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) erhalten. Im Streitjahr 2017 erklärte der Kläger neben Versorgungsbezügen aus einem früheren Beamtenverhältnis in Höhe von 24.560 Euro Einnahmen aus Leibrenten von 5.785 Euro und die Klägerin von 18.975 Euro. Das beklagte Finanzamt unterwarf die Altersrenten der Einkommensteuer. Im Einspruchsverfahren rügten die Kläger eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung. Das zu versteuernde Einkommen sei um die – vermeintlich – steuerpflichtigen Teile der Renten zu kürzen, sodass sich richtigerweise ein zu versteuerndes Einkommen von 15.232 Euro ergebe (32.335 Euro ./. 17.103 Euro). Nach der Splittingtabelle betrage die Einkommensteuer daher null Euro und nicht 3.054 Euro. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, weil die Kläger keine Nachweise über die von ihnen behauptete Doppelbesteuerung vorgelegt hätten. Im Klageverfahren legten die Kläger Aufstellungen über die von ihnen aufgewandten Altersvorsorgeaufwendungen und über die steuerfreigestellten Rententeilbeträge vor.

Das FG wies die Klage ab. Die steuerpflichtigen Teile der Leibrenten der Kläger seien gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a Doppelbuchst. aa Sätze 2 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) in zutreffender Höhe zugrunde gelegt worden. Dabei könne offenbleiben, ob die Einwände der Kläger bereits im Verfahren der Steuerfestsetzung geprüft oder nur in einem gesondert – vorliegend noch nicht durchgeführten – Billigkeitsverfahren auf der Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) gehört werden könnten. Denn es sei keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung der Rentenbezüge der Kläger gegeben.

Eine doppelte Besteuerung liege vor, wenn die einem Steuerpflichtigen voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer seien als die von ihm aus versteuertem Einkommen entrichteten Altersvorsorgeaufwendungen. Diese Voraussetzung sei bei den Klägern nicht erfüllt. Die voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge des Klägers summierten sich auf 31.752,19 Euro, die der Klägerin auf 121.346 Euro. Sie seien damit höher als die aus ihrem versteuertem Einkommen geleisteten Teile ihrer Altersvorsorgeaufwendungen, nämlich die des Klägers von 4.000,76 Euro und der Klägerin von 54.682,63 Euro.

Die den Klägern künftig (voraussichtlich) steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge ermittelten sich dergestalt, dass der jeweilige steuerfreie Jahresbetrag der Rente im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebenen durchschnittlichen weiteren statistischen Lebenserwartung zu multiplizieren sei, wobei die Berechnung auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen sei.

Der steuerfreie Jahresbetrag der Rente betrage für den Kläger 1.740,80 Euro und für die Klägerin 5.710,40 Euro. Der Kläger beziehe seit 01.07.2014 und die Klägerin seit 01.12.2014 jeweils eine Regelaltersrente der DRV. Damit betrage der Besteuerungsanteil ihrer Renten 68 Prozent. Für die erforderliche Berechnung des steuerfreien Teils der Rente sei sodann – anders als bei der Festlegung des Besteuerungsanteils – das dem Rentenbeginn folgende Jahr – vorliegend also 2015 – zugrunde zu legen.

Ausweislich des Steuerbescheides für 2015 habe der Jahresbetrag der Rente des Klägers 5.440 Euro und der Klägerin 17.845 Euro betragen, sodass sich für den Kläger ein steuerfreier Teil der Rente in Höhe von 1.740,80 Euro (5.440 Euro x 32 Prozent) und für die Klägerin in Höhe von 5.710,40 Euro (17.845 Euro x 32 Prozent) errechne. Dieser bleibe für die gesamte Laufzeit der jeweiligen Rente unverändert. Rentenerhöhungen seien daher vollständig steuerpflichtig.

Die im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebene durchschnittliche weitere statistische Lebenserwartung des Klägers betrage 18,24 Jahre und die der Klägerin 21,25 Jahre. Maßgebend für deren Ermittlung sei die im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbare Sterbetafel. Da die Kläger bei Renteneintritt aber bereits 65 Jahre und drei Monate alt gewesen seien, sei die statistische Lebenserwartung, die nach der Sterbetafel auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstelle, um jeweils drei Monate zu mindern, also für den Kläger auf 18,24 Jahre und für die Klägerin auf 21,25 Jahre. Dies führe zu voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge für den Kläger von insgesamt 31.752,19 Euro (1.740,80 Euro x 18,24) und für die Klägerin von 121.346 Euro (5.710,40 Euro x 21,25). Diese den Klägern voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge seien höher als die von ihnen aus ihrem versteuertem Einkommen geleisteten Teile ihrer Altersvorsorgeaufwendungen.

Die Kläger hätten aus ihrem versteuerten Einkommen Altersvorsorgeaufwendungen von 4.000,76 Euro (der Kläger) und von 54.682,63 Euro (die Klägerin) geleistet. Bei der Berechnung sei zwischen der Rechtslage bis 2004 und nach 2005 zu differenzieren.

