Verträge auf Kosten der Steuerzahler
Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden – so hat es die große Koalition mit dem Klimaschutzgesetz 2021 beschlossen. Ein Problem dabei: Einige Unternehmen wären mit einer klimaneutralen Produktion auf absehbare Zeit kaum wettbewerbsfähig. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Grundstoffindustrien wie Stahl, Zement sowie Teile der chemischen Industrie. Um diese Wettbewerbslücke zu schließen, will die Bundesregierung klimaneutrale Produktionsprozesse in der Grundstoffindustrie massiv fördern. Dazu sind zwei neue Instrumente geplant: Grüne Leitmärkte und sogenannte Klimaschutzverträge.
„Klimaschutzverträge“ sind Verträge zwischen dem Staat und Unternehmen. Der Staat verpflichtet sich darin für 15 Jahre, dem Unternehmen jene Mehrkosten auszugleichen, die durch eine klimaneutrale Produktion im Vergleich zu einer herkömmlichen Produktion entstehen. Gleichzeitig sichert er das Unternehmen gegen Risiken wie schwankende CO2-Preise ab. Die ersten „Klimaschutzverträge“ sollen dieses Jahr unterzeichnet werden, wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler erklärt.
Für den Steuerzahler kann das teuer werden. Im Sondervermögen „Klima- und Transformationsfonds“ sind in diesem Jahr rund 2,2 Mrd. Euro für die Dekarbonisierung der Industrie vorgesehen – davon rund 442 Mio. Euro für die sogenannten Klimaschutzverträge. Bis 2040 sind aktuell bis zu insgesamt 68 Mrd. Euro Subventionen für die Dekarbonisierung der Industrie vorgesehen, worunter auch die „Klimaschutzverträge“ fallen.
Das Wirtschafts- und Klimaministerium verteidigt die geplante Subvention und betont, dass sie effizient sei und eine Überkompensation der Unternehmen vermeide. Im entsprechenden Referentenentwurf vom November 2022 heißt es dazu: „Sofern im Laufe der Vertragslaufzeit der effektive CO2-Preis den im Klimaschutzvertrag festgelegten Vertragspreis übersteigt, endet die staatliche Förderung nicht nur, sie kehrt sich um in eine Zahlungspflicht der Unternehmen an den Staat.“ Dass es dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls der Wissenschaftliche Beirat beim BMWK. Der Vorsitzende des Gremiumsbetonte nämlich, dass eine teilweise Rückzahlung der Förderung zwar theoretisch möglich, „praktisch aber kaum zu erwarten“ sei. Er befürchtete eher eine „Überförderung“. Auch sonst raten die Experten davon ab und warnen, dass Klimaschutzverträge sehr teuer werden können. Sie empfehlen den Einsatz nur in „eng begrenztem Umfang“ für den Einstieg in die klimaneutrale Produktion.
Für geeigneter halten die Experten das Instrument der grünen Leitmärkte, da sie „mehr Wettbewerb ermöglichen und mit weit geringeren Informationsanforderungen an den Staat verbunden sind“. Zudem seien sie technologieoffen und offen für den Markteintritt neuer Unternehmen. Und nicht zuletzt setzten sie „starke Anreize für die Weiterentwicklung klimafreundlicher Technologien“.
Die Bundesregierung sollte die Warnungen ihrer Experten ernst nehmen und neue Subventionen in Form von sogenannten Klimaschutzverträgen – wenn überhaupt – nur für Pilotprojekte einsetzen. Eine breit angelegte Förderung mit langen und umfassenden Zahlungsverpflichtungen für die Steuerzahler sollte unbedingt vermieden werden. Schließlich gibt es geeignetere Instrumente, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Hier besteht erhebliches Einsparpotenzial für den Bundeshaushalt.