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Rik Steinheuer, Vorsitzender des BdSt NRW, über die verkorkste Grundsteuerreform
© BdSt NRW/Annette Koroll

Schluss mit Grundsteuer!

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 12.04.2024, Slowik/Sprengel/Ernst

Ab 2025 soll die Grundsteuer nach dem neu reformierten Modell erhoben werden. Dieses krankt allerdings an allen Ecken und Enden. Wie kurzfristig eine Korrektur helfen könnte, warum die Grundsteuer langfristig keine Daseinsberechtigung hat und was der BdSt NRW in einer Anhörung im Landtag vorschlägt: 

Drastische Erhöhungen der Grundsteuer-B 
Es kommt in diesem Jahr nicht nur in besonders vielen NRW-Kommunen zu Erhöhungen bei der Grundsteuer B, sondern die Erhöhungen fallen vielerorts auch noch sehr hoch aus. Die Schallmauer von 1.000 Punkten ist in NRW durchbrochen und viele Kommunen planen Hebesätze, die davon nicht weit entfernt sind. Das ist Ergebnis der Grundsteuer B-Erhebung des BdSt NRW im März 2024. Nordrhein-Westfalen hatte im bundesweiten Vergleich bisher schon die höchsten Grundsteuer-B-Hebesätze unter den Flächenländern. Angesichts der Entwicklung, die sich für dieses Jahr abzeichnet, dürfte unser Bundesland diesen negativen Spitzenplatz weiterhin behalten.

Lastenverschiebung hin zu Wohnimmobilien 
Bei der Grundsteuerreform nach dem in Nordrhein-Westfalen zur Anwendung kommenden Bundesmodell findet eine Belastungsverschiebung von Gewerbe- hin zu Wohnimmobilien satt, die in diesem Ausmaß nicht gewollt gewesen sein kann. Mit Urteil vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht das einstige System der grundsteuerlichen Bewertung für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Im Zuge der Reform wurden dann die veralteten Werte, welche zur Grundlage der Berechnung der Grundsteuer herangezogen werden, neu berechnet. Damit entstand allerdings eine Unwucht: Durch die zwei verschiedenen Berechnungsmethoden (Ertragswertverfahren bei Wohngrundstücken, Sachwertverfahren bei Gewerbegrundstücken), die beim Bundesmodell zur Anwendung kommen, und schlechtere Lagen von Gewerbegrundstücken, ergeben sich höhere Werte insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser und niedrigere Werte für gewerblich genutztes Eigentum. Das führt zu höheren Grundsteuerabgaben bei Wohnimmobilien und niedrigeren Abgaben bei Gewerbeimmobilien. 

Kritikpunkte an Grundsteuerreform 
Der Bund der Steuerzahler NRW unterstützt mehrere Klagen gegen die Grundsteuer, die bei den Finanzgerichten Düsseldorf und Köln eingereicht wurden. Die Kritikpunkte des BdSt sind im Wesentlichen: 

  • Es gibt verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Bundesmodell wegen der pauschalen Miet- und Bodenrichtwerte, die nicht durch den Gegenbeweis eines niedrigeren gemeinen Werts korrigiert werden können. 

  • Es ist für alle unklar, ob die Grundsteuer 2025 verfassungskonform erhoben wird; die Musterverfahren werden bis dahin nicht rechtskräftig entschieden sein. 

  • Die „Aufkommensneutrale Steuerreform“ wird zur Farce, denn zahlreiche Kommunen heben bereits ein Jahr vorher die Hebesätze stark an. 

  • Es gibt eine Belastungsverschiebung weg von gewerblich genutzten Grundstücken hin zu Wohngrundstücken durch das neue Bundesmodell – zum Nachteil von Wohngrundstücken. 


Faktoren, um gegenzusteuern 

  • Zurückhaltung, den Kommunen neue Aufgaben aufzubürden, erst recht ohne ausreichende Gegenfinanzierung

  • Vielzahl verwaltungsaufwändiger Förderprogramme reduzieren 

  • allgemeine Finanzausstattung der Kommunen verbessern 

  • konsequente Digitalisierung 

  • interkommunale Zusammenarbeit 

In Zeiten wieder höherer Zinsen rächt es sich auch, dass für die hohen Altschulden vieler NRW-Städte immer noch keine tragfähige Lösung gefunden worden ist. Während der langjährigen Niedrigzinsphase wäre das leichter möglich gewesen, jetzt ist es viel schwieriger, muss aber trotzdem endlich ernsthaft angegangen werden.

Einordnung des BdSt NRW 
Die verkorkste Grundsteuerreform werde aber auch durch korrigierende Eingriffe nicht zu einer überzeugenden Reform, so Rik Steinheuer. Der Vorsitzender des BdSt NRW weiter: „Die Grundsteuerreform nach dem Scholz-Modell ist von Grund auf murks. Es ist an der Zeit, eines klar zu sagen: Die Grundsteuer gehört abgeschafft! Bessere, unbürokratische Alternativen für die Finanzierung unserer Städte müssen her.“  
Die Grundsteuer bringt bundesweit nur rund 15 Milliarden Euro ein, bei über 900 Milliarden an Steuereinnahmen insgesamt. Also nur ein hauchdünnes Stück vom Kuchen. Aus Sicht der Kommunen ist die Grundsteuer allerdings eine wichtige Einnahmequelle, um die Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Die Kommunen benötigen folglich nach Abschaffung der Grundsteuer einen Ausgleich. Der BdSt nennt bei der Anhörung im Landtag Mitte April unbürokratischen Grundsteuer-Alternativen. Nicht zu vergessen auch: Fällt die Grundsteuer weg, entfällt damit automatisch ein Berg an bürokratischem Aufwand, der ihre Erhebung kostet. Diese Kapazitäten werden frei für andere Aufgaben und heben somit schon ein gewaltiges Einsparpotential. 

BdSt-Anhörung im Landtag
Die Grundsteuer darf laut dem Bundesverfassungsgerichtsurteil bis zum 31. Dezember 2024 weiter nach altem Recht erhoben werden. Es bleibt somit nicht mehr viel Zeit für die Vorbereitungen zur Erhebung der Grundsteuer nach dem neuen Grundsteuermodell. Am 16.4. setzten sich die Experten des Bundes der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen bei einer Anhörung im Landtag zum Thema Grundsteuer für eine gerechtere Lösung ein: „Ein zeitgemäßes Steuersystem sollte aus Steuerzahlersicht nicht die dargelegten Mängel haben und fair, einfach und so maßvoll wie möglich ausgestaltet sein. Es sollte sich auf wenige, ertragreiche Steuerarten beschränken. Zur Kompensation der Einnahmeausfälle der Kommunen gibt es bereits verschiedene Ansätze. So könnten die Kommunen beispielsweise ein Hebesatzrecht auf die Einkommensteuer und Körperschaftssteuer erhalten sowie einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer. Zusätzlich könnte die Verbundquote für die Kommunen in NRW angehoben werden“, heißt es in der BdSt-Stellungnahme zur Anhörung. Der BdSt NRW ist überzeugt, dass eine gute und bessere Lösung für die Kommunen gefunden werden kann.   
 

BdSt-Stellungnahme zur Grundsteuer im Haushalts- und Finanzausschuss [pdf]

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