Die Berechnung der aus versteuertem Einkommen geleisteten Teilbeträge für Altersvorsorgeaufwendungen für die Veranlagungszeiträume bis 2004 sei so durchzuführen, dass die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig am beschränkten Sonderausgabenabzug teilnehmen. Dasselbe gelte auch für Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit sie der Erlangung eines mit dem Niveau der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen vergleichbaren Schutz dienten. Bei zusammenveranlagten Ehegatten sei der gewährte (begrenzte) Sonderausgabenabzug anders als bei der Einkünfteermittlung einheitlich zu betrachten und im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Versicherungsbeiträge beider Ehegatten aufzuteilen und der entsprechende Anteil am Sonderausgabenabzug den jeweiligen Rentenversicherungsbeiträgen zuzuordnen.

In den Veranlagungszeiträumen ab 2005 sei – soweit nicht aufgrund der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG noch die Rechtslage bis 2004 bei der Veranlagung angewendet worden sei – aufgrund der veränderten Rechtslage der aus versteuertem Einkommen geleistete Teilbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen in der Weise zu ermitteln, dass der prozentuale Anteil der vom Kläger geleisteten Rentenversicherungsbeiträge an der Summe der von beiden Ehegatten geleisteten Rentenversicherungsbeiträge ermittelt werde. Dieser prozentuale Anteil am Sonderausgabenabzug entfalle auf die Rentenversicherungsbeiträge. Ab 2005 werde nämlich der Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen aufgeteilt. Während Altersvorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nr. 2 EStG nach § 10 Absatz 3 EStG abhängig von einer jährlich ansteigenden Prozentzahl bis zu einem Höchstbetrag als Sonderausgaben abgezogen werden könnten, könnten die weiteren Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Absatz 1 Nr. 3 und Nr. 3a EStG nur im Rahmen des § 10 Absatz 4 EStG geltend gemacht werden. Die nicht durch den anteiligen Sonderausgabenabzug berücksichtigten Rentenversicherungsbeiträge seien die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teilbeträge der Altersvorsorgeaufwendungen.

Nach den Angaben im Klageverfahren habe der Kläger (bis zu seiner Verbeamtung) Altersvorsorgeaufwendungen von 8.986,46 Euro und die Klägerin von 94.146,99 Euro geleistet. Daneben seien die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig in die Berechnung des abziehbaren Teils der Altersvorsorgeaufwendungen einzustellen. Im Streitfall seien dies die Beiträge der Kläger zur gesetzlichen Renten- (RV), Kranken- (KV), Pflege- (PV) und Arbeitslosenversicherung (AV). Dasselbe gilt laut FG auch für Beiträge des Klägers zur privaten KV/PV ab dem Zeitpunkt seiner Verbeamtung zum 01.07.1991, soweit sie der Erlangung eines mit dem Niveau der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung vergleichbaren Schutzes dienten.

Im Weiteren seien für die Jahre bis einschließlich 2004 der prozentuale Anteil der RV-Beiträge der Kläger an ihren jeweiligen vorrangigen Vorsorgeaufwendungen (RV, KV [Basis], PV, AV) zu ermitteln. Bei den Klägern sei allerdings auch für 2005 aufgrund der Günstigerprüfung nach § 10 Absatz 4a EStG noch die Rechtslage bis 2004 angewandt worden, sodass sich die nachfolgende Berechnung auch noch auf dieses weitere Jahr erstrecke.

Von dem gewährten Sonderausgabenabzug entfalle dann grundsätzlich der (vorstehend ermittelte) prozentuale Anteil auf die RV-Beiträge. Bei zusammenveranlagten Ehegatten sei aber zuvor noch der gewährte Sonderausgabenabzug im Verhältnis der von ihnen geleisteten und geltend gemachten vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen aufzuteilen. Erst dann sei der anteilig auf die Rentenversicherungsbeiträge des betroffenen Ehegatten entfallende Anteil am Sonderausgabenabzug zu ermitteln. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger im Zeitraum 1998 bis 2005 einen Betrag von 4.000,76 Euro aus seinem versteuerten Einkommen für Altersvorsorgeaufwendungen geleistet habe; bei der Klägerin sei dies ein Betrag von 30.372,36 Euro gewesen.

Dasselbe gelte im Grundsatz auch für die Zusammenveranlagung der Ehegatten in den Veranlagungszeiträumen ab 2005. Auch hier sei zur Gewährleistung eines einheitlichen, beide Ehegatten gleich behandelnden Aufteilungsmaßstabs von einem einheitlichen Sonderausgabenabzug nach § 10 Absatz 3 EStG für beide Ehegatten auszugehen. Dieser sei im prozentualen Verhältnis der von ihnen jeweils getragenen Rentenversicherungsbeiträge aufzuteilen. Vorliegend entfalle der Sonderausgabenabzug für die Altersvorsorgeaufwendungen aber vollständig auf die Klägerin, da der Kläger als Beamter von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei. Diese Betrachtung gelte allerdings erst ab 2006, da für 2005 aufgrund der Günstigerprüfung noch die alte Rechtslage bis 2004 angewandt worden sei. Hieraus ergebe sich, dass die Klägerin im Zeitraum 2006 bis 2014 24.310 Euro aus ihrem versteuerten Einkommen für Altersvorsorgeaufwendungen geleistet habe.

Gegen den Gerichtsbescheid des FG wurde Revision eingelegt. Diese ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 6/21 anhängig.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid 08.03.2021, 1 K 937/19, nicht rechtskräftig

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