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Abgasskandal: Keine Beihilfe des Zulieferers Bosch zu möglichen Kapitalmarktdelikten von VW
Aktionären der Volkswagen AG stehen gegen den Zulieferer der in Dieselfahrzeugen verbauten Software, der Bosch GmbH, keine Schadenersatzansprüche wegen Beihilfe zu einer unterbliebenen oder unrichtigen Information des Kapitalmarkts zu. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Ab 2008 produzierte VW eine neue Baureihe von TDI-Dieselmotoren in Serie. In den damit ausgestatteten Fahrzeugen war eine Software verbaut, die erkannte, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung von Emissionswerten befindet. Die Beklagte lieferte VW die Software. Durch eine entsprechende Programmierung der Software schaltete das Steuerungssystem auf dem Prüfstand in einen Modus, der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit einen gegenüber dem Normalbetrieb geringeren Ausstoß an Stockoxiden bewirkte.
Die Kläger erwarben im Dezember 2013 Aktien der VW AG für 12.234,60 Euro. Am 03.09.2015 räumte die VW AG gegenüber US-amerikanischen Behörden ein, die entsprechend programmierte Software in ihren Dieselfahrzeugen verbaut zu haben. Am 21.09.2015 veräußerten die Kläger die Aktien für 8.474,40 Euro. Mit Ad-Hoc-Meldungen vom 22. und 23.09.2015 informierte die VW AG den Kapitalmarkt erstmals über die Verwendung der Software.
Die Kläger begehren von der beklagten Bosch GmbH Ersatz des Unterschiedsbetrags zwischen ihren Erwerbsaufwendungen und dem Veräußerungserlös. Sie legen der Beklagten zur Last, durch die Softwarelieferung Beihilfe zur unterbliebenen beziehungsweise nicht rechtzeitigen Information des Kapitalmarkts durch die VW AG geleistet und sie dadurch geschädigt zu haben.
Die Klage hatte in keiner Instanz Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass die Beklagte den Klägern nicht wegen der Lieferung der Software an VW schadenersatzpflichtig ist. Ob die VW AG durch die nicht rechtzeitige Unterrichtung über die Verwendung der Motorsteuerungssoftware eine unerlaubte Handlung zum Nachteil ihrer Aktionäre begangen hat (§§ 31, 823 Absatz 2, § 826 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), könne offengelassen werden. In der Softwarelieferung durch die Beklagte liege jedenfalls keine Beihilfe (§ 830 Absatz 2 BGB) dazu. Sie sei nach natürlichem Sprachgebrauch keine Erleichterung oder Förderung der der VW AG angelasteten Kapitalmarktdelikte, weil sie deren Pflicht zur Unterrichtung des Kapitalmarkts über ihre Verwendung überhaupt erst mitbegründet haben kann.
Ein die Grenzen des Wortsinns auslotendes oder sogar überdehnendes Verständnis des Begriffs der Hilfeleistung ist laut BGH auch nicht aus Gründen des Rechtsgüterschutzes geboten. Der Schutz der potentiellen Anleger und Aktionäre der VW AG vor der unrichtigen Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft werde nicht schon durch die Softwarelieferung, sondern erst durch eine pflichtwidrig nicht rechtzeitige Unterrichtung über ihre Verwendung zur Abgassteuerung der Dieselmotoren beeinträchtigt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2021, II ZR 152/20