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Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Schließen internationalem Schutz aus

07.12.2023

Das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen hat die Asylklage eines afghanischen Staatsangehörigen abgewiesen, der internationalen Schutz begehrt hatte. Es sei davon auszugehen, dass der Afghane als Mitglied des afghanischen Geheimdienstes in den Jahren 1984 bis 1992 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen habe beziehungsweise zumindest daran beteiligt gewesen sei.

Der heute 55-jährige, im Jahr 2015 mit Ehefrau und Kindern nach Deutschland eingereiste afghanische Staatsangehörige hatte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes begehrt. Die Klage blieb erfolglos, weil das Gericht gesetzliche Ausschlussgründe sah. Es war nach persönlicher Anhörung des Klägers überzeugt, dass die Annahme gerechtfertigt sei, er habe während seiner beruflichen Zugehörigkeit zum afghanischen Geheimdienst in den Jahren 1984 bis 1992 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen beziehungsweise sich mindestens daran beteiligt.

Afghanistan sei in der Zeit von 1978 bis 1992 eine Diktatur gewesen, in der die kommunistische Partei DVPA mit eiserner Hand regiert habe. Die Sicherheitsdienste der Regierungspartei hätten eine entscheidende Rolle für das Überleben des Regimes gespielt. Die zahlreichen vorsätzlichen Tötungen, Folterungen und Vergewaltigungen, die der afghanische Geheimdienst zwischen 1980 und dem Sturz des Regimes 1992 begangen habe, seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Es sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Offizier des Geheimdienstes einen Tatbeitrag dazu geleistet habe. Es sei davon auszugehen, dass vermutlich alle Unteroffiziere und Offiziere persönlich an Verhaftungen, Verhören, Folter und sogar der Hinrichtung von Verdächtigten beteiligt gewesen seien. Die Einlassung des Klägers, der bestritt, während seiner Zeit beim afghanischen Geheimdienst jemals an einer Menschenrechtsverletzung beteiligt gewesen zu sein, wertete das Gericht als unglaubhafte Schutzbehauptung.

Jedenfalls sei ihm während seiner Dienstzeit bekannt gewesen, dass Mitglieder des Geheimdienstes in einem immens großen Umfang und "routiniert" Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten. Es sei unvorstellbar, dass jemand, der für die afghanischen Sicherheitsdienste gearbeitet habe und noch dazu – wie der Kläger – acht Jahre lang in der Laufbahn eines Offiziers tätig gewesen und währenddessen viermal befördert worden sei, nichts von den schweren Menschenrechtsverletzungen gewusst habe, die innerhalb wie außerhalb Afghanistans bekannt gewesen seien. Die afghanischen Sicherheitsdienste seien während des damaligen Regimes für ihre brutalen Methoden berüchtigt gewesen.

Für den Kläger besteht aufgrund bestandskräftiger Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Beklagte) ein Abschiebungsverbot aus humanitären Gründen wegen einer ihm in Afghanistan drohenden existenziellen Notlage.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Niedersachsen stellen.

Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 16.11.2023, 4 A 161/18, nicht rechtskräftig

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