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Artikeldienst 05/2024

Bund der Steuerzahler Bayern e. V. / Meldungen / Steuertipps 16.05.2024

Widerrufsjoker — Nutzungsersatz ist kein Kapitalertrag

 

Ein Nutzungsersatz für einen rückabgewickelten Verbraucherdarlehensvertrags stellt keinen steuerbaren Kapitalertrag dar.

In diesem Fall geht es um verheiratete Steuerzahler, die eine Wohnimmobilie erwarben. Um die Kosten der Finanzierung zu decken, haben sie einen Kredit aufgenommen. Die Höhe des Darlehens betrug 208.000 Euro und hatte eine feste Zinsbindung von 20 Jahren. Das Ehepaar hat das Darlehen durch regelmäßige Zins- und Tilgungszahlungen sowie Sondertilgungen beglichen. Der Darlehensvertrag aus dem Jahr 2005 enthielt eine gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung, die jedoch fehlerhaft war. Heutzutage sind ungenaue Widerrufsbelehrungen oder falsche Fristen immer noch häufig anzutreffen. „Die Konsequenz daraus ist, dass Verträge auch Jahre später widerrufen werden können, was in Fach­kreisen als sogenannter Widerrufsjoker bekannt ist“, erklärt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. Diesen nutzten die Steuerzahler im Jahr 2016 mit dem Verweis auf die fehlerhafte Wider­rufsbelehrung und der Vertrag musste rückabgewickelt werden. In einem zivilgerichtlichen Verfahren klagten die Steuerzahler gegen die Bank auf Nutzungsersatz in Höhe von 23.445 Euro. Dieser Betrag wurde von den Steuerzahlern selbst errechnet und bezieht sich auf die bis zum Widerruf erbrachten Zahlungen und deren Nutzungsersatz.

Auf Basis eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Darlehensgeberin den Eheleuten einen Nutzungsersatz in Höhe von 14.500 Euro für die gezahlten Zins- und Tilgungsraten. Außerdem gaben die Steuerzahler in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr an, dass die Bank zu Unrecht Kapitalertragsteuer einbehalten habe, und beantragten eine Überprüfung des Steuereinbehalts für sämtliche Kapitalerträge. Das Finanzamt folgte dem nicht und erfasste den Nutzungsersatz als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dem widersprachen die Steuerzahler mit einem Einspruch und legten später mangels Tätigwerdens des Finanzamts Untätigkeitsklage ein, die als unbegründet zurückge­wiesen wurde. Das Finanzgericht hatte entschieden, dass der Betrag, der den Steuerzahlern als Ersatz für Nutzungsvorteile gezahlt wurde, zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen führt. Der Vergleichsbetrag kann nicht in einen steuerpflichtigen Nutzungsersatz und eine nichtsteuerbare Rückzahlung überhöhter Zinsen aufgeteilt werden.

Der BFH entschied mit Urteil vom 7. November 2023, Az. VIII R 7/21, dass der Bezug eines Nutzungs­ersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach einem Widerruf keinen Kapitalertrag darstellt. „Dies liegt daran, dass er nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit beruht und somit nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre erzielt wird“, erläutert Daniela Karbe-Geßler. Der Nutzungsersatz ist demnach nicht steuerbar. Die Rückabwicklung des Darlehens­vertrags führt bei den Steuerzahlern auch nicht zu sonstigen Einkünften. Die Bank schuldet den Steuerzahlern die gezahlten Zinsen und die Mehreinnahmen, die die Bank aus den Zinsen erzielt hat. Dabei wird widerleglich vermutet, dass die Bank tatsächlich Nutzungen in bestimmter Höhe erzielte. Eine wichtige Rolle spielt der Widerrufsjoker nicht nur bei Darlehensverträgen, sondern auch bei Kapitalanlagen wie Lebens- bzw. Rentenversicherungen. Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung kann auch hier der Joker gezogen und das eingezahlte Kapital sowie Zinsen verlangt werden, die insbeson­dere in den ersten Vertragsjahren höher waren als der Rückkaufswert.

Informationen zu Versicherungen zur Altersvorsorge enthält unser Ratgeber Nr. 23 – Direktver-sicherung von Arbeitnehmern. Diese und weitere Materialien sind für Mitglieder online unter https://steuerzahler.de/ratgeber/ abrufbar oder können telefonisch unter 089 126008-98bestellt werden.

Verantwortlich: Klaus Grieshaber
München, 16.05.2024

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Pressesprecher und Chefredakteur

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