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Spaniens Steuerregelung für bestimmte Werften: Unzulässige staatliche Beihilfe

25.09.2020

Die spanische Steuerregelung für bestimmte von Werften geschlossene Finanzierungs-Leasingvereinbarungen stellt eine Beihilferegelung dar. Die in diesem Rahmen gewährten rechtswidrigen staatlichen Beihilfen sind von ihren Empfängern zurückzufordern. Dies hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) entschieden.

2006 war die EU-Kommission mit mehreren Beschwerden über die Anwendung des spanischen True-Lease-Modells SEAF auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen befasst worden, da damit den Reedereien ermöglicht wurde, für den Kauf von Schiffen, die von spanischen Werften gebaut wurden, einen Preisnachlass von 20 bis 30 Prozent zu erhalten. Laut Kommission bestand das Ziel des SEAF darin, wirtschaftlichen Interessenvereinigungen (im Folgenden: WIV) und den daran beteiligten Investoren Steuervergünstigungen zukommen zu lassen, die anschließend von diesen Begünstigten zum Teil an die Reedereien weitergegeben worden seien, die ein neues Schiff gekauft hätten. In einem Beschluss vom Juli 2013 befand die Kommission, dass das SEAF eine staatliche Beihilfe in Form eines selektiven Steuervorteils darstelle, die teilweise mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Da diese Beihilferegelung seit 01.01.2002 unter Verstoß gegen die Anmeldepflicht durchgeführt worden war, gab die Kommission den nationalen Behörden auf, die betreffenden Beihilfen von den Investoren, also den Mitgliedern der WIV, zurückzufordern. Spanien klagte auf Nichtigerklärung des Kommissionsbeschlusses. Die Klage war vor dem EuG letztlich erfolglos.

Das EuG stellt fest, dass die Inanspruchnahme der in Rede stehenden Steuerregelung von der Steuerverwaltung im Rahmen eines Systems vorheriger Genehmigungen auf der Grundlage vager Kriterien gewährt wird, die eine Auslegung mit sich bringen, für die es keinerlei Rahmenvorgaben gibt. Somit könne die Steuerverwaltung den Zeitpunkt des Beginns der Abschreibung anhand von Umständen festlegen, die so definiert sind, dass sie ihr einen erheblichen Ermessensspielraum einräumen. Das Vorliegen dieser Ermessensaspekte sei geeignet, die Begünstigten besser zu stellen als andere Steuerpflichtige, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Lage befinden. Insbesondere seien andere WIV unter denselben Voraussetzungen möglicherweise nicht in den Genuss der vorzeitigen Abschreibung gekommen. Ferner hat EuG das Vorbringen, dass die Genehmigung in der Praxis allen in dem fraglichen Sektor tätigen WIV erteilt worden sei, mit dem Hinweis verworfen, dass es angesichts des Ermessenscharakters, den die Regelung von Rechts wegen aufweist, unerheblich ist, ob ihre Anwendung tatsächlich im Ermessen erfolgt sein mag. Es hat daraus geschlossen, dass die Kommission fehlerfrei das SEAF insgesamt als selektiv ansah, da eine der die volle Inanspruchnahme des Systems ermöglichenden Maßnahmen, nämlich die Genehmigung der vorzeitigen Abschreibung, selektiv war.

Sodann hat das Gericht hervorgehoben, dass der Markt für den An- und Verkauf von Seeschiffen dem Handel zwischen Mitgliedstaaten offensteht und dass ein Nachlass auf den Preis eines Schiffes in der Größenordnung von 20 bis 30 Prozent den Wettbewerb auf diesem Markt, dem Tätigkeitsfeld der WIV, zu verfälschen droht. Somit seien die Voraussetzungen in Bezug auf die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung und einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten erfüllt. Das EuG hat daher den Klagegrund zurückgewiesen, wonach verkannt worden sei, wann eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstelle.

Bei der Prüfung der Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen hat das EuG die behauptete Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes verneint. Spanien habe nämlich nicht nachweisen können, dass es von der Kommission präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen erhalten habe, aus denen sich ergäbe, dass die fragliche Regelung nicht unter den Begriff der staatlichen Beihilfe fällt. Auch habe die Kommission das Erfordernis der Rechtssicherheit in ihrem Beschluss gebührend berücksichtigt. Diese Berücksichtigung habe sie zu einer zeitlichen Begrenzung der Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen veranlasst. Die Rückforderung der Beihilfen sei nämlich auf diejenigen begrenzt, die nach Bekanntgabe der Entscheidung über die französischen WIV zu Steuerzwecken gewährt worden waren, die einen durch die Entscheidung Brittany Ferries hervorgerufenen Zustand der Rechtsunsicherheit beendet hatte.

Nach der Feststellung des Gerichts irrte die Kommission insoweit nicht in der Annahme, dass die Bekanntgabe jener Entscheidung jede Rechtsunsicherheit beseitigt hatte, da darin eine mit dem SEAF vergleichbare Regelung als staatliche Beihilfe eingestuft worden war. Darüber hinaus hat das EuG hervorgehoben, dass die Gültigkeit dieser Feststellung nicht durch spätere Umstände wie eine angebliche Untätigkeit der Kommission in Bezug auf die fragliche Regelung in Frage gestellt wird. Schließlich hat es auch den Klagegrund eines Verstoßes gegen die für die Rückforderung geltenden Grundsätze zurückgewiesen. Spanien habe den Kommissionsbeschluss beanstandet, soweit damit die Rückforderung der gesamten Beihilfe von den Investoren (den Mitgliedern der WIV) angeordnet werde, obwohl ein Teil der Steuervergünstigung an die Reedereien weitergegeben worden sei. Nachdem die Kommission entschied, dass die Reedereien nicht die Empfänger der Beihilfe seien, habe die Rückforderungsanordnung ausschließlich und vollumfänglich die Investoren getroffen, die aufgrund der steuerlichen Transparenz der WIV die einzigen Empfänger der gesamten Beihilfe waren. Die Kommission habe, als sie die Rückforderung der gesamten Beihilfe von den Investoren anordnete, obwohl diese einen Teil des Vorteils an andere Wirtschaftsteilnehmer weitergegeben hatten, keinen Fehler begangen, da Letztere nicht als Empfänger der Beihilfe angesehen worden seien. Es seien nämlich die Investoren gewesen, die den effektiven Nutzen von der Beihilfe hatten, da die anwendbare Regelung sie nicht zur Weitergabe eines Teils der Beihilfe an Dritte verpflichtete.

Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 23.09.2020, T-515/13 RENV und T-719/13 RENV

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