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Kommunen entschulden, ohne Schuldenbremse zu brechen

Presseinformation 01.04.2022

Urteil zum Corona-Sondervermögen mahnt

Die Landtagsmehrheit hat heute eine höchst umstrittene Änderung der Landesverfassung verabschiedet, um eine milliardenschwere Übernahme kommunaler Kassenkredite durch das Land Rheinland-Pfalz zu erlauben. Der Steuerzahlerbund kritisiert das als verfassungswidrige Umgehung der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Ein Landtag hat nicht das Recht, beliebig neue Ausnahmen zu erfinden, wenn die Vorgaben des Grundgesetzes nicht genehm sind. Dafür zeigt das aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtshofs zum teilweise rechtswidrigen Corona-Sondervermögen, wie das Projekt kommunale Entschuldung enden könnte.

 

„Gegen die Verfassungsänderung zur Entschuldung der Kommunen gibt es viel Kritik – nicht nur vom Steuerzahlerbund, sondern auch vom Landesrechnungshof sowie von renommierten Verfassungsrechtlern wie Prof. Dr. Christoph Gröpl und Finanzwissenschaftlern wie Prof. Dr. Lars Feld. Selbst aus Reihen der Kommunalverbände gibt es rechtliche Bedenken gegen die Art und Weise der Entschuldung“, so René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz. „Doch das interessierte die übergroße Koalition im Landtag nicht wirklich. Sie feiert sich für eine vermeintlich historische Entscheidung des Parlaments, doch tatsächlich wird hier am Sarg der Schuldenbremse gezimmert. Es wird von einer Ausnahme gesprochen, aber nach diesem Dammbruch in der Landesverfassung dürften weitere vorgebliche Ausnahmen nur eine Frage der Zeit und politischer Mehrheiten sein.“  

Der BdSt Rheinland-Pfalz verweist erneut darauf, dass das Grundgesetz die Ausnahmemöglichkeiten für die Bundesländer vorgibt. „Kredite aus konjunkturellen Gründen sowie bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen, sind möglich und völlig legitim. Nichts davon deckt aber eine milliardenschwere Übernahme kommunaler Schulden als Landesschulden ab“, so Quante. „Der Landtag hat bei der Schuldenbremse kein Ausnahmefindungsrecht! Auch der Landesrechnungshof hat das den Parlamentariern bestätigt. Man stelle sich vor: Wenn eine große Landtagsmehrheit nach Belieben neue Ausnahmen erfinden oder für politische Projekte bestimmen könnte, dass die Schuldenbremse plötzlich nicht anzuwenden ist, wäre sie letztlich wertlos.“   

Ebenso wenig überzeugt die Begründung der Fraktionen, dass übernommene Schulden für das Land keine Einnahmen aus Krediten darstellen würden. „Sinn und Zweck der neuen Schuldenbremse ist es, die Verschuldung effektiv und nachhaltig zu begrenzen – sogar in Rheinland-Pfalz. Das geschah vor dem Hintergrund, dass die alte Schuldenregelung über die weite Interpretation des Investitionsbegriffes viel zu oft ausgehebelt wurde. Man denke z.B. an die Pervertierung des Investitionsbegriffes durch den verfassungswidrigen Pensionsfonds“, erinnert Quante. „Nun wiederholt sich das politische Spiel um die kreativsten Neuauslegungen von Begriffen zur Umgehung der Schuldenbremse – damals des Investitionsbegriffes und heute, was Einnahmen aus Krediten sind. Was bleibt, sind zusätzliche Milliardenschulden, für die das Land künftig Zins und Tilgung zu leisten hat. Kommende Landeshaushalte werden so in ihren finanziellen Möglichkeiten beschnitten.“  

Der Steuerzahlerbund kritisiert den eingeschlagenen Weg der kommunalen Entschuldung, aber nicht die Notwendigkeit dafür. „Natürlich muss den Kommunen finanziell geholfen werden. Immerhin sind diese über ein Jahrzehnt lang Opfer verfassungswidriger Finanzausgleiche des Landes geworden. Ein großer Teil der heute bestehenden kommunalen Kassenkredite lässt sich auf diese fatale Landespolitik zurückführen. Aber ein Verfassungsbruch rechtfertigt nicht den nächsten Verfassungsbruch“, kritisiert Quante. „Stattdessen hätten vorhandene Steuereinnahmen und Landesrücklagen zur Schuldentilgung eingesetzt werden können. So hätte die Entschuldung vielleicht zwei bis drei Jahre gedauert, aber das wäre ein zweifelsfrei verfassungskonformer Weg gewesen.“

Dafür zeigt das heutige Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz zur teilweisen Rechtswidrigkeit des Corona-Sondervermögens, wie die Entschuldung der Kommunen durch die fatale Neuauslegung der Schuldenbremse enden könnte. „Auch beim umstrittenen Corona-Sondervermögen gab es neben dem Steuerzahlerbund viele weitere renommierte Kritiker, die im Vorfeld vehement auf die Verfassungswidrigkeit bei schuldenfinanzierten Ausgaben ohne hinreichenden Pandemiebezug hingewiesen haben. Doch die Regierung und Landtagsmehrheit haben die Bedenken damals ebenso beiseite gewischt wie heute. Auch damals hat es nicht an bombastischem Eigenlob und Versicherungen der Zulässigkeit gefehlt. Doch heute stehen dieselben Politiker vor den Trümmern ihrer Tricksereien mit der Schuldenbremse – über 170 Millionen Euro an geplanten Mitteln dürfen nicht eingesetzt werden. Unsere Kommunen haben Besseres verdient, als die nächsten Opfer zu werden.“

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